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"Fast altkatholische Inquisition" Fifa-Präsident Blatter bereut fast nichts

Blatter fühlt sein Vertrauen missbraucht.

Blatter fühlt sein Vertrauen missbraucht.

(Foto: dpa)

Der suspendierte Fifa-Präsident Blatter hat ein reines Gewissen. Eigentlich habe er nur eine falsche Entscheidung getroffen, sagt er, und die war folgenreich. Bei den Ermittlungen sieht er inquisitorische Tendenzen.

Gegen Joseph Blatter ermitteln die Schweizer Behörden, die eigene Ethikkommission und offenbar sogar das FBI - aber Reue zeigt der suspendierte Präsident des Fußball-Weltverbands Fifa nicht. Nur an einer Stelle, so gesteht der Funktionär, habe er die falsche Wahl getroffen. Und hätte er sich anders entschieden, wäre jetzt auch fast alles anders.

Im ISMM/ISL-Skandal geht es darum, dass der frühere Rechtehändler ISMM/ISL jahrelang hochrangige Sportfunktionäre bestochen hatte, um lukrative Marketingverträge zu erhalten. Dokumentiert sind Zahlungen von 142 Millionen Schweizer Franken von 1989 bis zum ISL-Konkurs im Jahr 2001. Die Dunkelziffer wird von Experten weitaus höher angesetzt.

Zu den bekannten Empfängern der Gelder gehörten mehrere hochrangige Fifa-Funktionäre, auch Blatters Vorgänger als Fifa-Präsident, Joao Havelange. Belegt sind Zahlungen von 21,9 Mio. Franken an Havelange und Ricardo Teixeira, rund 1,1 Mio. Franken an Nicolas Leoz und 24.700 Franken an Issa Hayatou.

Zur Frage, inwiefern der damalige Fifa-Generalsekretär Joseph Blatter von den Bestechungspraktiken wusste, sagte der Schweizer Journalist Jean-Francois Tanda im April 2013 gegenüber n-tv.de: "Blatter wusste immer - das jedenfalls sagen ehemalige Führungskräfte bei der ISL - dass Schmiergelder bezahlt wurden. Blatter selbst nannte diese Gelder spöttisch 'oxygen', also Sauerstoff. 'Aha, der Präsident (Havelange) braucht wieder Sauerstoff', pflegte Blatter laut Ex-ISL-Chefs zu sagen."

"Das Einzige, was ich bereue, ist, dass ich nach der WM 2014 nicht zurückgetreten bin", sagte der 79-jährige Walliser im ARD-Fernsehinterview: "Das hatte man mir nahegelegt, besonders aus meiner Familie: Jetzt hör doch auf. Und das hätte ich machen sollen." Aber, berichtete der Schweizer, "damals haben mir fünf der sechs Fifa-Konföderationen gesagt: Komm, Du musst weitermachen."

Im Anschluss stürzte der Weltverband in eine tiefe Krise. Der im Oktober für zunächst 90 Tage aus dem Verkehr gezogene Blatter hat laut einem Brief aus Schweizer Ermittlungsakten "vollkommene Kenntnis" über die schmutzigen weit mehr als 100 Millionen Dollar gehabt, die an Fußball-Funktionäre in aller Welt flossen. Blatters Antwort: Das stimmt nicht.

Blatter: Ich wusste von nichts

"Was ich von mir selber sagen kann: Ich bin ein ehrlicher Mensch, und ich habe zu viel Vertrauen gehabt", sagte Blatter: "Ich vertraue den Leuten, und das Vertrauen wurde missbraucht." Aber, das betont er, "ich wusste nicht, wie es missbraucht wurde. Ich bin doch nicht der Buchhalter der Fifa". Der hätte Laut geben müssen, "wenn er noch etwas hatte". Oder der Generalsekretär, oder der Chef der Finanzen. "Wenn ich nicht involviert war, kann man mir keinen Vorwurf machen."

Blatter war seit 1998 im Amt, ursprünglich wollte er sogar bis 2019 weitermachen. Von den dunklen Machenschaften habe er aber nie etwas mitbekommen. In der vergangenen Woche klagten die US-Behörden 16 weitere Funktionäre wegen Korruption an. "Sicher hab' ich das nicht gewusst. Wenn ich gewusst hätte, was die machen, hätte ich ein Fragezeichen gemacht, hätte gesagt, hört mit dem auf", sagte Blatter: "Ich bin sauer. Ich bin aber auch sauer, dass ich für alles verantwortlich sein soll. Das kann ich ja nicht."

Deshalb sei er auch "entsetzt" über das Vorgehen der Ethikkommission, die Blatter wohl noch vor Weihnachten mit harten Sanktionen belegen wird; ihm droht eine lebenslange Sperre. "Diese Vorverurteilung und das Nachhaken - das geht fast in die altkatholische Inquisition hinein", sagte Blatter: "Ich bin enttäuscht. Und ab und zu traurig. Aber nicht bitter. Bitterkeit bringt Eifersucht und das bringt Hass. Und Hass ist der schlechteste Helfer im Leben." Blatter will um seinen Freispruch "kämpfen", sagt er.

Quelle: ntv.de, ghö/sid

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