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Alba-Trainer Obradovic So wahnsinnig wie Jürgen Klopp

Besessen vom Erfolg: Albas Trainer Sasa Obradovic.

Besessen vom Erfolg: Albas Trainer Sasa Obradovic.

(Foto: picture alliance / dpa)

In der Basketball-Bundesliga ist Alba Berlin unangefochten an der Spitze. In der Euroleague schwanken die Leistungen. Doch dass die Berliner überhaupt wieder die Besten des Kontinents ärgern können, haben sie einem "Verrückten" zu verdanken.

Der Anzug sitzt perfekt, maßgeschneidert. In dem dunkelblauen Zweiteiler steckt ein Modellathlet, 1,96 Meter groß, breites Kreuz und, so scheint es, topfit. Sasa Obradovic ist Trainer von Alba Berlin. Vor knapp zehn Jahren hat er seine Karriere als Spieler beendet. Seither ist er Coach. Während sich einige seiner Kollegen mit der Zeit ein bisschen Wohlstand an den Hüften zugelegt haben, ist der Serbe immer noch so drahtig wie früher.

Mal Unschuldslamm ...

Mal Unschuldslamm ...

(Foto: picture alliance / dpa)

Und das ist kein Wunder: Sasa Obradovic ist besessen vom Basketball. Die Anzahl der verbrannten Kalorien während einer Partie dürfte nicht weit unter dem Energieverbrauch der Spieler auf dem Parkett liegen. Obradovic hat das "Spiel" an der Seitenlinie verändert. Er tigert stetig auf und ab. Er springt, er fuchtelt an seiner Armbanduhr, er klatscht, er meckert, er korrigiert, er verteidigt, er gestikuliert, er diskutiert - mit allem und jedem, was sich in der Nähe seiner Coaching-Zone bewegt. Mitunter fixiert sich der Ehrgeiz in der wahnsinnig anmutenden Mimik eines Jürgen Klopp. Das bringt ihm keineswegs nur Freunde ein. Gerade in fremden Hallen wird der oft mürrische, überehrgeizige Serbe mit Vorliebe als Objekt für Wutattacken von den Zuschauerrängen ausgemacht. In Berlin allerdings, da lieben sie ihren Sasa und das nicht ohne Grund.

Der kahlköpfige Serbe übernimmt

Seit zweieinhalb Jahren ist der ehemalige Spielmacher der Albatrosse - von 1994 bis 1997 trug er das Trikot des Hauptstadt-Klubs - Trainer in Berlin. Im Sommer 2012 kehrte der kahlköpfige Serbe an die Spree zurück. Obradovic war Teil eines neuen Profils, das sich die Verantwortlichen des Klubs um Marco Baldi ein halbes Jahr zuvor verordnet hatten: "Wir haben damals einen klaren Schnitt gebraucht", sagt Albas Geschäftsführer im Gespräch mit n-tv.de."Die Gegebenheiten in der Bundesliga hatten sich verändert, darauf mussten wir uns einstellen."

... mal Anpeitscher ...

... mal Anpeitscher ...

(Foto: picture alliance / dpa)

Nach der erfolgreichen Zeit Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre, verloren die Berliner zunehmend ihren Status als Nummer eins im deutschen Basketball. Neue starke Konkurrenten traten auf. Zunächst Bamberg, Quakenbrück und Oldenburg und zuletzt der FC Bayern München. Die bis etwa 2003 geltende Logik bei der Kaderzusammenstellung war durchbrochen: "Erst kam die NBA, dann die europäischen Top-Vereine und dann wir", erinnert sich Baldi. National gab es kein Gegengewicht. "Wenn wir einen Spieler wollten, haben wir ihn auch bekommen." Nach sieben Meisterschaften in Folge wurde der Kampf um den Titel immer enger - und Alba verlor ihn immer häufiger. Seit 2003 setzte sich das Team nur noch einmal die Krone auf, 2008 nämlich.

Die Erfolge der Konkurrenten brachten auch neue, wirtschaftliche Kraft in die BBL. Die Berliner haben das mit voller Kraft zu spüren bekommen. In den Sommern 2012 und 2013 verloren sie mit Heiko Schaffartzik, Nihat Djedovic, Deon Thompson und Yassin Idbihi mehrere Topspieler an den FC Bayern. "Die Budgets in der Liga haben sich in den vergangenen Jahren fast verdoppelt. Das merkst du sofort", erklärt Baldi. Er sagt das ohne Neid. "Die Klubs haben sich ihre Situation erarbeitet. Das akzeptieren wir und stellen uns darauf ein." Der gestiegenen Qualität und dem gestiegenen Preisniveau der Spieler hatte Alba lange kein richtiges Konzept entgegenzusetzen. "Wir haben zu viel gewollt: Wir wollten tollen Basketball bieten, die Halle voll machen, junge Spiele ausbilden. Das ging nicht."

... und manchmal einfach nur verzweifelt: Alba-Trainer Sasa Obradovic.

... und manchmal einfach nur verzweifelt: Alba-Trainer Sasa Obradovic.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Folge: Alba verlor sich zusehends selbst. Die Konsequenz: Der Umbruch im Sommer 2012/13. "Wir haben damals für uns das Profil entworfen, nicht mehr auf fertige Spieler zu setzen, sondern junge Spieler zu entwickeln, die immer unbedingten Einsatz und Leidenschaft aufs Parkett bringen. Und wir haben für uns entschieden, dass Sasa der richtige Trainer für diese Aufgabe ist." Dass dieses neue Konzept auch aus finanziellen Zwängen heraus geboren wurde, verschweigt Baldi nicht.

"Bis zum 80. schafft er's nicht"

Der ausgewählte Wunschtrainer Obradovic steht für harte Arbeit - immer, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr. Der 45-Jährige ist basketballverrückt. Er will immer gewinnen. Noch mehr aber will er, dass sich seine Mannschaft weiterentwickelt, dass die Jungs seine Idee Basketball zu spielen umsetzen: Knallharte Verteidigung und schnelle Angriffe. Er fordert dabei nicht nur sein Team unentwegt, auch er selbst geht an seine Grenzen.

"Er erwartet von uns höchste Professionalität und investiert dabei natürlich auch selbst sehr viel. Das ist sein Weg. Davon fühlt man sich mitgezogen", erklärte Berlins Flügelspieler Nils Giffey die Arbeitsweise seines Coaches unlängst gegenüber den Kollegen von Sport1. "Sasa sagt ja selbst, dass er es wahrscheinlich nicht bis 80 schaffen wird. Aber das ist nun mal der Weg, den er lebt und der ihn letztlich auch zum Erfolg führt."

Junge Kerle wie Giffey oder Akeem Vargas haben das begriffen. Sie sind unter dem Serben zu Leistungsträgern im Verein und in der Nationalmannschaft gereift. Aber auch erfahrenere Profis wie die Amerikaner Clifford Hammonds oder Alex Renfroe akzeptieren die sehr autokratisch anmutende Art ihres Coaches.

Und das trägt Früchte: In der Liga gab es bislang nur eine Niederlage. Und in der Euroleague wurde Anfang Januar das Top-Team aus Barcelona abgebügelt. Zwar folgte nur wenige Tage später eine deutliche Niederlage gegen Real Madrid. Doch der Coach wusste das einzuordnen: "Wir haben einen guten Job gemacht. Ich kann daher nicht enttäuscht sein." Obradovic, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, hatte in diesem Spiel über weite Strecken seine Handschrift gesehen. Das gefiel ihm. Er lächelte sogar - für einen kurzen Moment.

Quelle: ntv.de

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