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Trotz Drohungen aus China USA verkünden Polit-Boykott der Olympischen Spiele

US-Präsident Joe Biden wird nicht nach China reisen.

US-Präsident Joe Biden wird nicht nach China reisen.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Der Druck hat sich über Monate aufgebaut. Jetzt ist es offiziell: Die Vereinigten Staaten verkünden einen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in China. Auf die Teilnahme der US-Sportler hat der keine Auswirkungen, sehr wohl aber auf die Beziehungen der konkurrierenden Supermächte.

Die USA haben einen diplomatischen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking als Zeichen ihres Unmuts über den fortdauernden "Genozid" in der autonomen Region Xinjiang und andere Menschenrechtsverletzungen angekündigt. Weder US-Präsident Joe Biden noch ein anderer US-Regierungsvertreter werden zu den im Februar 2022 stattfindenden Spielen reisen. Das teilte das Weiße Haus in Washington mit. Berichte über die bevorstehende Boykott-Ankündigung hatten bereits in den vergangenen Tagen für diplomatische Spannungen zwischen den beiden Supermächten gesorgt.

Die US-Regierung werde die amerikanischen Athleten von zu Hause aus anfeuern, sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki. Auf die Frage, warum die US-Regierung von einem kompletten Boykott der Spiele absehe, sagte Psaki, man habe die Sportler, die intensiv für die Spiele trainiert hätten, nicht bestrafen wollen. Und die Regierung sei der Meinung, dass auch durch diesen Schritt eine "klare Botschaft" ausgesendet werde. Psaki betonte, die US-Regierung habe internationale Partner über die Entscheidung informiert und überlasse es ihnen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.

Der diplomatische Boykott ermöglicht den amerikanischen Athleten also die Teilnahme an den Olympischen Winterspielen, ist jedoch eine kalkulierte Brüskierung des größten wirtschaftlichen Konkurrenten der USA. Der Druck auf die Regierung der Vereinigten Staaten wurde in den vergangenen Monaten durch Demokraten und Republikaner, Menschenrechtsaktivisten, aber auch durch Sportler wie den NBA-Star Enes Kanter Freedom aufgebaut und hochgehalten. Bereits im November hatte US-Präsident Biden über einen möglichen Boykott gesprochen.

Das IOC bezeichnete in einer ersten Reaktion die Anwesenheit von Regierungsbeamten als "eine rein politische Entscheidung, die das IOC in seiner politischen Neutralität uneingeschränkt respektiert". Gleichzeitig mache "diese Ankündigung auch deutlich, dass die Olympischen Spiele und die Teilnahme der Sportler jenseits der Politik stehen und wir dies begrüßen", sagte ein IOC-Sprecher und verwies auf eine Resolution der Vereinten Nationen die im Konsens aller 193 Mitgliedstaaten angenommen wurde. Diese Resolution beinhalte die Einhaltung des Olympischen Waffenstillstands für die Olympischen und Paralympischen Spiele Peking 2022 und fordere alle Mitgliedstaaten auf, mit dem IOC und dem Internationalen Paralympischen Komitee bei ihren Bemühungen zusammenzuarbeiten, den Sport als Instrument zur Förderung von Frieden, Dialog und Versöhnung in Konfliktgebieten während und nach Olympischen Spielen und darüber hinaus zu nutzen.

Neuseeland schickt auch keine Diplomaten nach Peking

Auf die Ankündigung der USA folgten weitere internationale Reaktionen auf die Entscheidung. Auch Neuseeland will keine diplomatischen Vertreter im Februar nach Peking schicken. Wie der stellvertretende Ministerpräsident Grant Robertson erklärte, sei aber eher die anhaltende Pandemie einer der Hauptgründe für die Entscheidung: "Wir haben China gegenüber bei zahlreichen Gelegenheiten unsere Besorgnis über Menschenrechtsfragen deutlich gemacht - erst kürzlich hat die Ministerpräsidentin mit Präsident Xi darüber gesprochen", sagte Robertson laut dem staatlichen Fernsehsender TVNZ. "China weiß sehr wohl, wie wir zu den Menschenrechten stehen, aber wir hatten uns bereits entschieden, nicht teilzunehmen", erklärte Neuseelands stellvertretender Ministerpräsident und fügte hinzu, dass China über die Entscheidung bereits im Oktober informiert worden sei.

Sowohl die australische als auch die japanische Regierung haben angekündigt, in der Frage der Entsendung eines diplomatischen Vertreters noch beraten zu wollen. Japans Ministerpräsident Fumio Kishida erklärte am Dienstag, sein Land werde bei der Entscheidung eine Reihe von Faktoren berücksichtigen. Dazu zählten der Zweck der Olympischen Spiele, die diplomatische Situation und Japans eigene nationale Interessen, so Kishida. Das kanadische Außenministerium teilte mit, dass Kanada "zutiefst beunruhigt" über die Berichte über Menschenrechtsverletzungen in China sei. "Wir wurden über die Entscheidung der USA informiert und werden diese Angelegenheit weiterhin mit unseren Partnern und Verbündeten diskutieren", erklärte das Ministerium. Der einzige Staatschef, der Chinas Einladung zu den Spielen bisher angenommen hat, ist der russische Präsident Wladimir Putin.

China droht mit "Gegenmaßnahmen"

Zuletzt hatte China den USA im Falle eines politischen Boykotts der Olympischen Winterspiele im Februar in Peking mit "entschiedenen Gegenmaßnahmen" gedroht. Nach den Berichten über entsprechende Erwägungen von Biden reagierte Chinas Außenamtssprecher Zhao Lijian am frühen Montag mit scharfer Kritik. Noch bevor amerikanische Politiker überhaupt eine Einladung bekommen hätten, "bauschen sie die Boykottfrage auf", sagte der Sprecher.

"Es ist eine Verhöhnung des olympischen Geistes, eine politische Provokation und ein Angriff auf 1,4 Milliarden Chinesen", sagte Zhao Lijian vor der Presse in Peking. Das chinesische Volk und die Welt sähen dadurch die Scheinheiligkeit und anti-chinesische Natur der amerikanischen Politiker nur noch klarer. China steht wegen seiner Menschenrechtsverletzungen unter anderem im Umgang mit Minderheiten wie den Uiguren und Tibetern und der Unterdrückung der Demokratiebewegung in Hongkong in der Kritik.

Auch Unruhe in Deutschland

Auch die designierte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte sich in der vergangenen Woche in einem Interview mit der "taz" dem Thema Boykott gedanklich angenähert. "Wenn ich sehe, wie Chinas Führung mit der Tennisspielerin Peng Shuai umgeht oder mit der verhafteten Bürgerjournalistin Zhang Zhan, sollten wir natürlich auch die Olympischen Spiele genauer in den Blick nehmen. Da gibt es für Regierungen unterschiedliche Formen des Umgangs, die in den kommenden Wochen sicherlich diskutiert werden", hatte Baerbock gesagt.

Dies hatte zu einer scharfen Antwort des neuen Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) geführt. Direkt nach seiner Wahl am vergangenen Samstag empfahl Thomas Weikert, der neue Präsident, der designierten Bundesaußenministerin, ihre Worte in Zukunft besser zu wählen. "Frau Baerbock soll die Kirche einfach mal im Dorf lassen, das sage ich mal ganz deutlich", sagte Weikert, der sich nicht auf einen möglichen diplomatischen Boykott bezog: "Ein Boykott hat noch nie jemandem was gebracht. Das wäre wirklich unfair gegenüber den Athleten, die sich jetzt so lange vorbereitet haben."

Quelle: ntv.de, sue/joh/dpa/rts

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