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"Problemkind" Rondo hört auf Das unberechenbare NBA-Genie, das nicht werfen konnte

Rajon Rondo war einer der begabtesten Passgeber der NBA-Geschichte.

Rajon Rondo war einer der begabtesten Passgeber der NBA-Geschichte.

(Foto: imago images/Icon SMI)

Rajon Rondo ist einer der besten Aufbauspieler seiner Generation. Zweimal feiert er die Meisterschaft in der NBA. Sein Passspiel war außergewöhnlich, seine Defensive herausragend. Allerdings hatte der nun 38-Jährige auch zwei große Schwächen. Nun ist seine Karriere offiziell vorbei.

Vom Basketballparkett ist Rajon Rondo längst verschwunden. Seit zwei Jahren hat der Playmaker kein Spiel mehr in der NBA absolviert. Doch offiziell beendet war seine schillernde Karriere in der besten Basketball-Liga der Welt damit nicht. Das hat sich an diesem Dienstagabend geändert. Im Podcast "All The Smoke" erklärte er, dass seine Zeit nun endgültig abgelaufen ist. "Ja, es ist vorbei", sagte er auf eine Frage der Moderatoren Matt Barnes und Stephan Jackson, selbst ehemalige Profis. "Ich kann nicht mehr. Ich verbringe lieber Zeit mit meinen Kindern."

16 Saisons in der NBA hat Rondo absolviert. 1091 Spiele stehen auf seinem Konto. Bei neun Klubs stand er unter Vertrag. Seine beste Zeit hatte er bei den Boston Celtics, bei denen er 2006 seine Karriere begann, für die er bis 2014 spielte und mit denen er im Jahr 2008 Meister wurde. Einen zweiten Championship-Ring sammelte er im Spätherbst seiner Karriere, 2020 mit den Los Angeles Lakers.

Mit Paul Pierce (links) und Kevin Garnett (Mitte) gewann Rajon Rondo 2008 seinen ersten NBA-Titel mit den Boston Celtics.

Mit Paul Pierce (links) und Kevin Garnett (Mitte) gewann Rajon Rondo 2008 seinen ersten NBA-Titel mit den Boston Celtics.

(Foto: imago sportfotodienst)

Bei seiner turbulenten Reise durch die Liga wurde er immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen, doch immer wieder blitzte auch sein unfassbares Talent auf. So etwa bei New Orleans Pelicans (2017/18) oder eben bei den Lakers. An der Seite von LeBron James. Der beste Werfer der Liga-Geschichte schwärmte am Dienstagabend: "Ein spektakulärer Spieler". Rondo sei einer der besten Spieler, "mit dem ich je zusammengespielt habe. Offensichtlich ist sein IQ nicht von dieser Welt und ich hatte großes Glück, mit ihm zusammenzuarbeiten." In den Jahren zuvor waren die beiden so unterschiedlichen Typen erbitterte Rivalen.

Vom Footballer zum NBA-Giganten

Rondos Karriere begann fernab vom Basketballparkett. Zunächst versuchte er sich als Footballspieler. Doch weil seine Mutter Angst um ihn hatte, wegen seiner eher schmächtigen Statur, lenkte sie ihn zum Basketball. An der Highschool und der University of Kentucky trumpfte er groß auf, knackte zahlreiche Rekorde. Einmal erzielte er 55 Punkte, ein anderes Mal lieferte er 31 (!) Assists in einem Spiel. Zudem sammelte er die meisten Steals pro Saison in der Geschichte seiner Universität (87 waren das). Früh auf seinem Weg in die NBA deutete er bereits an, was ihn als Basketballer auszeichnet: ein überragendes Auge für den Mitspieler, das hatte er sich unter anderem als Quarterback in seiner Football-Zeit antrainiert, und eine knallharte Defensive.

Rondo führte die NBA bei den Steals, den geklauten Bällen, pro Spiel in der Spielzeit 2009/10 an. Er schaffte es viermal ins All-Defensive-Team der Liga. Bei den Assists pro Spiel erzielte er unfassbare Werte in den Saisons 2011/12, 2012/13 und 2015/16 an, jeweils über elf Vorlagen pro Partie im Schnitt. Seine genialen Pässe waren Gemälde, sie erinnerten an die hinreißenden Zuspiele von John Stockton, dem wahrscheinlich besten Vorarbeiter aller Zeiten, von Steve Nash, dem Zulieferer von Dirk Nowitzki, und Jason Kidd, die alle nach wie vor zu den besten Passgebern der Geschichte zählen. Mit seiner Schnelligkeit und seinem lauernden und listigen Spiel zog er die Gegenspieler auf sich. Weil er lieber seine Teamkollegen in Szene setzte, als selbst abzuschließen, suchte er oft die "pass"ende Idee.

