Corona Schuld am Vertragsende? Vettel serviert Ferrari seine eiskalte Rache
03.07.2020, 15:47 Uhr
Zwar in Ferrari-Rot, aber wohl vor allem für sich selbst kämpfend: Sebastian Vettel.
(Foto: REUTERS)
Die einstige Liebe endet eiskalt: Ferrari serviert Sebastian Vettel klassisch einfach ab. Das offenbart der Formel-1-Pilot bei RTL/ntv - und stellt seinen Noch-Arbeitgeber ins Abseits. Teamchef Mattia Binotto rudert nach der Ansage kleinlaut, aber ebenso verklausuliert zurück.
Die Liebe ist dahin. Das konnten die Glückwünsche von Ferrari an Geburtstagskind Sebastian Vettel ebenso wenig kaschieren wie die relativierenden Worte des Heppenheimers an die Adresse des Noch-Arbeitgebers. Er wolle "nicht nachtreten", beteuerte der gekränkte Star-Pilot Vettel, "das ist nicht meine Art und nicht mein Stil".
Zuvor hatte der viermalige Formel-1-Weltmeister mit wohlüberlegten Worten allerdings eine Bombe platzen lassen. "Die letzten Monate war es eigentlich sehr klar und deutlich, dass man gemeinsam weitermachen will. Anfang Mai hatte ich dann ein Telefonat, in dem mir klar wurde, dass das Team nicht gewillt ist, weiterzumachen. Das war natürlich ein Schock und kam überraschend", sagte Vettel bei RTL/ntv.
Und nicht nur das legte Vettel, der seit Bekanntgabe der Trennung 51 Tage lang geschwiegen hatte, offen. Auch Gespräche habe es nicht gegeben, denn "es lag kein Angebot auf dem Tisch". Das sind bemerkenswerte Aussagen und Anschuldigungen, schließlich hatte Ferrari-Teamchef Mattia Binotto im Mai noch von einer Entscheidung gesprochen, "die gemeinsam von uns und Sebastian getroffen wurde, eine Entscheidung, die beide Parteien für das Beste halten".
Am Freitag ruderte der 50-Jährige auf Nachfrage zurück: "Wir mussten unsere Entscheidung überdenken. Ja, er war überrascht", sagte der Italiener und begründete diesen Schritt recht schwammig mit dem Einfluss des Coronavirus, Veränderungen im Reglement und Anpassungen bei der Ausgabenobergrenze. Zuvor hatte bereits RTL-Experte und Ex-Weltmeister Nico Rosberg spekuliert, dass hinter dem Aus "noch andere Gründe dahinterstecken" müssen "und das wissen wir alles nicht, daher ist das schwierig zu kommentieren". Er sagte der Mediengruppe weiter: "Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Ferrari einen viermaligen Weltmeister einfach nicht mehr will, das macht keinen Sinn, weil er einer der besten Fahrer ist."
Vettel fährt nun für sich
Vettel, das glauben viele im Fahrerlager, wird in der am Sonntag (15.10 Uhr/RTL, Sky sowie im ntv.de-Liveticker) mit dem Großen Preis von Österreich beginnenden Saison vor allem für sich fahren. "Natürlich schaue ich als Fahrer auf meine Ergebnisse", erklärte Vettel selbst: "Am Ende des Tages fahren wir aber alle für ein Team. Sollte sich die Situation so entwickeln, dass einer vom anderen Hilfe braucht, erwarte ich das von beiden Seiten. Da spielen Verträge keine Rolle."
Und auch die reichlich vorhandenen Defizite im Team könnte Vettel nun in ungewohnter Deutlichkeit ansprechen. Seit seiner Ankunft 2015 war das anders. Ob Technikpanne oder Strategie-Desaster, der Heppenheimer ging mit jedem Fehler "seiner" Scuderia in der Öffentlichkeit nachsichtig um. Vettel gab Rückendeckung, die er bei eigenen Fehlern zuletzt kaum noch erhielt.
Bei der Vertragsverlängerung mit Youngster Charles Leclerc bis 2024 wurde endgültig klar, dass man beim "Cavallino Rampante" auf ein anderes Pferd setzt. Der einst gefeierte Deutsche, seit Freitag 33 Jahre alt, will sich auf seine eigene Zukunft noch nicht festlegen. Den Weltmeisterrennstall Mercedes bezeichnete Vettel als "Option".
Ein Sabbatical mit anschließendem Comeback zur Saison 2022 schloss der Hesse dagegen nahezu aus: "Wenn man bereit ist, die Tür zu schließen, dann sollte man nicht erwarten, dass sie sich noch einmal öffnet." Vettels Bewerbungsphase um die vage Chance auf ein Mercedes-Cockpit beginnt an diesem Wochenende.
Allerdings steht der Ausgang wohl schon fest: Mercedes-Teamchef Toto Wolff sagte bei Sky über seine Fahrer Lewis Hamilton und Valtteri Bottas: "Ich gehe davon aus, dass wir mit Lewis und Valtteri weitermachen." Er wolle "Sebastian nicht abschreiben", aber: "Wir sind sehr glücklich mit unseren Fahrern."
Quelle: ntv.de, ara/sid