Williams, Force India, Sauber & Co. Hinterbänkler mit Ambitionen
12.03.2010, 14:41 Uhr
Youngster mit Ambitionen: Nico Hülkenberg hat sicher ein Lehrjahr vor sich. Aber sein Potenzial ist unbestritten - Er kann für Überraschungen sorgen.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
"Mit den Hinterbänklern kenne ich mich nicht aus", antwortete Niki Lauda im n-tv.de Interview auf die Frage, wie sich die Formel-1-Teams jenseits der großen Vier 2010 schlagen werden. Das mag ehrlich sein, wird Rennställen wie Williams, Renault und Sauber aber keineswegs gerecht. Das Mittelfeld scheint so breit und ausgeglichen besetzt wie selten, Überraschungen sind garantiert - positive wie negative.
Die Formel-1-Saison 2010 ist eine Dreiklassengesellschaft: Vorn streiten Mercedes, Ferrari, McLaren und Red Bull um Grand-Prix-Siege und WM-Titel, hinten kämpfen die Neulinge Virgin, Lotus und Hispania gegen die Null in der Punktestatistik. Dazwischen liegen fünf Teams, die ihre Rennen regelmäßig in den Punkten beenden und an richtig guten Wochenenden sogar mal einen Podestplatz schaffen können. Teams wie Force India, Sauber, Renault, Toro Rosso - oder Williams.
Die glorreichen Zeiten sind für Frank Williams und sein Team lange vorbei, Mittelmaß bestimmt die Gegenwart. Als der Brite 1978 mit seinem Rennstall in die Formel 1 startete, dauerte es bis zum ersten Fahrertitel gerademal zwei Jahre. In den Neunzigern war Williams mit vier Fahrer- und fünf Konstrukteurstiteln das dominierende Team. Inzwischen wartet der Rennstall seit sechs Jahren auf einen Grand-Prix-Sieg, letztmals triumphierte Juan Pablo Montoya 2004 in Brasilien.
Großes Potenzial bei Hülkenberg
Ein Hoffnungsträger ist Nicolas Hülkenberg, allgemein bekannt als Nico. Der neue Schützling des langjährigen Schumacher-Managers Willi Weber wurde bei Williams nach seinem Sieg in der GP2-Serie und dem Weggang von Nico Rosberg zu Mercedes vom Test- zum Stammpiloten befördert. Von Niki Lauda gab es im Interview mit n-tv.de viel Vorschusslorbeeren für den 22-jährigen Debütanten: "Nico Hülkenberg ist ein Topfahrer, keine Frage. Überall wo er bis jetzt gefahren ist hat er in kürzester Zeit alles gewonnen. Bessere Voraussetzungen kann er nicht mitbringen." Hülkenberg selbst mangelt es keineswegs an Selbstbewusstsein, er weiß, was er kann und war er noch alles lernen muss. Seine größte Sorge in dieser Saison ist deshalb, "dass unser Auto zu Beginn noch nicht schnell genug sein könnte".

Adiran Sutil hat mit dem Force India kein schlechtes Auto zur Verfügung. Schon im letzten Jahr konnten Punkte und ein Podestplatz eingefahren werden.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Stolz macht den 22-Jährigen, dass er sich nicht in die Formel 1 einkaufen musste. Das lässt sich von Witali Petrow, im vergangenen Jahr in der GP2-Serie Zweiter hinter Hülkenberg, nicht behaupten. Der 25-Jährige fährt 2010 für Renault, er ist der erste Russe in der Formel 1 und soll seine Landsleute für die Königsklasse begeistern - und damit den Weg für einen Grand Prix in Russland ebnen.
