
Ein Trauerspiel.
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Seit Anfang Februar warten die Houston Rockets auf einen Sieg, in der NBA ist das eine Ewigkeit. 16 Niederlagen am Stück kassierten die Texaner zuletzt vor mehr als 50 Jahren. Die Gründe dafür sind vielfältig, ein erster Hoffnungsschimmer aber immerhin schon auszumachen.
Für viele Menschen in Deutschland ist der Kaffee am Morgen unverzichtbar, doch auch NBA-Fans hierzulande pflegen ein liebgewonnenes Ritual. Bis vor ein paar Jahren musste dafür ein Laptop oder gar der PC angeschmissen werden, heute reicht der Griff zum Smartphone. Manchmal sogar noch mit müden Augen und vor dem ersten bewussten Blick auf die Uhr. Um die Boxscores der besten Basketball-Liga der Welt zu checken. Wer die meisten Punkte erzielt hat, die meisten Rebounds abgegriffen, die meisten Assists gespielt, die meisten Würfe geblockt. Und natürlich: Ob das Lieblingsteam gewonnen hat.
Wer es mit den Houston Rockets hält, hatte dabei in den vergangenen Jahren meist Grund zur Freude. In 17 der vergangenen 18 Saisons gewannen die Texaner mehr Spiele als sie verloren. Sie erreichten seit 2013 achtmal in Folge die Postseason und galten in der Ära James Harden regelmäßig als Kandidat für die Larry-O'Brien-Trophäe, für die Meisterschaft. Weil sich dieser Traum nicht erfüllte, erzwang Harden im Januar seinen Abgang von den Rockets. Er ließ sich zu den Brooklyn Nets traden. Und überließ Houston damit seinem Schicksal.
Seit dem 4. Februar haben die Rockets kein einziges Spiel mehr gewonnen, sondern 16 Mal nacheinander verloren. Eine Niederlage fehlt noch zum Klubrekord, den das Team in der Saison 1967/68 aufstellte, damals noch als San Diego Rockets. Zwar gehört es zum Alltag in der NBA, dass Teams nach Hochphasen abstürzen und einen Neuaufbau einleiten. In diesem befindet sich Houston nach dem Harden-Abgang, auch weil die Bilanz von 11 Siegen und 26 Niederlagen jeden Traum von einer erneuten Playoff-Teilnahme längst zerstört hat. Aber so lange auf ein Erfolgserlebnis warten zu müssen, ist dennoch außergewöhnlich.
Ein Ausfall nach dem anderen
"Es ist eine schwierige Situation für ihn", sagte Guard Victor Oladipo dem "Houston Chronicle" über seinen Coach Stephen Silas, für den es die erste Saison als Cheftrainer ist. "Ehrlich gesagt wäre es für jeden Coach hart." Schwierig nicht allein wegen des Abgangs von James Harden, zuletzt dreimal in Folge Topscorer der NBA. Zweimal davon mit über 34 Punkten pro Spiel, was außer ihm seit Einführung des Drei-Punkte-Wurfes nur Michael Jordan geschafft hatte. Zwar kam im Tausch für ihn in Oladipo ein ehemaliger All-Star nach Houston, der nach einer schwerwiegenden Knieverletzung aber noch die Form alter Tage sucht. Ebenso wie John Wall, der zu Saisonbeginn nach Texas wechselte, zuvor jedoch fast zwei Jahre wegen eines Achillessehnenrisses pausieren musste.
Trotz der fast schon historischen Niederlagenserie gibt sich Silas "weiterhin positiv", sagt Oladipo. Allerdings wird er zwischendurch immer mal wieder geschont, um nicht direkt die nächste Verletzung zu riskieren. Was es für Silas indes umso schwerer macht, eine feste Rotation zu finden, die für Teams so essenziell ist. Um sich einzuspielen und in einen Rhythmus zu kommen in der eng getakteten NBA-Saison, in der für Training fast keine Zeit bleibt. Auch Wall, vor seiner Verletzung fünfmal in Folge zum All-Star gewählt, reihte sich jüngst ein in die lange Liste der Ausfälle.
Harden überragt beim Wiedersehen
Von "five essential regulars" schreibt der "Houston Chronicle", also fünf unverzichtbaren Stammspielern, die den Rockets während ihres Abwärtstrends fehlten und fehlen. Der Wichtigste davon ist wohl Christian Wood. Der 25-jährige Big Man legte in den ersten Saisonwochen 22 Punkte und 10,2 Rebounds pro Partie auf und galt gleichermaßen als Anwärter für seine erste All-Star-Nominierung und die Auszeichnung als Most Improved Player, also als der Profi, der den größten Leistungssprung zur Vorsaison zeigt. Dazu die ebenfalls angeschlagenen Eric Gordon und Danuel House Jr sowie P.J. Tucker, für den Houston einen neuen Klub sucht und der deshalb nicht mehr zum Einsatz kommen soll.
"Es fehlt einfach an Verlässlichkeit", beschreibt Oladipo das Problem. In fast jedem Spiel sieht der Kader und dadurch die Rotation anders aus. Was dann nicht nur in jene 16 Niederlagen mündete, seit die Rockets Anfang Februar bei einer positiven Bilanz von 11-10 standen, sondern mitunter in Blowouts. Sechsmal verlor Houston mit mindestens 20 Punkten Unterschied, der Tiefpunkt war das klägliche 84:133 gegen die Memphis Grizzlies. Gegen Hardens neuen Klub, die Brooklyn Nets, gab es zudem ein 114:132, der MVP von 2018 lieferte dabei gegen seine Ex-Kollegen mit 29 Punkten, 14 Assists und 10 Rebounds eine überragende Leistung ab.
"Egal, wer auf dem Platz steht - wir müssen das einfach besser machen", erklärte Silas nach der 16. Niederlage. Hoffnung auf Besserung macht, dass Wood kurz vor seiner Rückkehr steht, seine Knöchelverletzung überstanden hat. Auch wenn das nicht alle Probleme löst, macht es zumindest den Rockets-Fans Mut. Dass ihnen ihr Morgenritual nach wochenlangen Enttäuschungen endlich mal wieder Freude bereitet.
Quelle: ntv.de