Josh Rock ist WM-Mitfavorit Darts-Wunderkind "trainiert so wenig wie möglich"
29.12.2022, 11:49 Uhr (aktualisiert)
Ist mittlerweile ein nicht mehr so geheimer Geheimfavorit auf den Titel bei der Darts-WM: Josh Rock
(Foto: PDC)
Wenn Sie im Darts so gut werden wollen wie Josh Rock, sollten Sie nicht auf den 21-Jährigen selbst hören: Das Darts-Wunderkind aus Nordirland sagt, "so wenig Training wie möglich" ist der Schlüssel zu seinem Erfolg. Bei seiner Debüt-WM steht "Rocky" bereits im Achtelfinale.
Es sind diese Momente, die aus einem talentierten Nachwuchs-Star schon früh in einer Karriere einen Topspieler machen: Im zweiten Leg des Entscheidungssatzes lässt Josh Rock den Londoner Alexandra Palace, das Eldorado für Darts-Fans, beben. Rock hat 80 Punkte übrig, aber nur noch zwei Darts in der Hand. Kurzerhand entschließt sich der 21-Jährige, beide Pfeile innerhalb von Sekundenbruchteilen Richtung Doppel-20-Feld zu werfen. Und das Kunststück, was noch vor wenigen Jahren Darts-Zeit nur bei Show-Events aufgeführt wurde, gelingt. Rock ist nur noch ein Leg vom Einzug in die nächste Runde entfernt, vom Sieg über WM-Mitfavorit Nathan Aspinall. Fünf Minuten später wird der Achtelfinal-Einzug von "Rocky" Realität.
In seinem WM-Drittrunden-Spiel sorgen Rock und Aspinall, die Nummer zehn der Weltrangliste, für das erwartete Spektakel. Rock gewinnt den ersten Satz mit einem Knall: Triple 20, Triple 19, Doppel 12. 141er-Checkout zum 1:0 für "Rocky". Doch Aspinall lässt sich davon nicht beeindrucken, gewinnt die Sätze zwei und drei jeweils mit 3:1. Es ist das erste Mal, dass Rock bei seiner Debüt-WM in Rückstand gerät. Und es sollte an diesem Nachmittag das letzte Mal sein.
Rock schnappt sich die Sätze vier und fünf, vor allem Satz fünf sollte noch wichtig werden, schließlich hat auch Aspinall im Entscheidungs-Leg die Chance auf die erneute Führung. Doch Rock bleibt stabil, zeigt keine Nerven. Auch nicht im entscheidenden siebten Satz, nachdem Aspinall den sechsten Durchgang im Schnelldurchlauf mit 3:0 gewinnt. Rock gewinnt gleich zwei Legs, die Aspinall beginnen darf. 99-Punkte-Checkout mit zwei Würfen ins Doppelfeld, der Matchdart sitzt im ersten Versuch auf der Doppel 8.
Nur noch die "Fab Four" vor Rock
Aspinall gegen Rock - das war das Duell zweier nicht mehr ganz so geheimer Geheimfavoriten, durch seinen Sieg hat sich "Rocky" in den Kreis der Titelkandidaten katapultiert. Bei den Buchmachern in England ist der 21-Jährige hinter Superstar Michael van Gerwen, dem Weltranglistenersten Gerwyn Price, Titelverteidiger Peter Wright und dem zweifachen Vize-Weltmeister Michael Smith mittlerweile die Nummer fünf im Rennen um den Titel. Nur noch die "Fab Four" werden höher gehandelt als "Rocky".
Der Erfolg über Aspinall wird die Titel-Quoten des Nordiren nicht lukrativer machen. Wer die Erfolgsserie des 21-Jährigen dagegen Anfang des Jahres vorausgesagt hat, ist längst steinreich. Vor einem Jahr kannten nicht einmal die am besten vernetzten Darts-Experten seinen Namen. Als sich der Josh Rock im Januar die Tour-Karte, die Spielberechtigung für die Profitour, erspielen konnte, war der Nordire einer von vielen. Ein Überraschungs-Mann, der zwei Jahre lang im elitären Kreis der 128 Profis mitspielen darf, und dann wieder verschwindet. Dieses Szenario war das realistische.
