Kampf die Zukunft der Rennserie DTM muss Fans mit Reformen zurückerobern
01.05.2015, 17:54 Uhr
Das erste Rennen der Saison findet in Hockenheim statt.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach sinkenden Zuschauerzahlen und Kritik am Reglement sollen umfangreiche Reformen die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft wieder flottmachen. In der neuen Saison geht es um nicht weniger als die Zukunft der Live-Übertragung.
Undurchsichtige Regeln, zweigeteilte Rennen, wenig Action - die DTM steckte am Ende der Saison 2014 in ihrer größten Krise seit dem zwischenzeitlichen Aus der Tourenwagenserie zwischen 1996 und 1999. Veranstalter, Teams und Fahrer haben deshalb über den Winter ein umfangreiches Reformpaket geschnürt.
Klare Vorgabe: in der am Wochenende in Hockenheim beginnenden Saison die Herzen der Fans zurückzugewinnen. "Wir hatten fünf bis sechs Prozent weniger Zuschauer an den Strecken, auch die Fernsehquoten waren rückläufig. Für uns war das ein Signal", sagte DTM-Veranstalter Hans Werner Aufrecht: "Die einzelnen Parteien haben ein Entgegenkommen gezeigt. Wir wollen den Fans den Kampf auf der Strecke bieten und nicht den Kampf der Ingenieure."
Kernpunkt der Maßnahmen ist die Erhöhung der Rennzeit: Die Zahl der Wertungsläufe wurde von zehn auf 18 angehoben, ausgetragen an neun Wochenenden. Obwohl die Samstagsrennen mit 40 Minuten (ohne Reifenwechsel) kürzer ausfallen als die Läufe an den Sonntagen (60 Minuten, ein Pflicht-Reifenwechsel), werden beide Rennen gleich gewertet.
Fahrer sind zufrieden
Im Fahrerfeld mit acht DTM-Champions kommt die Neuerung voll an. "Die unterschiedlichen Layouts bringen Spannung und Abwechslung. Es wird zwei grundverschiedene Rennen geben", sagte Vorjahresmeister Marco Wittmann (BMW). Vizemeister Mattias Ekström (Audi) ist voller Vorfreude: "Wir fahren viel mehr. Das ist ein Oberhammer für jeden Rennfahrer."
Mehr Transparenz und Zweikämpfe erhofft man sich durch das Einstampfen der weichen Reifenmischung, die zu zweigeteilten Rennen geführt hatte. Gefahren wird künftig auf einem harten Einheitsreifen. "Für den Zuschauer ist das einfacher zu verstehen", sagte BMW-Pilot Timo Glock. Zuletzt habe man "zwei Gruppen gesehen, die ihr eigenes Rennen gefahren sind."
Audi-DTM-Leiter Dieter Gass ist überzeugt, dass jedes Überholmanöver nun "für den Rennausgang relevant" sein wird und "nicht den Reifen geschuldet ist". Die Zahl der Überholmanöver nimmt durch den Wegfall der zweiten Reifenmischung definitiv ab. Im Gegenzug wurden die Einsatzmöglichkeiten des Drag Reduction System erweitert: Der verstellbare Heckflügel zur Erhöhung der Geschwindigkeit auf den Geraden darf bei weniger als einer Sekunde Rückstand auf den Vordermann dreimal pro Runde genutzt und um zwei Grad steiler angesetzt werden.
"Authentischer, sympathischer, wilder"
Die Reformen werden wohl sitzen müssen, wenn die DTM in der vorderen Garde der TV-Sportarten bleiben will - schließlich läuft der Fernsehvertrag mit der ARD Ende des Jahres aus. Die Verhandlungsposition könnte besser sein, weil die Quoten in den letzten Jahren rückläufig waren und 2014 (1,09 Millionen im Schnitt) den Tiefstwert erreichten. "Natürlich können wir nicht zufrieden sein", sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Leise Bedenken an einer grundlegenden Trendwende gibt es auch unter den Fahrern.
"Jede Sportart außer dem Fußball klagt über sinkende Quoten", sagte Glock: "Der Motorsport hat sich auf der technischen Seite so extrem entwickelt, dass er für viele Fans schwer zu verstehen ist." Ekström, der als einer der letzten Typen in der DTM gilt, wünscht sich mehr Kante: "Motorsport muss authentischer, sympathischer, wilder sein. Die Menschen wollen nicht alles frisch poliert."
Veranstalter und Teams haben ihren Beitrag geleistet, auch die ARD hat sich gestreckt und den Vorlauf zu den Rennen um einige Minuten verlängert. Vor allem aber sollen die Übertragungen vermehrt an andere Sportübertragungen gekoppelt werden. So ist geplant, den Samstagslauf auf dem Lausitzring direkt vor dem DFB-Pokalfinale in Berlin anzusetzen. DTM schauen statt Grillen im Fußball-Vorprogramm? Das Jahr der Wahrheit wird die Antwort bringen.
Quelle: ntv.de, Marco Heibel, sid