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Dallas auf Kurs NFL-Playoffs Versöhnliche alte Männer veredeln die Cowboys-Serie

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Es läuft sportlich hervorragend bei den Dallas Cowboys. Und nun beendet auch noch Vereinseigner Jerry Jones seinen jahrzehntelangen Knatsch mit Ex-Meistertrainer Jimmy Johnson. Wohin kann das in dieser Saison noch führen?

Diese Dallas Cowboys sind perfekt für die Primetime. Was für eine Show von "America's Team" beim 45:10-Heimsieg an Amerikas wichtigstem Feiertag, Thanksgiving, gegen die Washington Commanders. Was für ein Offensiv-Spektakel von Quarterback Dak Prescott, dem vier Touchdowns gelangen. Was für ein historischer Moment für Cornerback DaRon Bland mit seinem fünften Pick Six der Saison - und somit einem neuen NFL-Rekord.

Und dann: was für eine TV-Quote. Im Schnitt verfolgten 41,438 Millionen Menschen den achten Saisonsieg im elften Spiel. Somit war die Dallas-Partie erneut der größte Zuschauermagnet der drei NFL-Matches am "Turkey Day". Erneut deshalb, weil bereits vor einem Jahr 42,1 Millionen das Thanksgiving-Match gegen die New York Giants verfolgt hatten.

Dallas spielt, Amerika schaltet ein

Seitdem hatte nur der fantastische Super Bowl LVII am 12. Februar zwischen den Kansas City Chiefs und den Philadelphia Eagles mehr Zuschauende in den USA vor die Empfangsgeräte gelockt. Soll heißen: Die Dallas Cowboys sind in. Und wie. Laut sportsmediawatch.com waren die Spiele der Texaner in vier der bisherigen elf Saison-Wochen die Quoten-Hits im US-Fernsehen.

Mit ihrer Rekord-Zuschauerzahl vom Donnerstag werden es nach diesem Wochenende fünf Spitzenpositionen in zwölf Wochen sein. Hinzu kommt dreimal Platz zwei. Und das nächste Spiel der Kategorie "must watch" ist bereits in Sichtweite. Am 10. Dezember empfangen die Cowboys im Sunday Night Game Vizemeister Philadelphia Eagles.

Offensive wie ein Zwölfzylinder

Und es lohnt sich tatsächlich, die Spiele dieser Cowboys zu verfolgen. Die von Dak Prescott angeführte Offensive läuft wie ein hoch frisierter Zwölfzylinder. Seit 2016 ist er der Spielmacher in Dallas. Doch so angenehm wie derzeit, sei es für ihn im Angriff noch nie gewesen, hob der 30-Jährige hervor. "Das liegt an vielen Faktoren. Die Trainer, die Receiver, die Offensive Line, die mich beschützt - wir sind sehr ausgewogen und es macht viel Spaß", so Prescott nach dem Sieg gegen Washington im Interview bei CBS.

Die 45 Zähler gegen Washington waren die drittmeisten Punkte der Vereinsgeschichte in einem Thanksgiving-Spiel, und die Cowboys spielten immerhin schon zum 55. Mal an Erntedank. Es ist noch nicht allzu lange her, da hatte Prescott in CeeDee Lamb nur eine zuverlässige Anspielstation. Gegen Washington verteilte er seine Pässe gleich auf zehn Spieler. Vor allem der in der Saisonpause von den Houston Texans verpflichtete Wide Receiver Brandin Cooks hat sich als die erhoffte Verstärkung erwiesen.

Sieben Siege mit mindestens 20 Punkten Vorsprung

Die Offensiv-Power wird auch beim Blick auf die weiteren Saisonergebnisse deutlich. Bei sieben ihrer acht Siege gewannen die Cowboys mit mindestens 20 Punkten Vorsprung. Ihr Pass-Spiel blüht im Spätherbst förmlich auf. Prescott liebt es, den Ball über das Feld zu verteilen, denn seine O-Line gibt ihm genügend Zeit, um die Anspielstationen zu finden. Das Ergebnis: Der Quarterback hat in den vergangenen fünf Partien 17 Touchdowns erzielt - und nur zwei Interceptions geworfen.

Apropos Interceptions: der Sieg gegen Washington stand am Donnerstag schon längst fest, Dallas führte 38:10, es waren nur noch knapp fünf Minuten zu spielen. Die Fans waren in Feierlaune an diesem Feiertag und Prescott biss am Spielfeldrand bereits in eine Truthahn-Keule, als DaRon Bland für den perfekten Thanksgiving-Nachtisch sorgte.

"Dies ist Geschichte, dies wird der Rekord sein"

Der Cornerback fing in der 56. Minute einen Pass von Washington-Quarterback Sam Howell auf Höhe der eigenen 35-Yard-Linie ab. Viermal war ihm das in dieser Saison bereits gelungen - und viermal hatte Bland den Football anschließend zum Touchdown in die gegnerische Endzone getragen. Pick Six nennen sie solche Aktionen. Der ewige NFL-Pick-Six-Rekord lag bei vier. Jeder im Stadion kannte diese Statistik - natürlich auch CBS-Reporter Jim Nantz.

