Mega-Comeback führt zu Clemens Das war das verrückteste Spiel bei der Darts-WM
19.12.2023, 06:36 Uhr
Konnte selbst kaum glauben, was ihm bei der Darts-WM gelungen ist: Man Lok Leung
(Foto: picture alliance / Action Plus)
Deutschlands bester Dartspieler Gabriel Clemens trifft in seiner WM-Auftaktpartie auf Man Lok Leung aus Hongkong. Dem 24-Jährigen gelang am Montagabend trotz eines anfänglichen Desasters die bisher größte Sensation des Turniers.
Gabriel Clemens hatte schon so eine Ahnung, als er im Vorfeld der Weltmeisterschaft nach seinem ersten Gegner im Londoner Alexandra Palace gefragt wurde. Der aufstrebende Niederländer Gian van Veen würde es wohl werden, waren sich alle einig. Clemens vergaß aber auch dessen Auftaktgegner nicht, Man Lok Leung aus Hongkong. "Der ist auch nicht so schlecht, der kann schon gut Dart spielen", kommentierte Clemens in Richtung des nur Darts-Experten bekannten Leung.
Clemens selbst hatte bei der Team-Weltmeisterschaft im Juni bereits gegen Leung gespielt, als er zusammen mit Doppelpartner Martin Schindler in der Vorrunde klar gegen Team Hongkong gewann. Angst und Schrecken verbreitete Leung damals zwar nicht, Clemens aber wollte unbedingt den Fehler vermeiden, einen möglichen Gegner im Vorfeld der WM zu unterschätzen.
Das sollte sich am Montagabend im "Ally Pally" als goldrichtig herausstellen. Van Veen gewann den ersten Satz mit etwas Glück, bekam aber ab Durchgang zwei die Grenzen aufgezeigt. Leung spielte sich in einen Rausch, warf eine 180 nach der anderen. Nur die Doppel funktionierten im zweiten Satz noch nicht. Unfassbare zwölf Darts zum Satzgewinn verpasste Leung. Da half dann auch das überragende Scoring nichts.
Auf 99 Punkte im Schnitt kam Leung im zweiten Abschnitt der Partie, van Veen erreichte nur schwache 75 Zähler, gewann den Satz aber trotzdem. Das ist so, als würde der FC Bayern trotz 18:4-Torschüssen gegen Clemens' Herzensklub 1. FC Saarbrücken verlieren. Passiert höchstens in einem von hundert Fällen.
Training während der Arbeit
Ziemlich selten kommt es auch vor, dass ein Qualifikant bei seinem WM-Debüt nach 0:2-Satzrückstand doch noch gewinnt. Man Lok Leung ist das Kunststück gelungen. Satte elf 180er-Aufnahmen standen am Ende der Partie in Leungs Statistik. Und plötzlich traf der 24-Jährige auch noch die Doppelfelder.
Gian van Veen wirkte von Minute zu Minute verzweifelter, konnte nicht an sein starkes Debütjahr auf der Profitour anknüpfen. Dem 19-jährigen Niederländer wird nicht erst seit dem Halbfinaleinzug bei der EM im Oktober eine großartige Zukunft vorausgesagt, an diesem Abend trumpfte im "Ally Pally" aber nur der Mann aus Hongkong auf.
"Ich bin so glücklich, denn ich hätte nie gedacht, dass ich dieses Spiel gewinnen könnte", gab Leung anschließend zu. Geholfen hat dabei mutmaßlich auch seine Arbeit als Mitarbeiter in einem Dartshop. "Wenn zwischendurch keine Kunden im Laden sind, gehe ich ans Board", berichtete Leung von seiner ungewöhnlichen Trainingsroutine.
Auftakt für Horvat, Pietreczko und van Gerwen
Weniger denkwürdig, dafür aber äußerst souverän zog am Abend auch Gerwyn Price in die nächste WM-Runde ein. Der "Iceman" setzte sich glatt mit 3:0 gegen Connor Scutt durch, gab gegen den englischen Außenseiter nur zwei Legs ab. "Es war eine ordentliche Leistung, aber ich habe noch viel mehr im Tank", lautete das Fazit des Weltmeisters von 2021. "Hoffentlich komme ich nach Weihnachten noch ein bisschen besser und erholter zurück."
Nach Weihnachten will selbstverständlich auch Michael van Gerwen noch dabei sein. Der Darts-Superstar aus den Niederlanden will endlich seinen vierten Weltmeistertitel einfahren, den ersten nach fünf Jahren ohne Triumph. Die erste Hürde auf dem Weg ins Finale am 3. Januar sollte "MvG" keine Probleme bereiten. Am heutigen Dienstagabend wartet der formschwache Ire Keane Barry.
Bevor Michael van Gerwen die Bühne vor 3.000 Zuschauern im "Ally Pally" betritt, steht der Darts-Abend ganz im Zeichen der Deutschen: Dragutin Horvat, erstmals seit 2017 für die WM qualifiziert, spielt gegen den Belgier Mike De Decker (21 Uhr, Sport1/Dazn). Direkt danach geht das Turnier auch für Ricardo Pietreczko los. Seine Gegnerin ist Mikuru Suzuki aus Japan, die letzte verbliebene Frau im Feld.
Der Deutsche ist der nominell klar bessere Spieler, mögliche Probleme könnten jedoch abseits des Dartboards lauern. Das Publikum wird wahrscheinlich Suzuki anfeuern und Pietreczko - zumindest punktuell - ausbuhen. Zuletzt kam der deutsche Darts-Shootingstar des Jahres mit solchen Situationen überhaupt nicht klar.
Quelle: ntv.de