Drei Gold verloren, drei gewonnen Müller & Co. erleben Paralympics-Dramen
15.09.2016, 18:29 Uhr
Ein Wimpernschlag fehlte Edina zum paralympischen Kanu-Gold in Rio.
(Foto: REUTERS)
Doppel-Silber: Die deutschen Kanuten mit Multitalent Edina Müller feiern bei der paralympischen Premiere einen großen Erfolg und hadern trotzdem. Leichtathlet David Behre fehlt ein Wimpernschlag zum großen Triumph. Den schaffen zwei Radsportlerinnen.
Dreimal Silber gewonnen, aber Gold verloren: Die drei deutschen Weltmeister David Behre, Edina Müller und Tom Kierey haben am Morgen der bitteren zweiten Plätze in Rio de Janeiro einen Eintrag in die Geschichtsbücher der Paralympics knapp verpasst. Den goldenen Triumph schafften die frühere Schwimmerin Christina Reppe, die bei ihrer Paralympics-Premiere im Radsport gleich Gold im Straßenrennen gewann. Die 29 Jahre alte Studentin setzte sich nach 1:15:56 Stunden im Zielsprint durch. Kurz darauf holte auch Andrea Eskau Gold. Wie 2008 siegte sie im Straßenrennen, 2012 hatte sie im Zeitfahren triumphiert.
Vico Merklein (Nendorf) hat seinen Vize-Fluch gebannt und sich zum Paralympicssieger im Straßenfahren gekrönt. Der 39-Jährige feierte nach sechs zweiten Plätzen bei großen Wettkämpfen seit 2011 am Strand von Barra seinen ersten großen internationalen Erfolg. Es war das zwölfte Gold für Deutschland bei den Paralympics in Rio, das sechste für die Straßen-Radfahrer.
Denkbar knapp an Gold vorbei
Behre fehlten über 400 Meter hingegen 0,03 Sekunden, um Nachfolger des gefallenen Superstars Oscar Pistorius zu werden. Zwei Tage nach seinem 30. Geburtstag musste sich der Leverkusener dem Neuseeländer Liam Malone (46,20 Sekunden) geschlagen geben.
"Es ist eine Niederlage, aber es war am Ende so so knapp", sagte Behre: "Drei Hunderstel über 400 Meter sind ein Wimpernschlag. Ich bin am Ende rangeflogen, ich habe gefightet, aber es hat nicht sollen sein." Dabei war er mit seiner Leistung gar nicht unzufrieden. "Es war ein megaschnelles Rennen. Wenn mir vor zwei Jahren jemand gesagt hätte, dass ich hier 46,23 Sekunden laufe, hätte ich das blind unterschrieben."
Behres Klubkollege Johannes Floors war wegen einer Verletzung kurzfristig nicht zum Vorlauf angetreten. Behre und Floors hatten gemeinsam mit Markus Rehm und Felix Streng bereits Gold in der 4x100-m-Staffel gewonnen. Der Südafrikaner Pistorius sitzt wegen Mordes an seiner Freundin im Gefängnis. Im Ziel ließ sich Behre nach seinem vergeblichen Schlussspurt auf den Rücken fallen, dann feierte er dennoch mit der deutschen Fahne um die Schultern.
Silberner Frust
An der Kanu-Strecke überwog bei den deutschen Athleten trotz Doppel-Silber dagegen der Frust. Zunächst verpasste Edina Müller (Hamburg) im allerersten paralympischen Rennen der Sportart Gold um 0,114 Sekunden. Dann fehlte Tom Kierey (Dresden) sogar weniger als eine Zehntelsekunden, um erster Paralympics-Sieger seiner Klasse zu werden. Im Reiten schließlich hatte Steffen Zeibig (Dresden) auf Feel Good 4 als Vierter im Individual Championship Test 0,6 Prozentpunkte zu wenig für Bronze.
Bei Multitalent Müller - sie hatte 2008 Silber und 2012 Gold im Rollstuhl-Basketball gewonnen - dauerte es jedenfalls etwas, bis sie ihr Lächeln wiedergefunden hatte. Erst nach der Siegerehrung, mit der Silbermedaille um den Hals, sprach die Welt- und Europameisterin von einem "tollen Gefühl. Ich kann absolut zufrieden sein. Natürlich wäre Gold möglich gewesen, aber es herrschte starker Seitenwind. Damit hatte ich zu kämpfen. Jeanette ist mit den Bedingungen etwas besser zurecht gekommen."
Müller verpasst Gold-Hattrick
Die Erwartungen waren groß gewesen. Auch bei Müller selbst. Sie wollte ihr "Gold-Jahr" nach WM- und EM-Titel krönen, "aber es hat eben nicht ganz gereicht. Jetzt habe ich Silber in Peking, Gold in London und jetzt wieder Silber. Schauen wir mal, was in Tokio dran ist." Da wolle sie "noch einmal angreifen". Erneut im Kanusprint.
Kierey war sogar als Weltmeister der vergangenen beiden Jahre ins Rennen gegangen. Doch am Ende war der Ukrainer Sergej Jemeljanow 0,099 Sekunden schneller. Er habe trotzdem sein "Ziel erreicht", sagte er: "Ich war ganz dicht dran." Doch Kierey blickte gleich schon wieder Richtung der nächsten Paralympics 2020: "Das ist für mich die klare Ansage für Tokio, das es weitergeht. Ich habe gehofft, meine Hymne zu hören, jetzt muss ich in vier Jahren wieder ran."
Für "Umschülerin" Reppe bei Gold im Straßenrennen der erste Sieg bei Paralympics. Bei ihren vorherigen drei Teilnahmen im Schwimmen hatte sie insgesamt zwei Bronzemedaillen gewonnen. Seit 2014 startet die gebürtige Dresdnerin, deren rechtes Bein amputiert werden musste, im Radsport und war dort bereits zweimal Weltmeisterin auf der Straße geworden.
Quelle: ntv.de, Holger Schmidt/Thomas Niklaus, sid