Als Bland Howell's Pass abfing, loslief und auf dem Weg Richtung Commanders-Endzone drei Gästespieler umkurvte, schrie Nantz bereits: "Dies ist Geschichte, dies wird der Rekord sein. Dies hat es noch nie in der Historie der NFL gegeben." Neben Nantz saß Ex-Cowboys-Quarterback Tony Romo am Mikrofon. Er ist seit vielen Jahren ein angesehener Experte. Und er lobte Bland für dessen "großartigen Instinkt", sowie dessen Geschick, solch einen abgefangenen Pass "wie ein Runningback" in die Endzone zu tragen.

Der besondere Sauerstoff der Cowboys-Abwehr

"Diesen Rekord an Thanksgiving aufzustellen, vor unseren Fans, bedeutet mir alles", betonte Bland, der somit bereits 30 Punkte in dieser Saison erzielt hat. Seine Aktion war der Schlusspunkt des Spiels. Es war zugleich der 84. Takeaway, seitdem Dan Quinn zur Saison 2021 den Posten des Defensive Coordinator in Dallas übernommen hat. Kein anderer Verein hat in diesem Zeitraum so oft dem Gegner den Football weggenommen. "Takeaways sind unser Sauerstoff, wir brauchen sie wie die Luft zum Atmen", betont Quinn.

Dallas hat nun, wie San Francisco, Baltimore, Miami und Detroit eine Bilanz von 8:3. Das Team wirkt gefestigt, selbstbewusst und gefährlich. Die Zeit der Rodeo-Ritte der Cowboys scheint vorerst vorbei. Die dritte Playoff-Teilnahme nacheinander sollte reine Formsache sein. So oft war Dallas zuletzt in den Neunzigern in der K.-o.-Runde gewesen.

Meistertrainer Jimmy Johnson

Damals galt der Verein als erste Adresse der NFL. Unter Jimmy Johnson wurden die Cowboys 1993 und 1994 jeweils Meister. Johnson ist somit einer von sechs NFL-Trainern, die zweimal nacheinander den Super Bowl gewinnen konnten. Und es gibt bis heute noch viele unter den Cowboys-Fans, die behaupten, dass der 27:17-Triumph zwei Jahre später im Endspiel gegen die Pittsburgh Steelers zu großen Teilen auf Johnsons Vorarbeit fruchtete.

Für all das ist dieser James William Johnson bereits im Sommer 2021 in die Hall of Fame aufgenommen worden. Nun soll er auch Mitglied im "Cowboys Ring of Honor" werden. Das ist zwar nicht ganz neu, denn Cowboys-Eigner Jerry Jones hatte schon 2021 diesen Schritt öffentlich angekündigt. Allerdings war es seitdem bei dieser Ankündigung geblieben.

Versöhnung der alten Männer

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Jones und Johnson keine engen Freunde sind - trotz der beiden Titel Anfang der Neunziger. Der allgegenwärtige und allmächtige Eigner wurde schon öfter gefragt, warum Johnson noch kein Mitglied im illustren "Cowboys Ring of Honor" sei? Weil er dessen Untreue nicht ausstehen könne, lautete 2014 seine Antwort. Johnson hatte im Dezember 1993 Interesse bekundet, Trainer bei den Jacksonville Jaguars werden zu wollen, die ab 1995 in der NFL spielen sollten.

Jones wiederum behauptete nach Johnsons zweitem Super Bowl-Sieg, dass "jeder Trainer das Team zum Titel geführt" hätte. Mittlerweile ist Jones 81 Jahre und Johnson 80 Jahre. Vor wenigen Tagen tauchten beide Seite an Seite im Fernsehen auf und Jones verkündete, dass der Meistercoach im Rahmen des Heimspiels gegen die Detroit Lions am 30. Dezember die höchste Ehrung der Cowboys erhalten werde.

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"Es ist einfach an der Zeit, es ist richtig und ich wollte es dieses Jahr machen", meinte Jones, der bei diesen Worten jedoch ein wenig stammelte. "Ein Grund, es in diesem Jahr zu tun, ist, weil ich am Leben bin", ergänzte Johnson - und brachte damit beide zum Lachen. Es war eine Anspielung auf seine Worte von 2021, als er auf Jones' Ankündigung, dass Johnson in den "Cowboys Ring of Honor" aufgenommen werde, fragte: "Wenn ich noch am Leben bin?"

Zwei einst erfolgreiche, dann aber über Jahrzehnte zerstrittene Weggefährten, können also endlich gemeinsam lachen. Und auf dem Feld sorgt die Mannschaft für jede Menge Freude. Es herrscht Harmonie bei den Dallas Cowboys - auf dem Football-Platz und auch außerhalb. Wer weiß, wohin das in dieser Saison noch führen kann?

Quelle: ntv.de

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