Kontroverse bei Schwimm-Weltcup Kategorie für Transpersonen mutiert zu Flop
03.10.2023, 18:57 Uhr
Wettbewerbe in der Offenen Kategorie sollen die WA-Antwort auf die scharfe Kritik am Ausschluss der US-Transschwimmerin Lia Thomas von internationalen Wettbewerben sein.
(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)
Die Idee einer "Offenen Kategorie" beim Schwimm-Weltcup in Berlin fällt ins Wasser. Die neue Klasse ist für Menschen aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten, insbesondere Transpersonen, vorgesehen gewesen. Nun gibt es schlichtweg keine Anmeldungen.
Keine revolutionäre Weltpremiere: Für die Offene Kategorie aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten beim Weltcup in Berlin haben sich keine Teilnehmer gefunden. Der Schwimm-Weltverband World Aquatics (WA) verkündete drei Tage nach dem Meldeschluss das vorläufige Aus seiner Idee, die im Vorfeld der Veranstaltung für kontroverse Diskussionen gesorgt hatte.
"Wir bedauern es sehr, dass die Initiative augenscheinlich keinen Anklang gefunden hat. Umso wichtiger ist es jetzt, aktiv Ursachenforschung zu betreiben, zuzuhören und zu lernen, um funktionierende Ideen für zukünftige Projekte zu entwickeln", sagte Vizepräsident Kai Morgenroth vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV).
Trotz des Fehlstarts will WA sein international beachtetes Pilotprojekt insbesondere für Transpersonen weiterentwickeln. "Die Arbeitsgruppe 'Offene Kategorie' wird ihre Arbeit und ihr Engagement fortsetzen. Auch wenn derzeit auf dem Elite-Niveau keine Nachfrage besteht, plant die Arbeitsgruppe die Prüfung der Möglichkeit, künftig Wettbewerbe der Offenen Kategorie bei Masters-Veranstaltungen durchzuführen", teilte die Organisation mit.
Wettbewerbe in der Offenen Kategorie sollen die WA-Antwort auf die scharfe Kritik am Ausschluss der US-Transschwimmerin Lia Thomas von internationalen Wettbewerben sein, die bei College-Wettkämpfen zahlreiche Medaillen gewonnen hatte. Thomas' Siegesserie wurde in den USA zu einem Politikum. Bei der Verkündung der Premiere im vergangenen August stellte der Weltverband das Projekt als Erfolg für die Inklusion vor.
Viele Sportarten suchen nach Einordnung für Transpersonen
"Berlin wird begeistert sein und diese bahnbrechende Initiative mit voller Unterstützung des Deutschen Schwimm-Verbandes fördern", hatte Morgenroth damals gesagt: "Wir sind stolz darauf, eine Veranstaltung auszurichten, bei der Schwimmer*innen ohne Barrieren antreten können. Berlin ist Deutschlands Zentrum für Vielfalt und Inklusion und daher der perfekte Ort für dieses Projekt."
Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) allerdings sprach umgehend von einem falschen Signal: "Uns verwundert es, dass die Schaffung einer Sonderkategorie als Inklusionserfolg verkauft wird", sagte LSVD-Vorstandsmitglied Mara Geri. Transpersonen in eine eigene Kategorie zu "zwingen", sei vielmehr "ein Rückschritt im Kampf für die Akzeptanz und Gleichberechtigung", hieß es weiter.
Für die Wettkämpfe war konkret vorgesehen, dass die Startenden bei den Männern, Frauen oder in der Offenen Kategorie teilnehmen, aber nur in einer Kategorie antreten. Im Zuge der Anmeldung konnten die Teilnehmenden ihre bevorzugten Pronomen angeben. Bei den Wettbewerben selbst sollten "sowohl Männer- als auch Frauenschwimmanzüge" verwendet werden, die sicherstellen, "dass Genitalien, Gesäß und Brüste bedeckt sind".
Das Thema beschäftigt die Sportwelt weit über den Schwimmsport hinaus, daher war die Einführung der Offenen Kategorie in Berlin mit Spannung erwartet worden. Ob Fußball, Leichtathletik oder Rugby: Viele Sportarten suchen nach der passenden Einordnung von Transfrauen und Transmännern. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) überlässt es jeder Sportart und ihrem Dachverband, "zu bestimmen, inwiefern ein Athlet im Vergleich zu seinen Mitstreitern einen unverhältnismäßigen Vorteil hat".
Quelle: ntv.de, dbe/sid