Erster Russe in der Formel 1
Mit offenen Armen wurde Petrow dennoch nicht empfangen, seinen Einstieg bei dem nur noch dem Namen nach als Werksteam firmierenden, tatsächlich jedoch von einer Investmentgesellschaft aus Luxemburg geführten Renault-Rennstall, musste er sich mit 15 Millionen Euro erkaufen. Angeblich hat Petrows Vater für die Mitgift Kredite aufgenommen und Haus und Hof als Sicherheit eingesetzt. Bei Renault legt man freilich Wert auf die Feststellung, dass allein Petrows fahrerisches Potenzial den Ausschlag für die Verpflichtung gegeben habe. Für die Punkte soll trotzdem Robert Kubica sorgen.
Die würde auch Adrian Sutil gerne wieder einfahren. Im letzten Jahr hat es für ihn nur einmal zu einer Platzierung in den Punkten gereicht. Das war aber immerhin ein vierter Platz. Dabei hat das Auto von Force India gegen Ende der Saison eine erstaunlich starke Performance an den Tag gelegt. Vom Topspeed her waren sie erstklassig. Sein Kollege Giancarlo Fisichella konnte sich in Spa sogar Platz zwei sichern.
Auch dieses Jahr traut man dem Team die ein oder andere Überraschung zu. Der positive Trend von 2009 soll dieses jahr fortgesetzt werden. Ein Grund für die Annahme, dass das klappen könnte ist die technische Partnerschaft mit McLaren und Mercedes. Das könnte vor allem in Sachen Stabilität einen Gewinn bringen. Selbst WM-Schlusslicht Toro Rosso schaffte es öfter in die Punkte als Force India.
Williams - das sagt F1-Experte Christian Danner
"Williams ist schwer einzuschätzen. Ich glaube, die haben ein gutes Auto fürs vordere Mittelfeld. Die Überraschung war, dass der Cosworth-Motor gut geht, ganz offensichtlich besser als alle gedacht haben. Bei den Fahrer haben sie eine herrliche Mischung: MIt Nico Hülkenberg ein Neuling und dazu ein Rubens Barrichello, der mehr Grand Prix gefahren hat als alle anderen. Das tut dem Team sicher gut und man kann solide Punkte erwarten. Aber um Rennsiege werden sie nicht mitfahren."
Das Team | |
Teamchef: Frank Williams | Pole Positions: 125 |
Budget: 90 Millionen | Chassis: Williams FW32 |
Angestellte: 500 | Motor: Cosworth CA2010 |
Starts (Siege): 613 (113) | Testfahrer: Valtteri Bottas |
Saisonstatistik 2009 | |
Konstrukteurs-WM: 10. mit 8 Punkten | Schnellste Rennrunden: 0 |
Siege: 0 | Podestplätze: 0 |
Pole Positions: 0 | Ausfälle: 6 |
Rubens Barrichello (Nr. 16) | Nico Hülkenberg |
Fahrerwertung: 3. mit 77 Punkten | Fahrerwertung: --- |
Siege: 2 | Siege: --- |
Podestplätze: 6 | Podestplätze: --- |
Pole Positions: 1 | Pole Positions: --- |
Bester Startplatz: 1. | Bester Startplatz: --- |
Bestes Rennergebnis: 1. | Bestes Rennergebnis: --- |
Toro Rosso - das sagt F1-Experte Christian Danner
"Eine echte Überraschung. Die mussten in diesem Jahr aufgrund der neuen Regularien zum ersten Mal ein eigenes Auto bauen und haben nicht einfach einen Red Bull hingestellt bekommen. Das war schon eine wahnsinnige Aufgabe, die sie zu lösen hatten. Und das was herausgekommen ist, ist überraschend positiv. Ich sehe das Auto durchaus punktefähig und denke, dass sie am Anfang im Qualifying durchaus in die Top Ten fahren können.
Von Sebastien Buemi halte ich trotz seiner erst 21 Jahre sehr viel, das ist ein richtig Guter. Jaime Algersuari hat sich letzes Jahr nicht gerade mit Ruhm bekleckert, er war wirklich echt schlecht und langsam, das muss man knallhart sagen.Die Tatsache, dass man ihm dieses Jahr eine weitere Chance gegeben hat, ist aber sehr vernünftig. Denn wenn ich schon in einen jungen Piloten investiere, dann muss ich ihm auch die Chance geben zu zeigen, was er gelernt hat. Er ist quasi ein weißes Blatt Papier: Er soll jetzt mal fahren und zeigen, was er kann."
