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"Keine richtige Meisterschaft" "Zum Kotzen": DM-Plan empört Athletinnen

2019 siegte Gesa Krause im gut besuchten Berliner Olympiastadion, 2020 soll ihre Strecke bei den deutschen Meisterschaften entfallen.

2019 siegte Gesa Krause im gut besuchten Berliner Olympiastadion, 2020 soll ihre Strecke bei den deutschen Meisterschaften entfallen.

(Foto: imago images/Annegret Hilse)

Um überhaupt 2020 noch Meistertitel zu vergeben, schrumpft der Deutsche Leichtathletik-Verband das Programm zusammen. Vor allem Laufstrecken fallen raus - und darüber sind nicht nur die frustriert, die deshalb nicht an den Start gehen dürfen.

Gesa Felicitas Krause hatte drängende Fragen. Keine Stunde war das "Stadionverbot" alt, das die deutsche Hindernis-Königin quasi von der Leichtathletik-DM in Braunschweig ausschließt, als Krause lesbar erregt in den sozialen Medien lostippte. "Ich bin sprachlos. Fußball spielt man mit 22 - und ein Meisterschaftsfinale mit acht bis zwölf Läuferinnen soll nicht möglich sein?", schrieb die WM-Dritte bei Instagram. Der Plan des DLV, die längeren Laufstrecken aus dem Meisterschaftsprogramm zu streichen, sorgt nicht nur bei Krause für Unverständnis. "Das wird doch so keine richtige deutsche Meisterschaft", schimpfte Sprint-Ass Gina Lückenkemper.

Die Vize-Europameisterin über 100 Meter ist persönlich nicht direkt betroffen, stößt sich aber dennoch an dem Konzept, mit dem der Verband seinen wichtigsten Wettkampf retten will. Die DM, die ursprünglich an diesem Wochenende im Braunschweiger Eintracht-Stadion hätte stattfinden sollen, ist nun für den 8. und 9. August neu angesetzt worden - und scheint nur mit rigiden Schutzmaßnahmen gegen Corona-Infektionen durchführbar. Ob und wie viele Zuschauer dabei zugelassen sind, ist noch offen. Das 23-seitige Hygiene- und Durchführungskonzept sieht unter anderem vor, alle Laufwettbewerbe, die nicht auf getrennten Bahnen gestartet und beendet werden, auszusetzen.

Bei den Braunschweiger Meisterschaften beträfe dies die 1500 und 5000 Meter - Metier von Topstar Konstanze Klosterhalfen, deren Start bei einer "Late-DM" allerdings ohnehin unwahrscheinlich war - sowie Krauses 3000 Meter Hindernis. "Kein Hindernislauf und keine Mittelstrecken - eine Entscheidung, die ich nicht nachvollziehen und in keinem Sinne befürworten kann", verkündete Krause und erntete großen Zuspruch. Vor allem die Solidarität innerhalb der Sportart wurde Thema. "Leichtathletik bedeutet Laufen, Springen, Werfen. Und ohne Laufen ist es nicht das Gleiche", so Krause.

Das Argument: Im Fußball geht's ja auch

Unterstützung erfuhr die deutsche Rekordhalterin über 3000 Meter Hindernis nicht nur von Lückenkemper. Die frühere Serienmeisterin Sabrina Mockenhaupt polterte: "Ist doch echt langsam zum Kotzen, und Fußball darf gespielt werden! Ich fühle gerade echt mit Euch allen!" Ähnlich drastisch äußerte sich der frühere Spitzenathlet Jan Fitschen: "Was für ein Scheiß", kommentierte der 10.000-Meter-Europameister von 2006. Der Vergleich zum Fußball drängt sich auf: Dort ist Körperkontakt über 90 Minuten die Regel, dennoch läuft der Spielbetrieb wieder.

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Bei den Laufdistanzen im Stadion - nicht bei Straßenläufen mit mehreren tausend Teilnehmern - ist Körperkontakt die Ausnahme, auch wenn der gemeine Mindestabstand gerade in der Anfangsphase unterschritten wird. Wie groß das Risiko dabei wirklich wäre? Das kann (noch) niemand seriös beurteilen. Der DLV warb - als Antwort unter Krauses Instagram-Post - postwendend um Verständnis: "Wir verstehen die Enttäuschung darüber, dass aufgrund der besonderen Rahmenbedingungen nicht alle Disziplinen in das DM-Konzept integriert werden konnten."

Die behördlichen Auflagen aufgrund der Pandemie würden es jedoch "zum jetzigen Zeitpunkt schlicht nicht zulassen". Die Zielsetzung des Verbandes ist klar: Nach der Olympia-Verlegung ins kommende Jahr und der EM-Absage will der DLV seinen Spitzenathleten zumindest eine Restperspektive für 2020 bieten. Eine "Not-DM" samt Ausschluss ganzer Sparten könnte dabei aber eher noch den Frustfaktor in einem ohnehin schon weitgehend verlorenen Wettkampfjahr verstärken.

Quelle: ntv.de, Christoph Leuchtenberg und Hannes Nebelung, sid

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