"So können wir nicht weitermachen" Pirelli-Chef Hembery droht der Formel 1
06.09.2015, 23:32 Uhr
Die vergangenen beiden Wochen haben bei Paul Hembery merklich Spuren hinterlassen.
(Foto: imago/LAT Photographic)
Nach den Reifenplatzern in Spa und der darauf folgenden massiven Kritik an Hersteller Pirelli geht Motorsport-Direktor Paul Hembery in die Offensive. Für die Zukunft stellt er klare Forderungen und droht sogar mit dem Ausstieg aus der Formel 1.
Den Spaß an der Formel 1 hat Paul Hembery noch lange nicht verloren, aber die vergangenen beiden Wochen haben Spuren beim Motorsport-Direktor von Pirelli hinterlassen. "Die meiste Zeit gefällt mir mein Job", sagte der 49-Jährige im Interview mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) - mit einem leicht gequälten Lächeln. Nach der heftigen Kritik von Sebastian Vettel beim Rennen in Spa ist Pirelli in die Offensive gegangen, stellt für die Zukunft klare Forderungen - und droht mit dem Ausstieg.
"Wenn die Teams es diesmal nicht verstanden haben, müssen sie sich ab 2017 einen anderen Ausrüster suchen", sagte Hembery. Pirelli könne "nicht vernünftig testen, wir können keine Reifen auf ein aktuelles Formel-1-Auto packen und Entwicklungsarbeit betreiben. Das muss sich ändern in der Zukunft. Zudem müssen die Fahrer in unser Testprogramm involviert sein", so Hembery: "Das wird essentiell sein, wenn wir ab 2017 weitermachen wollen. Im Grunde können wir 2017 nicht weitermachen, wenn diese Dinge nicht passieren. Das wäre das Ende. Mit den angedachten größeren Reifen muss es die Möglichkeit für den Ausrüster geben, ein Produkt zu entwickeln, welches uns erlaubt, das zu liefern, was gefordert wird."
Klare Worte. Die nach den Reifenplatzern von Nico Rosberg und Vettel in Spa aber auch bitter nötig waren. Die Erklärungen, die Pirelli in Monza für die Vorfälle lieferte, stellten nicht alle im Fahrerlager zufrieden. Die hinter vorgehaltener Hand geäußerten Zweifel und die öffentliche Kritik machten den Italienern schwer zu schaffen.
Rückendeckung von Ecclestone
"Es kann manchmal ein sehr undankbarer Job sein", sagte Hembery: "Aber die Formel 1 ist ein guter Sport, in dem vieles stimmt. Das heißt aber nicht, dass es keine Dinge gibt, die man ändern könnte und sollte. Die Erwartungen müssen viel realistischer sein, basierend darauf, was wir machen können und was nicht." Rückendeckung erhielt Pirelli auch von Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, der zudem in einer "Elefantenrunde" im Vorfeld des Großen Preises von Italien Teams und Topfahrer an die Kandare nahm.
Für Hembery ist diese Unterstützung vor allem "wichtig für den Sport. Sollten wir nicht weitermachen, brauchen sie ja trotzdem einen Reifenausrüster. Und wenn sich andere Leute angucken, was hier manchmal passiert, könnten sie den Eindruck gewinnen, dass es nicht möglich ist, den Job so zu machen, wie man es möchte. Die Formel 1 muss zeigen, dass sie mit Partnern arbeiten kann."
Ab 2017, wenn auch der neue Vertragszyklus des neuen beziehungsweise alten Reifenausrüsters beginnt, sollen sich die Fahrzeuge nach dem Willen der Verantwortlichen drastisch verändern. Vor allem, um die Fans zurückzugewinnen. Hembery hat aber für die Zukunft nicht nur die Autos im Blick. "Die Autos werden anders aussehen, schneller sein. Das ist das, was die Leute wollen. Aber es geht nicht nur um die Autos, es geht auch um die Persönlichkeiten im Sport. Die Fahrer müssen mehr zu Stars werden, zu allgemein bekannten Superstars", so der Engländer.
Sein Landsmann, Weltmeister und Monza-Sieger Lewis Hamilton, sei so ein Typ, "er ist sehr präsent, in den Medien, im Showbusiness. Davon brauchen wir mehr. Wir müssen dafür sorgen, dass wir 20 Superstars haben." Überhaupt müsse "der Fahrer der König sein. Die Leute wollen ihre Helden, die sie auf ein Podest stellen können."
Quelle: ntv.de, Patrick Storzer, sid