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"Zwei Klimmzüge reichen nicht" Schwimmverband greift hart durch

Marco Koch galt im DSV-Team als einer der wenigen Medaillenkandidaten - auch er ging leer aus.

Marco Koch galt im DSV-Team als einer der wenigen Medaillenkandidaten - auch er ging leer aus.

(Foto: dpa)

Von der internationalen Weltspitze sind deutsche Schwimmer derzeit meilenweit entfernt. Das will der Schwimmverband nicht länger hinnehmen und kündigt spürbare Konsequenzen an. Ein neues Konzept soll die Wende bringen. Die Maßnahmen haben es in sich.

Deutlich härtere Normen, ein neues Kraftkonzept und verstärkte Zentralisierung: Nach zwei medaillenlosen Olympischen Spielen in Folge müssen sich die deutschen Beckenschwimmer um Weltmeister Marco Koch auf einschneidende Konsequenzen einstellen. Mit seinem Maßnahmen-Katalog stößt Bundestrainer Henning Lambertz nicht überall auf Gegenliebe, doch die Zeit der großen Kompromisse scheint vorbei.

Wenn Henning Lambert darf, wie er will, wird es für die deutschen Schwimmer ungemütlich.

Wenn Henning Lambert darf, wie er will, wird es für die deutschen Schwimmer ungemütlich.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Wir haben auf manche lange mit Engelszungen eingeredet, vielleicht ist es an der Zeit, auch mal härter durchzugreifen", sagte Lambertz. Beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) und dem für den Spitzensport zuständigen Bundesinnenministerium (BMI) habe er mit seinen Ideen "offene Türen eingerannt, denn sie wollen im Schwimmen Strukturreformen sehen", sagte der 45-Jährige: "Und wir tun gut daran, wenn wir das selbst machen, bevor uns etwas vorgestrickt wird."

Lambertz' Maßnahmen, die er seinen Trainerkollegen bei der kürzlich abgehaltenen Olympia-Auswertetagung bereits vorgestellt hat, ruhen auf drei Hauptsäulen. Die erste dürfte das Nationalteam schon für die WM im kommenden Sommer in Budapest deutlich verkleinern: Die Qualifikationszeiten sollen sich an Platz acht von Olympia von Rio orientieren. Für die Teilnahme an den Sommerspielen in diesem Jahr war noch der zwölfte Rang der WM 2015 in Kasan als Vergleich herangezogen worden.

Weltspitze wird eher schneller als langsamer

"Wir müssen davon ausgehen, dass die Weltspitze bei den nächsten Olympischen Spielen eher schneller als langsamer sein wird, also ist Platz acht von Rio als Orientierung das Mindeste", sagte Lambertz, der zudem betonte: "Nachrücker wird es nicht mehr geben."

Der zweite Punkt auf Lambertz' Agenda betrifft die Trainingssteuerung. In Zusammenarbeit mit Athletik-Experten hat der Bundestrainer ein Kraftkonzept erarbeitet, das unter den Kaderathleten und an den Bundesstützpunkten verpflichtend umgesetzt werden soll. "Bei den Umfängen im Wasser haben wir in den letzten Jahren aufgeholt, aber im Kraftbereich müssen wir etwas tun. Das Grundniveau ist in allen Disziplinen zu schwach", sagte der Bundestrainer.

Erst Klimmzüge, dann Förderung

Statt Kraftausdauer soll künftig an Land hauptsächlich Maximalkraft trainiert werden, damit die Athleten mehr Muskelmasse aufbauen. Zweimal im Jahr wird es eine Kraftüberprüfung geben, "und wer da zum Beispiel zweimal nur zwei Klimmzüge macht, obwohl er fünf schaffen soll, dem wird dann jegliche Förderung durch den DSV gestrichen", kündigte Lambertz an.

Besserung verspricht sich der Bundestrainer auch durch eine Zentralisierung. Nach seinem Plan soll es künftig nur noch "vier oder fünf Stützpunkte" geben, an denen die besten Schwimmer und der beste Trainer einer Disziplin zusammenkommen. "Davon verspreche ich mir Synergieeffekte und eine engmaschigere Kontrolle", sagte Lambertz: "Wir werden sicher nicht mehr Geld zur Verfügung haben, also müssen wir die Mittel möglichst effektiv einsetzen."

Lambertz' Maßnahmen-Paket muss aber noch vom BMI, DOSB und vor allem vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) abgenickt werden. Das wird erst nach dem Verbandstag am 6. November in Leipzig geschehen, bei dem die Nachfolge von Christa Thiel geklärt wird. Die amtierende DSV-Präsidentin tritt nach 16 Jahren an der Spitze für keine weitere Amtszeit an. Für ihre Nachfolge haben sich Gabi Dörries (Fachsparten-Vorsitzende Schwimmen) und Vico Kohlat (DSV-Vizepräsident Recht) offiziell beworben.

Quelle: ntv.de, Jörg Soldwisch, sid

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