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Crailsheim verzaubert die BBL Der Fast-Absteiger grüßt von der Spitze

Sebastian Herrera sucht hier den Abschluss am Korb, glänzt aber vor allem als herausragender Distanzschütze.

Sebastian Herrera sucht hier den Abschluss am Korb, glänzt aber vor allem als herausragender Distanzschütze.

(Foto: imago images/Hartmut Bösener)

Tabellenführer der Basketball-Bundesliga? Nicht der FC Bayern, auch nicht Alba Berlin. Die Crailsheim Merlins sind Erster - obwohl sie im Sommer noch fast in die Zweitklassigkeit stürzten. Der Klub aus Baden-Württemberg überzeugt mit einem aggressiven Ansatz - und teilt sich seine Halle mit Rinderauktionen.

Euphorisch wird die Bundesliga-Tabelle in Crailsheim immer und immer wieder übers Handy weitergeschickt. Schließlich verblüffen die Basketballer aus dem Nordosten Baden-Württembergs mit ihrem grandiosen Saisonstart - und führen mindestens bis zum Wochenende mit fünf Siegen aus fünf Spielen sogar die Tabelle an. Die Hakro Merlins Crailsheim haben sich vom Beinahe-Absteiger zum Überraschungsteam gewandelt. Wie die großen Klubs FC Bayern und Alba Berlin ist Crailsheim noch unbesiegt - und das nur gut fünf Monate nach dem Zittern am letzten Spieltag der Vorsaison.

Coach Tuomas Iisalo hat reichlich Grund zum Jubeln.

Coach Tuomas Iisalo hat reichlich Grund zum Jubeln.

(Foto: imago images/Hartmut Bösener)

"Letztes Jahr war kein Tiefpunkt. Das war für uns schon der größte Erfolg der Vereinsgeschichte", sagt der sportliche Leiter Ingo Enskat und will auch jetzt von einem anderen Saisonziel als dem Klassenerhalt nichts wissen. Die Fans in der rund 35.000-Einwohner-Stadt sollen die zum großen Teil alles andere als knappen Siege gegen Gießen (108:92), Bayreuth (83:76), Bonn (114:82), Göttingen (83:57) und den Mitteldeutschen BC (95:87) genießen und bei den Gesprächen auf der Straße gerne von den Playoffs träumen. Enskat aber sagt: "Erst wenn der Klassenerhalt rechnerisch geschafft ist, können wir darüber reden, was noch möglich ist. Ab zehn Siegen fühle ich mich wohl."

In der vergangenen Saison hatten die Merlins am Ende nur vier Siege mehr als jetzt. Nun dürften die kommenden vier Partien zeigen, was der Außenseiter möglicherweise in dieser Saison leisten kann. Am Samstag ist Oldenburg zu Gast, Playoff-Halbfinalist der Vorsaison. Mit einem überraschenden Heimsieg gegen die Niedersachsen sicherte sich Crailsheim im Mai in letzter Sekunde den Klassenerhalt, nun sie sind zumindest tabellarisch plötzlich Favorit. In der Arena Hohenlohe, die der Rinderunion Baden-Württemberg gehört - und neben dem Basketball auch für die Versteigerung von Rindern genutzt wird.

Die Mannschaft denkt nicht groß nach

Dann geht es gegen Ludwigsburg und Vechta - das Sensationsteam der Vorsaison, das als Aufsteiger erst im Halbfinale am späteren Meister FC Bayern scheiterte. Dort, beim Titelfavoriten in München, spielen die Merlins Anfang Dezember. "Es ist die Stärke der Mannschaft, dass sie sich mit ihrer Unerfahrenheit noch nicht viele Gedanken macht", sagt Enskat auch mit Blick auf diese Prüfungen.

Wie erstaunlich die wahrscheinlich kurze Momentaufnahme ist, verdeutlicht auch die finanzielle Ausgangslage. Crailsheim plant seine Saison mit rund drei Millionen Euro. Das ist der von der Liga vorgeschriebene Mindestetat. Doch der radikale Schnitt in diesem Sommer scheint auch dank "Glücksgriffen" (Enskat) funktioniert zu haben. Der älteste Spieler wird im November 27, laut Liga-Homepage liegt der Schnitt bei 22,9 Jahren. "Dass wir eine deutlich jüngere Mannschaft haben, mehr Athletik, mehr Intensität, das bringt uns auf dem Feld richtig was", erklärt Enskat und begründet weiter: "Wir haben eine tolle Teamchemie. Dann kommt was zustande, das passiert nicht jedes Mal."

Gleich acht neue Spieler kamen zur neuen Saison nach Crailsheim, das rund 100 Kilometer von Stuttgart entfernt liegt. Unter den Zugängen sind vier der fünf aktuellen Topscorer. Aber auch Trainer Tuomas Iisalo habe seinen Anteil am Erfolg, weil er seine Herangehensweise verändert habe und aggressiver spielen lasse, so Enskat. 96,6 Punkte erzielten die Merlins bei ihren fünf Siegen im Schnitt - mehr als alle anderen Teams der Liga. Mehr Assists als Crailsheim (23,8) spielt nur Alba Berlin (24,8). Und nur zwei Mannschaften verlieren seltener den Ball, auch bei den erzwungenen gegnerischen Ballverlusten sind die Merlins Dritter. Iisalo hatte schon vor der Saison prognostiziert: "Wenn die Puzzleteile ineinandergreifen, haben wir meines Erachtens eine gute Chance, unsere Platzierung der letzten Saison zu verbessern." Einen solchen Saisonstart hat aber auch der 37-jährige Finne wohl nicht einkalkuliert.

Quelle: ntv.de, tsi/dpa

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