Doncic-Desaster der MavericksRauswurf in Dallas löst wilde Nowitzki-Gerüchte aus
Torben Siemer
Im Februar geben die Dallas Mavericks überraschend ihren Superstar Luka Doncic ab, danach beginnt für das Team eine Talfahrt. Nicht nur die Fans, sondern auch Dirk Nowitzki wenden sich von dem NBA-Team ab. Eine Entlassung soll den Niedergang jetzt aufhalten.
Die Fans der Dallas Mavericks sind endlich erhört worden. "Fire Nico!" hatten sie seit Monaten immer und immer wieder gerufen und damit Nico Harrison gemeint, den General Manager ihres Teams. Harrison hatte im Februar die Entscheidung getroffen, Dallas' Superstar Luka Doncic an die Los Angeles Lakers abzugeben. Seine Worte dazu: "Die Zeit wird zeigen, ob ich richtig liege." Die Zeit zeigte schnell, wie unglaublich falsch Harrison gelegen hatte. Letztlich war die Frage nur noch, wann die Mavericks ihn feuern.
Denn Harrison brachte mit diesem einen spektakulär schlechten Trade nicht nur die eigenen Fans gegen sich auf, sondern zerstörte auch seine eigene gute Arbeit der vorangegangenen Jahre. Seine Trades waren es, die Doncic in den Playoffs 2024 dazu befähigten, Dallas bis in die Finals zu tragen. Dass Harrison ihn nur wenige Monate später zu den Lakers schickte, versetzte die Basketball-Welt in Schockstarre. Für alle Außenstehenden schien sofort klar, dass die Mavericks einen der miesesten Trades in knapp 80 Jahren NBA-Historie vollzogen hatten.
Der Titelkandidat verkam zur Lachnummer. Niemand konnte verstehen, welche Vorteile Harrison daraus zu ziehen glaubte, auch wenn er es immer zu erklären versuchte. Es ergab schlicht keinen Sinn, einen 25-jährigen Superstar abzugeben, der die Mavs nur wenige Monate zuvor noch fast zur Meisterschaft geführt hatte. Der seine beste Zeit noch vor sich und den Platz in der Hall of Fame trotzdem längst sicher hat.
Wütende Proteste an der Nowitzki-Statue
Harrison wollte lieber auf einen 31-jährigen Anthony Davis setzen. Auch ein Superstar. Aber einer, der im Schnitt knapp ein Viertel jeder Saison verletzungsbedingt verpasst. Einer, der den Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit vermutlich schon überschritten hat. Einer, der sich bei seinem Mavs-Debüt direkt so schwer verletzte, dass er 17 Spiele lang aussetzen musste. Es war die bittere Pointe, die den noch immer fassungslosen Mavs-Fans nur noch ein verzweifeltes Lachen entlocken konnte. Getoppt wurde das dann Anfang März nur noch dadurch, dass sich Kyrie Irving das Kreuzband riss - und der zweite Superstar seitdem und voraussichtlich noch mindestens bis Jahresende ausfällt.
Zu denen, die Harrison mit seinem Trade-Schocker fassungslos gemacht hatte, zählte auch Dirk Nowitzki. Dessen letzte NBA-Saison war Doncics erste gewesen, die beiden hatten sich angefreundet und ihren regelmäßigen Austausch über das Karriereende des langen Blonden hinaus beibehalten. "Ich war so überrascht und schockiert wie alle anderen", beschrieb der Deutsche seine erste Reaktion auf den Deal, nach dem er das erste Lakers-Spiel des Slowenen in Los Angeles besucht hatte. "Ich hatte das Gefühl, ich muss ihn unterstützen", so Nowitzki: "Er war ziemlich niedergeschlagen und enttäuscht davon, wie das alles abgelaufen ist." Denn eigentlich hatte Doncic es wie Nowitzki machen und seine gesamte NBA-Karriere in Dallas verbringen wollen.
Und so weilte Nowitzki damals in Los Angeles, während wütende und traurige Mavericks-Fans vor die Arena in Dallas zogen und ihr Lieblingsteam symbolisch zu Grabe trugen; sogar einen Sarg hatten sie mitgebracht. Sie protestierten direkt neben der mehr als sieben Meter großen Nowitzki-Statue, weil sie davon ausgegangen waren, dass Doncic lange genug bleiben würde, um eines Tages auch mit einer Bronze-Nachbildung geehrt zu werden. Nun aber hatten eben nicht nur die Fans und Doncic genug von den Mavericks. Auch Nowitzki, bis dahin regelmäßig bei Trainingseinheiten, zog sich zurück. Entfremdet von der Richtung, die seine Mavericks unter Harrison eingeschlagen hatten.