Nicht einmal ein Jahr später ist das Gegenteil der Fall. Rock steht unter den letzten 16 der Weltmeisterschaft. Auch sein nächster Gegner, der Weltranglisten-Siebte Jonny Clayton, wird sich warm anziehen müssen. Aber was ist das Geheimnis von "Rocky", wie hat er es in weniger als einem Jahr vom Nobody zu einem Titelkandidaten gebracht? "Ich trainiere so wenig wie möglich, zusammengerechnet ein halbes Jahr lang überhaupt nicht", sagt der 21-Jährige zu ntv.de, als er nach seinem Erfolgsgeheimnis gefragt wird.
Das Darts-Wunderkind, das nicht trainiert? Damit kokettiert Rock immer wieder. Auf Nachfrage konkretisiert der Nordire: "Wenn ich auf der Profitour unterwegs bin, bin ich maximal zwei, drei Tage zu Hause, weil wir permanent reisen. Durch England, nach Deutschland und anderswo. Es lohnt sich nicht, zwei oder drei Tage zu trainieren. Wenn ich auf der Tour spiele, trainiere ich ja sowieso. Die Spiele gegen die anderen sind das beste Training."
Was die Konkurrenz für ein Trainingspensum an den Tag lege, interessiere ihn überhaupt nicht. "Ich lasse mich davon nicht unter Druck setzen. Ich schaue mir nicht an, was die anderen tun. Ich konzentriere mich auf mein Spiel. Ich weiß, was ich kann", sagt Rock im Presseraum des "Ally Pally".
Van den Bergh vor besonderem Achtelfinale
Ebenfalls noch im Rennen um den Titel bei der 30. Ausgabe der Darts-Weltmeisterschaft ist der Belgier Dimitri Van den Bergh. Im ersten Spiel nach der Weihnachtspause setzte sich der 28-Jährige gegen den Polen Krzysztof Ratajski souverän mit 4:1 durch. Dass es ein so deutlicher Erfolg für Van den Bergh werden würde, zeichnete sich zunächst nicht ab. Die Partie begann mit einem Doppel-Debakel. Ratajski vergab vier Chancen zum Gewinn des ersten Satzes, Van den Bergh traf das entscheidende acht Millimeter schmale Doppelfeld erst mit seinem siebten Versuch.
Nach dem Stotterstart nahm die Begegnung schließlich doch noch an Fahrt auf. Van den Bergh war der bessere Spieler, lediglich im dritten Satz konnte Ratajski mithalten. Ausschlaggebend für den Sieg war das starke Finishing. Nach seinen ersten sechs Fehlern im ersten Entscheidungs-Leg von Satz eins ließ Van den Bergh in den folgenden 14 Legs nur noch vier weitere Doppel aus. Ein herausragender Wert.
Auf den belgischen Spitzenspieler wartet jetzt eine besondere Partie: Im Achtelfinale geht es entweder gegen Titelverteidiger Peter Wright oder Dimitris belgischen Landsmann Kim Huybrechts. "Natürlich würde ich gerne gegen Kim spielen. Das wäre eine ganz spezielle Partie", sagt Van den Bergh. Speziell wäre aber auch ein Duell mit dem zweifachen Weltmeister Wright. Schließlich hat der Van den Bergh zu Beginn der Corona-Pandemie bei sich wohnen lassen.
Im Lockdown auf dem Wright-Bauernhof
Als zu Beginn des Corona-Lockdowns plötzlich keine Flüge mehr das britische Festland Richtung Belgien verließen, fand Van den Bergh kurzerhand auf dem Bauernhof von Peter Wright und dessen Frau Joanne Unterschlupf. Elf Wochen lang trainierte sich Van den Bergh im Darts-Raum des Weltmeisters zum späteren Major-Champion. "Peter Wright hat mir enorm viel beigebracht. Ich bin ihm und seiner Familie dankbar für alles, was sie für mich in dieser schwierigen Zeit getan haben", sagte der Belgier dem Darts-Podcast "Checkout" nach seinem World-Matchplay-Triumph im Sommer 2020.
Die besondere Beziehung zwischen Van den Bergh und Wright hat sich mittlerweile aber spürbar abgekühlt. Beim World Matchplay, als die beiden im Viertelfinale aufeinandertrafen, war die Herzlichkeit komplett verflogen. Es wirkte damals so, als habe Wright die Niederlage gegen seinen ehemaligen Schützling persönlich genommen und nicht verkraftet.
Dass es zwischen den beiden zuletzt geknirscht hat, gibt Van den Bergh zu. Böses Blut gebe es aber nicht, sagt der Belgier zu ntv.de. "Ich würde unser Verhältnis als professionell bezeichnen. Wir sind fokussiert auf die WM, wollen dieses Turnier beide unbedingt gewinnen."
(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 27. Dezember 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de