Formel1

Formel-1-Lehren aus Monza Das "Monster" kostet Verstappen noch den WM-Titel

Völlig bedient: Max Verstappen.

Völlig bedient: Max Verstappen.

(Foto: IMAGO/ANP)

Bei Red Bull gehen so langsam die Lichter aus. Das alles beherrschende Team der Vorjahre ist gerade dabei, die nächsten sicher geglaubten WM-Titel in der Formel 1 wegzuwerfen. Max Verstappen ist mächtig angefressen - und auch ein Ex-Weltmeister sieht größte Gefahr.

Naturtalent Verstappen ist chancenlos

"Letztes Jahr hatten wir ein großartiges Auto, das dominanteste Auto aller Zeiten, und wir haben es im Grunde in ein Monster verwandelt." Max Verstappen schiebt nach seinem sechsten Platz beim Großen Preis von Monza gehörig Frust, die Krise bei Red Bull wird immer heftiger. Sechs Rennen ohne Sieg, der Rückstand auf der Strecke zu McLaren und Ferrari wird immer größer. "Alles war zu langsam", sagte der dreimalige Formel-1-Weltmeister. Eigentlich habe gar nichts funktioniert: "Strategie nicht, Pace generell natürlich nicht und die Pitstopps waren auch schlecht", urteilte Verstappen.

Die Dominanz ist dahin. Red Bull, zu Saisonbeginn von den Schlagzeilen um Teamchef Christian Horner und einem internen Machtkampf geprägt, wird aus Sicht von Verstappen zum Sorgenfall der Formel 1. "Wenn wir nichts am Auto ändern, wird es von jetzt an bis zum Ende der Saison schlecht aussehen", prophezeite der 26 Jahre alte Niederländer und forderte Maßnahmen vor dem nächsten Rennen in zwei Wochen in Aserbaidschan.

Einige der besten Ingenieure weg, das Auto ist nicht mehr dominant. Selbst ein Naturtalent wie Verstappen kann so nicht mehr seine Extraklasse ausspielen. Lösungen? Will das Team nun suchen. Ein konkreter Ansatz? Fehlanzeige. In der Konstrukteurs-WM dürfte Red Bull in dieser Form schon beim nächsten Rennen in Aserbaidschan von McLaren überholt werden, wenig später auch von Ferrari. Und auch Verstappens vierter Fahrertitel ist trotz weiter komfortabel erscheinenden 62 Punkten Vorsprung auf Lando Norris wohl in ernsthafter Gefahr. "Die Situation ist heftig - weil sie es nicht verstehen", sagte Ex-Weltmeister und Sky-Experte Nico Rosberg. "Sie gehen gerade immer weiter rückwärts und andere Teams wie McLaren machen einen phänomenalen Job. Es ist echt so - das hätte man nach den ersten Rennen nie gedacht - dass Red Bull beide Weltmeisterschaften noch verlieren kann."

McLaren verzichtet auf Stallorder - und auf Punkte

So richtig entschlossen, sich den Fahrertitel zu holen, scheint die McLaren-Teamführung allerdings nicht zu sein. In Monza nämlich verzichtete der Kommandostand erneut auf einen Platztausch zwischen dem WM-Vierten Oscar Piastri und dem ersten Verstappen-Verfolger Lando Norris, sie kamen auf den Plätzen zwei und drei ins Ziel. Das ist ehrenwert und selten in diesen Zeiten, für den Briten Norris aber wird der Gewinn der WM so natürlich erschwert. Mit zwei Tauschmanövern in Budapest, wo Piastri seinen ersten Grand-Prix-Sieg feierte, und in Monza wäre er zehn Punkte näher dran an Verstappen - wenn das am Saisonende den Ausschlag gibt ...

Die Bosse Zak Brown und Andrea Stella stellen stets das Teamergebnis in den Vordergrund. Zu ihrer Philosophie gehört auch, dass sich beide Fahrer auf der Strecke bekämpfen dürfen, solange sie sich nicht berühren und den Erfolg des Teams schmälern. Bislang gelingt das, doch in Monza wurde es wirklich eng: Norris war über das resolute Überholmanöver von Piastri in der ersten Runde nicht glücklich, im Nachgang gab er zu Protokoll, nur durch sein Zurückziehen sei ein Crash verhindert worden: "Wir hätten in der Kurve locker beide rausfliegen können, wenn ich noch einen Meter später gebremst hätte." Auf diese Weise haben in der Formel 1 schon oft erbitterte Rivalitäten begonnen.

Ferrari als lachender Dritter

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Der lachende Dritte war am Sonntag das Team, wegen dem der Großteil der Fans in den Königlichen Park gekommen war. Ferrari ging praktisch alles oder nichts und wurde durch den Heimsieg belohnt. Es ist fast ein Treppenwitz, dass der Rennstall aus Maranello, der für dilettantische Entscheidungen und unnötige Fehler berühmt-berüchtigt ist, ausgerechnet über eine tollkühne Ein-Stopp-Strategie zum dritten Saisonsieg kam. So lebt auf einmal gar wieder der Traum von der ersten Team-WM seit 16 Jahren - auch wenn Sieger Charles Leclerc zurecht darauf hinwies, dass die Rennen zuvor eher ernüchternd verlaufen waren und die Scuderia nicht jede Woche ein Siegkandidat sein dürfte.

Hamilton ist nur noch Nebendarsteller

Am Renntag schlüpfte Mercedes in die ungeliebte Nebenrolle. Viel ging nicht, Rekordweltmeister Lewis Hamilton etwa fuhr ein unauffälliges letztes Italien-Rennen für den Stern, ehe ihm im kommenden Jahr in Monza als Ferrari-Pilot die Herzen der Tifosi zufliegen werden. Dafür gehörten dem Mercedes-Rennstall am Freitag und Samstag die Schlagzeilen. Erst flog der vielversprechende Teenager Andrea Kimi Antonelli in seinem ersten freien Training spektakulär ab, tags darauf erhielt er von Teamchef Toto Wolff das Vertrauen, dauerhaft in den Silberpfeil zu klettern: Der 18-jährige Antonelli übernimmt Hamiltons Cockpit 2025, der Plan sieht vor, dass dies nur ein Anfang ist. Wolff geht ins Risiko, und er versprüht große Freude über seinen eigenen Wagemut. Die Formel 1 profitiert auch, und zwar von einem frischen Gesicht, dem nicht wenige nachsagen, ein künftiger Weltmeister zu sein.

Quelle: ntv.de, ara/dpa/sid

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