Die Karriere des Rajon Rondo

Geboren am 22. Februar 1986

Stationen:
2004-2006: University of Kentucky
2006: Im NBA-Draft von den Phoenix Suns an 21. Stelle ausgewählt und zu den Boston Celtics getradet
2006-2014 Boston Celtics
2014-2015 Dallas Mavericks
2015-2016 Sacramento Kings
2016-2017 Chicago Bulls
2017-2018 New Orleans Pelicans
2018-2020 Los Angeles Lakers
2020-2021 Atlanta Hawks
2021 Los Angels Clippers
2021-2022 Los Angeles Lakers
2022 Cleveland Cavaliers

Auszeichnungen und Titel:
NBA-Champion 2008 (mit den Celtics) und 2020 (mit den Lakers)
4x NBA All-Star
4x NBA All-Defensive-Team
3x NBA Assists-Leader
1x NBA Steals-Leader
3. der ewigen NBA-Bestenliste bei den meisten Spielen mit 20+ Assists (9)
7. der ewigen NBA-Bestenliste bei den meisten Assists in einem Spiel (25)
15. der ewigen NBA-Bestenliste bei den Assists (7584)

Im Dezember 2017, damals im Dienst der New Orleans Pelicans, wo er nach schwierigen Jahren, unter anderem bei Mavericks, reüssierte, lieferte er einmal 25 Assists für seine Teamkollegen. In der Geschichte der Franchise war das noch keinem Spieler gelungen. Dass er damit ausgerechnet den Rekord seines Intimfeinds Chris Paul (22) knackte, war eine besonders süße Note seiner Gala. Mit neun Spielen mit 20 oder mehr Assists liegt er in der ewigen Bestenliste auf Platz drei, hinter den überragenden Earvin "Magic" Johnson (34 Spiele) und dem nicht weniger legendären John Stockton (22 Spiele).

Ein Dickkopf mit kurzer Zundschnür

In 957 regulären Saisonspielen seiner Karriere erzielte er durchschnittlich 9,8 Punkte, 7,9 Assists, 4,5 Rebounds und 1,6 Steals. In 134 Playoff-Auftritten steigerte er diese Werte auf 12,5 Punkte, 8,5 Assists, 5,6 Rebounds und 1,7 Steals. Er galt als einer der besten Spielmacher seiner Generation, neben Paul, neben Russell Westbrook und Stephen Curry. Aber Rondo, dessen große Hände und langen Arme eher zu einem 2,13-Meter-Riesen als zu einem 1,85-Meter-Aufbauspieler passen, hatte auch zwei Makel.

Er hatte einen fürchterlichen Wurf aus der Mittel- und Drei-Punkte-Distanz, jahrelang versuchte er gar weniger als einen Dreier pro Spiel. Dabei luden seine Gegenspieler ihn mitunter dazu ein - weil sie wussten, wie gering die Gefahr ist. Auch der Freiwurf fiel erschreckend schlecht für einen Mann seiner Position und seiner Klasse, die Quote von knapp über 60 Prozent gehört zu den schlechtesten der NBA-Historie. Zum Vergleich: Dirk Nowitzki traf mehr als 87 Prozent seiner Freiwürfe, Spitzenreiter ist aktuell Steph Curry mit rund 91 Prozent. Seine solide Feldwurf-Quote von 45,6 Prozent verdankte Rondo somit bloß seinem unwiderstehlichen Zug zum Korb.

Bei den Dallas Mavericks hinterließ Rondo zwar bleibenden Eindruck - aber nicht wegen seiner Leistungen.

Bei den Dallas Mavericks hinterließ Rondo zwar bleibenden Eindruck - aber nicht wegen seiner Leistungen.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Hinzu kamen sein Dickkopf und seine kurze Zündschnur. Für beides mangelt es nicht an Beispielen. Rondo hatte seinen eigenen Plan im Kopf. Und wenn sich der nicht mit dem des Trainers deckte, dann entschied der Spieler im Zweifel auf eigene Faust. Der legendäre Doc Rivers, Coach in der Erfolgszeit bei den Boston Celtics mit den großen Stars um Paul Pierce, Kevin Garnett und Ray Allen, trug den Egoismus seines extrovertierten Spielmachers weitestgehend mit Fassung. Aber nicht jeder Kollege tat es ihm nach. Bei den Dallas Mavericks geriet er mehrfach mit Rick Carlisle aneinander. Der Coach wünschte sich schnelle Ballzirkulationen, der Spieler hatte den Ball lieber selbst lange in der Hand und entschied dann, was zu tun war. Einmal wurde Rondo sogar für ein Spiel suspendiert, weil er sich mit dem Trainer wegen eines Spielzugs heftig zoffte.

"Der Weg war kein Traum, sondern ein Ziel"

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Die Hitzköpfigkeit entlud sich aber nicht nur im Duell mit dem Trainer, immer mal wieder verlor Rondo auch die Kontrolle über sich selbst. Einmal prügelte er sich mit Chris Paul. Rondo soll seinen Intimfeind angespuckt haben. Ein anderes Mal trat er Dennis Schröder in den Unterleib, auch einen homosexuellen Schiedsrichter ging er verbal weit unter der Gürtellinie an. Und in den vergangenen Jahren, nach seiner Karriere auf dem Court, fiel er mit Waffen- und Drogengeschichten auf. Ende Januar dieses Jahres wurde er deswegen kurzzeitig verhaftet. Bereits vor zwei Jahren soll er eine Frau im Beisein ihrer Kinder mit einer Waffe bedroht haben.

"Was für eine Zeit. Es war definitiv etwas, das ich nie als selbstverständlich angesehen habe, als ich im Spiel war", sagte Rondo über seine schillernde Karriere. "Ich habe jede Minute genossen und schätze die Brüderlichkeit, die ich im Laufe der Jahre teilen, verbinden und mit der ich wachsen konnte. Ich habe in diesem Spiel so viel gelernt und es hat mich zu dem Mann gemacht, der ich heute bin. Ich habe den Leuten ständig erzählt, dass dieser Weg kein Traum von mir war, sondern das Ziel."

Quelle: ntv.de

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