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NFL-Draft gegen Bundesliga-ÖdnisDieses System würde den FC Bayern endgültig knacken

28.04.2023, 07:11 Uhr
imageEin Kommentar von David Bedürftig
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Thomas Müller beim Football. (Foto: IMAGO/ActionPictures)

Die Bundesliga trottet seit Jahren vor sich hin. Wie wichtig Spannung und Abwechslung sind, zeigt der diesjährige Meisterschaftskampf zwischen BVB und FC Bayern. Deshalb braucht der Fußball den NFL-Draft, samt Gehaltsdeckelung und Playoffs. Alles nur ein Hirngespinst?

Die NFL ist der Fußball-Bundesliga in vielerlei Dinge überlegen. Spannung, TV-Quoten, Action. Aber vor allem hat die Football-Liga den Vorteil der Gleichheit. In Deutschland gehen die Chancen auf den Meistertitel zwischen dem FC Bayern München und dem Rest der Profi-Klubs immer weiter auseinander. Die NFL hat ein System, in dem die schlechteste Mannschaft der Vorsaison den ersten Zugriff auf die Toptalente aus dem College bekommt. Der NFL-Draft - von dem der deutsche Fußball einiges lernen kann.

Logo, die Gegebenheiten in Deutschland und den USA, in der Bundesliga und der NFL, sind nicht wirklich vergleichbar, schon allein, weil es hierzulande keinen organisierten Universitätssport in der Art gibt, dafür aber die Jugendarbeit der Vereine. Und auch das Franchise-System in der National Football League ist anders, es gibt weder Auf- noch Abstieg und die Klubs sind Unternehmen, die schon mal in eine neue Stadt wechseln. Eins zu eins lässt sich das System nicht übertragen. Aber egal, manchmal darf man ja fantasieren. Und es ist vor allem der Gedanke an das sportliche Gleichgewicht, ausgeglichene Chancen und den Mechanismus der Solidarität, der zählt und der für den Fußball in ganz Europa wichtig wäre.

Also vergesse man mal all die Probleme bei den Überlegungen (Stichwort Bosman-Urteil und freie Wahl des Arbeitsplatzes) und stelle sich einfach vor: In allen europäischen Ligen werden nationale Draft-Systeme eingeführt, einfachheitshalber machen jeweils nur Ober- und Unterhaus mit. Dann werden die besten jungen Kicker ab 18 Jahren - die ab dem Teenageralter nicht mehr bei den Vereinen ausgebildet werden und unter Vertrag stehen, sondern an gesamtdeutschen Kaderschmieden der DFL - den 36 Klubs angeboten. Das schlechteste Zweitligateam der Vorsaison darf zuerst ziehen. Der Meister als Letztes. Jeder Spieler erhält einen einheitlichen Rookie-Vertrag.

Bundesliga-Langeweile durchbrechen

Man stelle sich vor, Hansa Rostock hätte Jamal Musiala im Kader. Thomas Müller kickt schon seit Jahren bei wiedererstarkten FC Kaiserslautern. Und Bayern München müsste damit leben, dass Marco Reich statt Michael Ballack an die Isar wechselt. Schlecht abschneidende Fußballmannschaften könnten sich jedes Jahr substanziell verbessern und den sportlichen Wettkampf ausgeglichener und spannender gestalten. Selbst Klubs aus dem Tabellenkeller dürften sich dank geschickter Spieler-Auswahl mal wieder Chancen auf die Meisterschaft ausrechnen. Die Gehaltsausgaben würden gedeckelt, natürlich von der UEFA auf europäischer Ebene, und am Ende der Saison gäbe es auch noch Playoffs. Mehr Ausgeglichenheit, Spannung und Drama geht nicht. Herrlich.

Die Realität in Deutschland und Europa sieht anders, sieht bedrohlich aus. Die Teams driften finanziell immer stärker auseinander. Das gilt für Bayern und Dortmund im Vergleich zu Hansa Rostock, aber auch für Manchester City und Paris Saint-Germain zu allen Bundesliga-Klubs. Besonders mit den vielen Euros aus der Champions League werden in jedem Jahr die reichen Klubs reicher und die armen ärmer. Investor-Millionen, staatliche Förderungen und Mäzen- oder Konzern-Finanzspritzen tun ihr Übriges.

NFL-Draft Übertragung

NFL-Draft Übertragungen bei NITRO & RTL+ im Überblick:

Freitag, 28. April, 0:30 Uhr: Draft Tag 1 im Free-TV bei NITRO und im Livestream auf RTL+

Samstag, 29. April, 0:30 Uhr: Draft Tag 2 im Livestream auf RTL+

Samstag, 29. April, 18 Uhr: Draft Tag 3 im originalen US-Broadcast auf RTL+

Das Draft-System aus der NFL könnte endlich die gähnende Langeweile der Fußball-Bundesliga durchbrechen. Wie sehr das nötig ist, zeigt sich dieser Tage, da ganz Deutschland, darunter selbst einige Bayern-Fans, sich freut, dass endlich mal wieder Spannung im Titelkampf herrscht. Aber was ist im nächsten und übernächsten Jahr, wenn die Münchner wieder aufgerüstet haben?

Thomas Müller im eigenen Team

Seriensieger gibt es im American Football nicht. Selbst eine seltene Dynastie wie die der New England Patriots mit Quarterback-Superstar Tom Brady schaffte es nur ein einziges Mal, den Super Bowl zweimal nacheinander zu gewinnen. In den zehn Jahren der Bayern-Meisterschaften in Folge gab es in der NFL sieben verschiedene Super-Bowl-Gewinner. In der gesamten Historie vollbrachten nur die Pittsburgh Steelers dieses Kunststück zweimal. Trotz Vermarktungsmaschinerie bis zum Abwinken in der durchkommerzialisiertesten Sportliga der Welt: So sieht Chancengleichheit aus.

Natürlich platzt dieser Text fast vor Spinnerei. Das Draft-System der NFL wird die Bundesliga wohl nie erleben. Aber schön, spannend und wichtig wäre es eben doch. Ein Schritt gegen die Dominanz der Superreichen, gegen die Langeweile. Für die Hoffnung, Spannung und Chancengleichheit.

Selbst die größten Fußball-Romantiker müssen anerkennen, dass "echte Liebe", Tradition und Fankultur dem Kommerz im Fußball nicht mehr lange standhalten können. Warum also nicht Draft, Gehaltsdeckelung und Playoffs als Rettung? Wahrscheinlich würde jeder Fan gegen solch eine gravierende Veränderung auf die Barrikaden gehen - bis das eigene Team den nächsten Müller, Mesut Özil oder Miroslav Klose landet.

Quelle: ntv.de

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