Das Team | |
Teamchef: Franz Tost | Pole Positions: 1* |
Budget: 105 Millionen | Chassis: Toro Rosso STR5 |
Angestellte: 260 | Motor: Ferrari 056 |
Starts (Siege): 70 (1*) | Testfahrer: Brendon Hartley, Claudio Riccardo |
Saisonstatistik 2009 | |
Konstrukteurs-WM: 10. mit 8 Punkten | Schnellste Rennrunden: 0 |
Siege: 0 | Podestplätze: 0 |
Pole Positions: 0 | Ausfälle: 13 |
Sebastien Buemi (Nr. 16) | Jaime Alguersuari (Nr. 17) |
Fahrerwertung: 16. mit 6 Punkten | Fahrerwertung: 24. mit 0 Punkten** |
Siege: 0 | Siege: 0 |
Podestplätze: 0 | Podestplätze: 0 |
Pole Positions: 0 | Pole Positions: 0 |
Bester Startplatz: 6. | Bester Startplatz: 0 |
Bestes Rennergebnis: 7. | Bestes Rennergebnis: 14. |
* Für die einzige Pole Position und anschließend auch den einzigen Sieg sorgte Sebastian Vettel am 14. September 2008 ** Alguersuari ersetzte nach dem 9. WM-Lauf den Franzosen Sebastien Bourdais, erreichte bei den verbleibenden acht Läufen aber nur dreimal das Ziel |
Renault - das sagt F1-Experte Christian Danner
"Renault fährt technisch ein anderes Konzept und ist deshalb schwer einzuschätzen. Die fahren einen kürzeren Radstand und haben damit einen höheren Schwerpunkt. Wenn dieses Konzept verkehrt ist, was sich noch nicht abschätzen lässt, haben sie natürlich ein Riesenproblem. Ich sehe Renault auf jeden Fall nicht vorne, die Tests sahen nicht so toll aus.
Die haben gute Fahrer: Robert Kubica ist ein etablierter Fahrer, mit Witali Petrow haben sie einen guten Russen im Auto, ist auch mal etwas Neues. Petrow kann auf jeden Fall was, der ist sehr gut. Er ist nicht umsonst Vizemeister geworden in der GP2-Serie."
Das Team | |
Teamchef: Eric Boullier | Pole Positions: 51 |
Budget: 105 Millionen | Chassis: Renault R30 |
Angestellte: 500 | Motor: Renault RS27-2010 |
Starts (Siege): 262 (35) | Testfahrer: Ho-Pin Tung |
Saisonstatistik 2009 | |
Konstrukteurs-WM: 8. mit 26 Punkten | Schnellste Rennrunden: 2 |
Siege: 0 | Podestplätze: 1 |
Pole Positions: 1 | Ausfälle: 5 |
Robert Kubica (Nr. 11) | Witali Petrow (Nr. 12) |
Fahrerwertung: 14. mit 17 Punkten | Fahrerwertung: --- |
Siege: 0 | Siege: --- |
Podestplätze: 1 | Podestplätze: --- |
Pole Positions: 0 | Pole Positions: --- |
Bester Startplatz: 3. | Bester Startplatz: --- |
Bestes Rennergebnis: 2. | Bestes Rennergebnis: --- |
Force India - das sagt F1-Experte Christian Danner
"Ich gehe davon aus, dass Force India seine überragende Höchstgeschwindigkeit aus dem Vorjahr geopfert hat. Die zwei, drei Strecken, wo das unterm Strich etwas bringt, sind zuwenig. Du musst ein Auto bauen, das in der Summe stimmt, und dazu gehören 19 Rennen - das haben sie in diesem Jahr gemacht.
