Rempler bleibt folgenlos Fia "beschenkt" Vettel nach Hamilton-Angriff
04.07.2017, 17:33 Uhr
Einmal durchatmen - Sebastian Vettel hat von der Fia vermeintlich einen Geburtstagsbonus erhalten.
(Foto: AP)
Der Formel-1-Weltverband Fia lässt Vettel auf dem Weg zum WM-Titel weiter fahren. Allerdings muss der Ferrari-Pilot Abbitte leisten - und bei Nachwuchs-Rennserien helfen. Die internationale Presse ätzt gegen das seichte Urteil.
Nach dem "Geburtstagsgeschenk" der Fia ist nun Sebastian Vettel an der Reihe, der Formel 1 etwas zurückgeben. Fairness und Einsicht statt Rambo-Verhalten und Unbelehrbarkeit sind vom viermaligen Formel-1-Weltmeister nach dem Gnadenakt des Automobil-Weltverbandes gefordert. "Von jetzt an muss er die Nerven unter Kontrolle halten", schrieb selbst die dem Ferrari-Rennstall nahe stehende italienische Sporttageszeitung "Gazzetta dello Sport" passend.
Anstatt einer nachträglichen Disqualifikation oder Rennsperre gab es für den Heppenheimer in der Rammstoß-Affäre von Baku lediglich einen Rüffel. "Vettel kommt mit einer einfachen Rüge davon. Für seinen 30. Geburtstag hätte Sebastian kein besseres Geschenk bekommen können, auch wenn er sicher lieber anders gefeiert hätte", schrieb die Gazzetta weiter. "Corriere dello Sport" urteilte: "Zu seinem 30. Geburtstag erhält Sebastian die schlimmste Rüge seines Lebens." Ähnlich sehen es auch weitere Medien: "Die Fia wählt Milde für Vettel", titelte "L'Équipe" aus Frankreich. Die englische "Daily Mail" ätzte: "Zyniker werden die Tatenlosigkeit als 'Beweis' dafür sehen, dass die Fia in Wirklichkeit 'Ferrari International Assistance' bedeutet."
Abbitte wohl nicht ganz freiwillig
WM-Spitzenreiter Vettel muss nun den Beweis erbringen, dass seine Worte der Entschuldigung an Mercedes-Widersacher Lewis Hamilton und die Fia nicht bloß ein Lippenbekenntnis waren. "Ich liebe diesen Sport, und ich bin gewillt, ihn auf eine Weise zu repräsentieren, die ein gutes Beispiel für die nächsten Generationen sein kann", schrieb Vettel auf seiner Homepage: "In der Hitze des Gefechts habe ich überreagiert und deshalb möchte ich mich bei Lewis direkt entschuldigen und auch bei all jenen Menschen, die das Rennen gesehen haben."
Nur weil er so öffentlich Abbitte leistete, wurde Vettel an seinem Ehrentag von einem härteren Urteil verschont. Die Fia um Präsident Jean Todt verurteilte Vettel nach einer persönlichen Anhörung in Paris lediglich dazu, in den kommenden zwölf Monaten "erzieherische Aktivitäten" in den Nachwuchs-Rennserien zu erfüllen. Außerdem wurde er bis Ende des Jahres von den Kampagnen für Straßenverkehrssicherheit ausgeschlossen.
Hamilton reagiert nicht auf Vettels Entschuldigung
Die Fia-Entscheidung überrascht, denn der Heißsporn aus Hessen ist ein Wiederholungstäter und zeigte sich auch in Baku zunächst uneinsichtig und bockig wie ein kleines Kind. Erst am Montag, acht Tage nach der Entgleisung, nahm er doch noch die volle Schuld für den Vorfall auf sich. "Mir ist klar, dass ich kein gutes Beispiel abgegeben habe", so Vettel.
Der Heppenheimer dürfte die Erklärung allerdings nicht ganz aus freien Stücken abgegeben haben. Der Druck war in den vergangenen Tagen enorm gestiegen. Zweifel an seinem Gesinnungswandel sind nach den zahlreichen Verfehlungen in der Vergangenheit durchaus angebracht. Nicht vergessen sind die drastischen Beschimpfungen gegen Red-Bull-Fahrer Max Verstappen und Rennleiter Charlie Whiting ("Fuck off! Fuck off!") beim Großen Preis von Mexiko. Erst in diesem Jahr zeigte er in Sotschi Williams-Pilot Felipe Massa aus seinem Cockpit den Mittelfinger.
David Coulthard empfiehlt Milde
Nun war in Baku Lewis Hamilton dran, dem er mit voller Absicht ins Auto gefahren war. Der in den sozialen Medien normalerweise recht mitteilungsfreudige Hamilton, der in der WM 14 Punkte hinter Vettel liegt, reagierte auf Vettels Bitte um Verzeihung bislang noch nicht. Auch der Mercedes-Rennstall wollte sich am Dienstag nicht äußern. Hamilton dürfte am Donnerstag beim Medientag vor dem Großen Preis von Österreich erstmals Stellung beziehen.
Beim nächsten ähnlichen Vorfall dürfte Vettel direkt beim Weltrat der Fia vorgeladen werden, außerdem hat er bereits neun Strafpunkte in den vergangenen zwölf Monaten gesammelt, bei zwölf innerhalb eines Jahres folgt automatisch eine Sperre für ein Rennen. Am Sonntag (14 Uhr im Liveticker bei n-tv.de und bei RTL) steht der Hesse in Spielberg unter besonderer Beobachtung.
Für den früheren Formel-1-Piloten David Coulthard ist das Thema damit durch. "Wir sollten dieses Kapitel schließen", empfahl der Schotte, "und den Kampf zweier großartiger Champions genießen."
Quelle: ntv.de, Thomas Wolfer, sid