Katastrophen-Start überwunden Zverev kämpft sich zurück und ins Halbfinale
08.09.2020, 23:14 Uhr
Ein Sieg zum Finale, zwei bis zum Titel: Alexander Zverev spielt stark auf in New York.
(Foto: USA TODAY Sports)
Nach dem ersten Satz sieht Alexander Zverev aus wie der sichere Verlierer. Deutschlands bester Tennisspieler fängt sich aber und erreicht erstmals das Halbfinale der US Open. Auch von den Psychospielchen seines Gegners lässt er sich nicht beeindrucken.
Der Urschrei nach dem Matchball war vermutlich bis nach Manhattan zu hören: Nach einem Stotterstart, vielen Fehlern und einer kämpferischen Glanzleistung hat Alexander Zverev zum ersten Mal in seiner Karriere das Halbfinale der US Open erreicht. Deutschlands Topspieler, an Nummer fünf gesetzt, rang den Kroaten Borna Coric nach einer mehr als dreistündigen Energieleistung mit 1:6, 7:6 (7:5), 7:6 (7:1), 6:3 nieder und wartet nun auf den Spanier Pablo Carreno Busta, der den Kanadier Denis Shapovalov mit 3:6, 7:6 (7:5), 7:6 (7:4), 0:6, 6:3 besiegte.
"Ich bin im Halbfinale, aber ich denke, ich kann immer noch ein paar Sachen verbessern, und das gibt mir Selbstvertrauen. Ich will hier definitiv nicht aufhören", sagte Zverev nach seinem Sieg. Die Chance auf den Titel ist größer denn je: Nach der Disqualifikation des Weltranglisten-Ersten und Topfavoriten Novak Djokovic bei den US Open biete sich nun "eine riesige Chance", sagte Zverev. "Wir werden einen neuen Grand-Slam-Champion haben. Das ist das einzige, was wir sicher wissen. Es gibt viele Spieler, die hungrig sind."
Passiver Start
Zverev startete überraschend verhalten und viel zu passiv ins vierte Grand-Slam-Viertelfinale seiner Karriere. Coric, Nummer 27 der Setzliste, spielte genau das Tennis, das Zverev nicht mag: Er zwang seinen Gegner in lange Ballwechsel und nahm immer wieder clever das Tempo aus dem Spiel.
Zverev reagierte wie von Coric erhofft. Der 23-Jährige machte Fehler über Fehler, zudem wirkte er seltsam emotionslos und ließ sich weit hinter die Grundlinie zurückfallen. "Je länger der Ballwechsel, umso schlechter für Sascha", stellte Eurosport-Experte Boris Becker fest und monierte Zverevs "viel zu passive Spielweise". Und noch eins passte nicht in Zverevs Spiel: Der Aufschlag, vor allem der erste, in den letzten Spielen ein sicherer Erfolgsgarant, ließ den Hamburger weitgehend im Stich.
Boris Becker würde durchdrehen
Mit drei Doppelfehlern im vierten Spiel des ersten Satzes kassierte Zverev das erste Break zum 1:3, nach 24 Minuten war der erste Satz mit 6:1 bei Coric. Im fünften Spiel des zweiten Durchgangs zeigte Zverev erstmals Emotionen. Er legte sich mit Stuhlschiedsrichterin Eva Asderaki an, weil diese ihm angeblich einen korrekten Punktgewinn nicht zugesprochen hatte.
Wenig später regte sich Zverev darüber auf, dass Coric in einem Satz zweimal den Platz verließ, um seine durchgeschwitzten Sachen zu wechseln. "Das kannst du doch hier machen", rief er Coric zu. Dessen Antwort: "Ich musste auch die Hose wechseln." Becker gab Zverev recht: "Ich würde durchdrehen."
Trotz aller Widrigkeiten schaffte Zverev den Satzausgleich. Nach 1:40 Stunden machte er den Punkt zum 7:5 im Tiebreak. "Das war so wichtig", sagte Becker, blieb aber bei seiner Kritik: "Er spielt immer noch zu passiv, vor allem auf den zweiten Aufschlag von Coric muss er mehr draufgehen."
Eine Stunde dauerte der dritte Satz, es ging erneut in den Tiebreak, aber dieses Mal machte es Zverev mit dem 7:1 zur 2:1-Satzführung deutlich weniger spannend. Im dritten Durchgang sah sich Zverev wieder mehr in der Defensive, im fünften Spiel musste er zwei Breakbälle abwehren, holte sich dann aber seinerseits das entscheidende Break zum 5:3.
Quelle: ntv.de, Peter Hutchison & Angela Bern, sid