"Richtiger Ort" für Vielfalthelm Vettel kritisiert Erdoğans Türkei-Regime
13.11.2020, 19:16 UhrFormel-1-Star Sebastian Vettel setzt ein Zeichen für Toleranz: Der Ferrari-Pilot geht in Istanbul mit einem Diversitäts-Helm an den Start und erklärt, die Türkei sei der "richtige Ort" für die Nachricht. Das ist durchaus brisant, denn Präsident Erdoğan unterstützt immer wieder Hass auf Homosexualität.
Regenbogenfahne statt Deutschlandfahne: Formel-1-Star Sebastian Vettel ging ins Freie Training beim Großen Preis von Istanbul mit einem eigens für das Renn-Wochenende designten Helm. Quer über den Kopfschutz prangt ein riesiger Regenbogen. Normalerweise hat der Ferrari-Pilot diese Stelle in Schwarz, Rot und Gold lackiert. Am unteren Rand des Helms tummeln sich die Abbildungen von einer Vielzahl von Menschen, alle in unterschiedlichen Hautfarben und Facetten. Oben auf der Haube steht geschrieben: "together as one" ("zusammen als eins").
Vettel will mit dem Helm ein Zeichen für sexuelle und ethnische Vielfalt, Zusammenhalt und Toleranz setzen - und gegen Diskriminierung. Im Interview mit RTL/ntv erklärte er nach dem Training, die Nachricht sei entscheidend: "Wir haben am Anfang der Saison viel über das Thema gesprochen, aber wie immer geht so etwas schnell verloren." Das solle jetzt aber gerade nicht passieren, so der viermalige F1-Weltmeister. Die Türkei sei vor allem "der richtige Ort um die Nachricht zu senden, Stichwort Diversity."
Auf die Nachfrage, warum der GP von Istanbul der richtige Ort für die Toleranz-Nachricht sei, wollte Vettel aber nicht mehr antworten außer: "Ich glaube, das erklärt sich von selbst". Man müsse "die Scheuklappen wegnehmen" und "akzeptieren, dass es Unterschiede gibt, aber dass man eben keine Unterschiede macht, sondern jeden so nimmt, wie er ist", sagte er weiter. Man sollte Menschen nicht in irgendwelche Schubladen aufgrund von äußerlichen Merkmalen stecken, so der Heppenheimer.
Erdoğan und Prediger ätzen gegen Homosexuelle
Helmdesigner Jens Munser schrieb auf seinem Twitteraccount, die Vielfalts-Botschaft liege Vettel "in diesen schwierigen Zeiten sehr am Herzen" und der Regenbogen solle "als Symbol für die Vielfalt der Menschen in einer vereinten und harmonischen Welt" verstanden werden. Seit den 1970er-Jahren ist die Regenbogenfahne nicht nur ein generelles Zeichen für Toleranz und Akzeptanz, sondern auch ein internationales schwul-lesbisches Symbol.
Zwar ist die Türkei eines der tolerantesten islamischen Länder in Sachen Homosexualität, aber das heißt nur, dass Homosexualität kein Straftatbestand mehr ist und einige wenige Stars sie offen ausleben dürfen. In weiten Teilen des Staates sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften tabu, homosexuelle Menschen werden diskriminiert und es kommt zu Gewalttaten gegen sie. Ende April sorgte eine Predigt des obersten Islamgelehrten Ali Erbas für Aufsehen, als er Homosexualität mit dem Coronavirus in Verbindung stellte und erklärte, ihr Sinn sei es, "Krankheiten zu verbreiten und Generationen verfaulen zu lassen". Die Worte Erbas seien für gläubige türkische Sunniten verpflichtend, hatte danach Präsident Recep Tayyip Erdoğan erklärt: "Was er sagte, ist vollkommen richtig." Seit 2015 findet die Regenbogen-Parade, der Gay-Pride-March, in Istanbul nicht mehr statt.
In dieser Saison protestierte Weltmeister Lewis Hamilton immer wieder mit Aktionen und Kniefällen für "Black Lives Matter". Vettel zeigte auch ebenfalls Flagge, unterstützte die BLM-Botschaft und ging vor den Rennen aufs Knie.
Quelle: ntv.de