Wenn man sich danach richtet, was Adrian Sutil erzählt, dann ist das Auto sehr ordentlich. Sutil kann ja den Unterschied beurteilen zwischen dem Auto, das er im Vorjahr am Anfang unterm Hintern hatte, dem was ihm am Ende des Jahres zur Verfügung stand und dem, was er jetzt hat. Force India ist wie Williams ein Team fürs Mittelfeld, die werden aber nicht ganz nach vorne kommen. Zumal immer das Finanz-Damoklesschwert über dem Team hängt."
Das Team | |
Teamchef: Vijay Mallya | Pole Positions: 1 |
Budget: 80 Millionen | Chassis: Force India VJM03 |
Angestellte: 280 | Motor: Mercedes-Benz FO 108X |
Starts (Siege): 35 (0) | Testfahrer: Paul di Resta |
Saisonstatistik 2009 | |
Konstrukteurs-WM: 9. mit 13 Punkten | Schnellste Rennrunden: 1 |
Siege: 0 | Podestplätze: 1 |
Pole Positions: 1 | Ausfälle: 8 |
Adrian Sutil (Nr. 14) | Vitantanio Liuzzi (Nr. 15) |
Fahrerwertung: 17. mit 5 Punkten | Fahrerwertung: 22. mit 0 Punkten |
Siege: 0 | Siege: 0 |
Podestplätze: 0 | Podestplätze: 0 |
Pole Positions: 0 | Pole Positions: 0 |
Bester Startplatz: 2. | Bester Startplatz: 7 |
Bestes Rennergebnis: 4. | Bestes Rennergebnis: 11. |
Sauber - das sagt F1-Experte Christian Danner
"Das Auto ist ja eigentlich der BMW des Jahres 2010. Sie haben dieses Auto weiterentwickelt und versucht, aus den eklatanten Fehlern von BMW im Vorjahr zu lernen. Ob im Mittelfeld Toro Rosso, Sauber oder Force India die Nase vorn haben werden, lässt sich wirklich nicht abschätzen.
Aber der Sauber ist ein ganz tolles Auto, das ein Favoritenschreck sein kann. Wenn es dann einmal läuft, fährt der auf einmal auch ganz vorne"
Das Team | |
Teamchef: Peter Sauber | Pole Positions: 0 |
Budget: 75 Millionen | Chassis: Sauber C29 |
Angestellte: 260 | Motor: Ferrari 056 |
Starts (Siege): 215 (0) | Testfahrer: --- |
Saisonstatistik 2009 | |
Konstrukteurs-WM: 6. mit 36 Punkten | Schnellste Rennrunden: 1 |
Siege: 0 | Podestplätze: 2 |
Pole Positions: 0 | Ausfälle: 5 |
Pedro de la Rosa (Nr. 22) | Kamui Kobayashi (Nr. 23) |
Fahrerwertung: --- | Fahrerwertung: 18. mit 3 Punkten |
Siege: --- | Siege: 0 |
Podestplätze: --- | Podestplätze: 0 |
Pole Positions: --- | Pole Positions: 0 |
Bester Startplatz: --- | Bester Startplatz: 11. |
Bestes Rennergebnis: --- | Bestes Rennergebnis: 6. |
Alles zur Formel 1 |
Teamvorstellungen: |
Ferrari: Die Sucht nach Erfolg |
Mclaren: Das Jahr der Revanche |
Red Bull: Der Griff zum Titel |
Mercedes: Die Kunst des Machbaren |
Hintergründe: |
Interview mit Niki Lauda: Schumacher hat nichts zu verlieren |
Formel-1-Saison 2010: Rennkalender im Überblick |
Alle Cockpits vergeben: Die Fahrerpaarungen 2010 |
Erst Comeback, dann der Titel: Lauda & Prost haben's vorgemacht |
Der Aberglaube als Beifahrer: Schumachers Glücksbringer |
Quelle: ntv.de