Theoretisch gut, praktisch holprig Vettels Ferrari ersehnt den F1-Durchbruch
14.05.2016, 09:31 Uhr
Sebastian Vettel
(Foto: dpa)
Mercedes und Ferrari auf Augenhöhe? Mehr Spannung in der Formel 1? Die Hoffnungen sind groß vor der Saison, doch sie halten der Realität bisher nicht stand. Ein Zwischenfazit vorm Auftakt der Europa-Saison fällt für Sebastian Vettel unerfreulich aus.
Der holprige Saisonstart hat seine Spuren hinterlassen bei Sebastian Vettel, auf graue Theorie hat der Ferrari-Pilot keine Lust mehr. "Auf dem Papier sehen wir eigentlich stark aus", sagte der 28-Jährige vor dem Großen Preis von Spanien: "Aber wir fahren leider nicht auf Papier, wir fahren auf Asphalt." Und egal, ob in Australien, Bahrain, China oder Russland - auf dem Asphalt führte auch zu Beginn dieser neuen Saison kein Weg vorbei am Weltmeister-Team Mercedes mit Spitzenreiter Nico Rosberg und Titelverteidiger Lewis Hamilton. Vier Siege und viermal die Pole Position für die Branchenführer, die Hoffnungen der Formel 1 auf mehr Spannung nach zwei Jahren silberner Dominanz sind erst mal verpufft.

Widrige Umstände verhinderten bislang, dass Ferrari sein Potenzial voll ausspielen konnte.
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Für die Königsklasse war dieser Saisonstart ein Rückschlag, denn nur ein echter Kampf Silber gegen Rot würde die Zuschauerzahlen wohl wieder spürbar steigen lassen. Auf dem Papier, wie Vettel sagt, schien dieser tatsächlich möglich, noch im März hatten alle Beteiligten ein so dringend benötigtes enges Duell herbeigeredet. Doch zum Auftakt der Europa-Saison in Barcelona (Sonntag, 14.00 Uhr/RTL und n-tv.de Liveticker) ist klar, dass die beiden Topteams auch in diesem Jahr nicht auf Augenhöhe antreten. Der Scuderia fehlen auf einer schnellen Runde weiter einige Zehntel auf Mercedes, für den Kampf um den Titel reicht das wohl nicht mehr.
Und doch ist alles nicht so deutlich, wie es wirken mag, Ferrari ist in der Tat näher gekommen. Es gibt Dinge, die schon in Barcelona und auch für die kommenden Wochen auf mehr Wettbewerb hoffen lassen. Bei den vergangenen drei Rennen in Bahrain, China und Russland kamen die Kurse den Silberpfeilen entgegen, "das sind Mercedes-Strecken", sagt Vettel. In Katalonien und anschließend in Monaco ist das anders: "Die Kurse, die jetzt kommen, sind ein Bruch." Im freien Training am Freitag lief Vettels "Margherita" schon mal problemlos, und mit nur drei Hundertstel-Sekunden Rückstand gelang dem Hessen die zweitbeste Zeit des Tages hinter Rosberg. Zudem hätte Ferrari auch auf den ungeliebten Strecken deutlich besser abschneiden können, wären die technischen Probleme an beiden Autos nicht gewesen - und hätte der Russe Daniil Kwjat Vettel nicht wiederholt in Unfälle verwickelt.
"Natürlich haben wir noch einiges zu tun, wir sind nicht da, wo wir sein wollen", sagt auch Vettels Teamkollege Kimi Räikkönen, "aber es ist wirklich kein Desaster. Die puren Ergebnisse lügen, wir werden das jetzt in den Griff bekommen." Ein weiterer Indikator für Ferraris Stärke könnten zudem die Probleme bei Mercedes sein, die Champions sind nicht mehr unverwundbar. Während Rosberg weitgehend problemlos von Sieg zu Sieg eilt, wird Hamilton immer wieder zurückgeworfen, Defekte im Energierückgewinnungssystem sorgen für Kopfzerbrechen bei den Silberpfeilen. Das ist neu, noch in der Vorbereitung lief der W07 Hybrid wie ein Uhrwerk.
Laut Mercedes-Sportchef Toto Wolff ist das eine direkte Folge des Drucks, der von Ferrari ausgeht. "Sie haben im Winter einen großen Schritt gemacht", sagt der Österreicher, "deshalb müssen auch wir an unsere Grenzen gehen. Wir müssen sie ausloten, und genau das passiert gerade."
Bekommt Ferrari seine Leistung zuverlässig auf die Strecke, könnte es also doch noch eine buntere Siegerliste geben in diesem Jahr. Leider ist all das bislang aber graue Theorie.
Quelle: ntv.de, Thomas Weitekamp, sid