Nowitzki: "Was mich schon interessieren würde ..."
Dessen Entlassung bietet jetzt die Chance, sich wieder anzunähern. "USA Today" spekuliert sogar schon, Nowitzki könne dessen Nachfolger als General Manager werden. Ein naheliegender Gedanke, schließlich hat Nowitzki nach seiner aktiven Karriere schon als Berater für den Klub gearbeitet. Mit dem Harrison-Rauswurf verkündeten die Mavericks zudem, vorübergehend auf die Doppelspitze Michael Finley/Matt Riccardi zu setzen, die vom Assistant General Manager zu Interimschefs aufrücken. Finley war von 1998 bis 2005 Nowitzkis Teamkollege und Mentor, bis heute sind die beiden eng befreundet.
Unklar ist allerdings, ob Nowitzki überhaupt Ambitionen auf einen solchen Job im NBA-Tagesgeschäft hätte. Eine zweite Karriere als Trainer hatte der 153-fache deutsche Nationalspieler noch während seiner aktiven Zeit und auch danach immer wieder ausgeschlossen. "Was mich schon interessieren würde, ist das, was der Holger für mich gemacht hat", sagte er stattdessen im Frühjahr 2024 und meinte damit Holger Geschwindner, der ihn als Individualtrainer mit unorthodoxen Trainingsmethoden zum Weltklasse-Basketballer gemacht und weit über das Sportliche hinaus geprägt hatte: "So ein bisschen Skills-Entwicklung, Personal Coach und Shooting-Coach, das könnte mich interessieren."
Aktuell ist Nowitzki in ungewohnter Rolle unterwegs, seit dieser Saison arbeitet der 47-Jährige als Experte bei den NBA-Übertragungen von Amazon Prime. "Es ist schon schön, jetzt wieder näher am Sport dran zu sein", hatte er im Oktober dazu gesagt, und jetzt, im November und unmittelbar vor dem Harrison-Rauswurf, auch den Saisonauftakt der Mavs analysiert. "Mir tun die Fans leid, es ist ein katastrophaler Start", sagte er mit Blick auf acht Niederlagen aus den ersten elf Spielen: "Es war schwer mitanzusehen." Vor allem auf der Point-Guard-Position fehle es - also dort, wo bis zum Februar Doncic mindestens für das nächste Jahrzehnt gesetzt schien.
Mavs-Eigentümer führt erkenntnisreiches Gespräch
Stattdessen klafft "ein Luka-großes Loch im Kader", wie es bei ESPN ein namentlich nicht genannter Funktionär eines NBA-Konkurrenten aus der Western Conference beschreibt. Es ist offensichtlich, dass Dallas ein verlässlicher Spielmacher fehlt: Im Ligavergleich weisen die Mavericks nach ihren ersten elf Spielen die ineffizienteste Offensive und die schlechteste Dreierquote auf. Ohne den vom Hof gejagten Doncic und den in der langen Reha befindlichen Irving hatte Headcoach Jason Kidd in seiner Verzweiflung dem vielversprechenden Rookie Cooper Flagg die Rolle als Spielmacher anvertraut. Ein Versuch, der scheiterte. Auch, weil der Nummer-1-Pick des diesjährigen Drafts diese Position zuvor nie gespielt hatte.
Der 18-jährige Flagg sollte somit plötzlich das leisten, was zuvor nur Luka Doncic vermocht hatte. In einer Mannschaft, die noch darauf ausgerichtet ist, von einem herausragenden Point Guard angeführt zu werden. Den jedoch hat Harrison im Februar zur Überraschung fast aller weggeschickt. Wie sehr das inzwischen als Fehlentscheidung anerkannt ist, verdeutlichte eine Szene am Rande der jüngsten Niederlage.
Team-Eigentümer Patrick Dumont saß in der ersten Reihe am Spielfeldrand und unterhielt sich mit Nicholas Dickason, einem 18-jährigen Mavs-Fan, dessen Familie Dauerkarten besitzt. Er hatte Dumont zuvor wüst beschimpft und sich nun zu ihm gesetzt, weil er um Entschuldigung bitten wollte. Dabei sprachen sie auch über Luka Doncic, wie Dickason "The Athletic" schilderte: "Im Grunde genommen hat Patrick gesagt, dass er sich wegen des Trades schrecklich fühlt und das wieder gutmachen möchte." Die Harrison-Entlassung ist ein bedeutsamer Schritt auf diesem Weg. Der junge Fan wird diesen begrüßt haben: Er trug ein Lakers-Trikot mit der Nummer 77 und "Doncic" auf dem Rücken.