Der ultimative n-tv.de EM-Wegweiser Der Brexit beginnt, Ronaldo ehrfürchtig

Ob er tatsächlich noch elf Versuche hat? Ronaldo nach einem seiner vielen geblockten Torschüsse

Ob er tatsächlich noch elf Versuche hat? Ronaldo nach einem seiner vielen geblockten Torschüsse

(Foto: picture alliance / dpa)

Endlich EM-Achtelfinale, endlich wieder Fußball - nach zwei unendlich langen Tagen. Cristiano Ronaldo ist gerade rechtzeitig in Topform für einen Turnierfavoriten, die Briten hauen sich gegenseitig raus - und Polens Anti-Will-Grigg sollte so langsam Feuer fangen.

Was liegt heute an?

Achtelfinals bei einer Europameisterschaft, daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Netterweise hat die Uefa heute und morgen gleich drei davon angesetzt, da fällt die Umstellung gar nicht so schwer. Um 15 Uhr (ZDF) machen die Schweiz und Polen in Saint-Étienne den ersten Viertelfinalisten unter sich aus, bevor um 18 Uhr (ARD) der Brexit aus der Euro beginnt, wenn sich Wales und Nordirland in Paris gegenüberstehen. Kroatien und Portugal spielen um 21 Uhr (ZDF) in Lens gegeneinander.

Wenn Sie nur Zeit für ein Spiel haben, dann …

… schauen Sie sich das auf dem Papier höchstklassige Duell des linken Turniertableaus an. Auslosung und Vorrunde haben ja bekanntlich einen Bruch im Teilnehmerfeld verursacht: Für die Teams auf der linken Seite ist es, als dürften sie bei der Tour de France den Weg nach Paris ohne Bergetappen absolvieren. Und dann stehen sich die beiden wohl stärksten Mannschaften auch noch gleich heute im Achtelfinale gegenüber - Cristiano Ronaldo, gerade rechtzeitig wieder in seiner ganz alltäglichen Gala-Form, trifft mit Portugal auf Kroatien. Der WM-Dritte von 1998 hat im letzten Gruppenspiel Spanien die erste Euro-Niederlage seit 2004 zugefügt, was die Brust so breit werden ließ, dass die Kroaten von Glück sagen können, dass ihr Ausrüster nicht Puma heißt. "Wir sind eins der besten Teams bei dieser EM. Unser Mittelfeld ist eindeutig das stärkste hier", sagt Stürmer Nikola Kalinic, und es fällt schwer, da zu widersprechen. Gegen Portugal könnte auch der überragende Luka Modric wieder zurückkehren, zumindest absolvierte der Madrilene das Abschlusstraining. Mit Milan Badelj, Marcelo Brozovic, Ivan Rakitic und Ivan Perisic bildet er ein Mittelfeld, das auch Ronaldo allerhöchsten Respekt abnötigt. "Kroatien hat eine super Mannschaft", sagt der Superstar, der mit einem Tor den EM-Rekord von Michel Platini (neun Treffer) einstellen könnte. Bislang wucherte CR7 mit seinen Chancen, stolze 11 seiner 19 Torschüsse wurden schlicht geblockt, die höchste Zahl aller Spieler bei der Euro. Nach seiner Leistungsexplosion gegen Ungarn gibt sich die portugiesische Mannschaft aber angriffslustig: "Gebt ihm noch 11 Versuche, dann werdet ihr schon sehen!", twitterte der Verband.

Was verursacht noch EM-Herzrasen?

Gareth Bale lässt seit Turnierbeginn die Herzen der Waliser höher schlagen. Er ist der erste Spieler seit Milan Baros und Ruud van Nistelrooy, der in allen drei Vorrundenspielen treffen konnte. Ein County in Wales hat sich schon nach ihm benannt - geht der EM-Traum auch im britischen Bruderduell mit Nordirland so weiter, heißen wohl bald alle Neugeborenen in Wales Gareth. Mit der Favoritenrolle kann der Star von Real Madrid aber nichts anfangen: "Das können andere so sehen", erklärte Bale. "Für uns ist das unwichtig. Wir wissen, dass wir so wie immer auf den Platz gehen müssen, um das Spiel zu gewinnen."

Einen klaren Favoriten gibt es zwischen der Schweiz und Polen nicht. Beide haben bislang aus einer soliden Defensive heraus agiert - die Polen haben noch gar keinen Treffer kassiert, die Schweiz nur ein Tor durch einen Elfmeter gegen Rumänien. Die Probleme liegen in der Offensive. Bei den Eidgenossen hat Haris Seferovic schon mehr Torchancen vergeben als in der ganzen Rückrunde bei der Eintracht, und bei den Polen spielt einer mit, der eigentlich einer der besten Stürmer der Welt sein soll, derzeit aber so etwas ist wie der Anti-Will-Grigg: sowas von not on fire. Robert Lewandowski hat noch keinen einzigen Torschuss abgegeben. Zwar lobte Trainer Adam Nawalka den Münchner für das Arbeitspensum "einer Dampflok", und tatsächlich füllt Lewandowski zweieinhalb Positionen aus. Aber letztlich soll ein Stürmer, zumal einer seiner Klasse, Tore schießen. Es wäre ein guter Zeitpunkt, damit anzufangen.

Angeberwissen für das Public Viewing

Die Nordiren haben es ins Achtelfinale geschafft, obwohl sie in der Vorrunde in vier Schlüsselkategorien das Schlusslicht aller EM-Teams waren: Beim Ballbesitz (nur 28 Prozent im Durchschnitt, Deutschland kam auf 71 Prozent), bei den Schüssen aufs Tor (17, Portugal versuchte 70), bei den meisten erfolgreichen Pässen (416, die Spanier schafften 1871) und der Passgenauigkeit im Angriffsdrittel (42 Prozent, die besten waren mal wieder die Spanier mit 83 Prozent)

Die Zahl des Tages: 71

Endlich können wir das Jammern über den neuen EM-Modus einstellen, endlich geht es in der K.o.-Runde schlicht um Alles oder Nichts. So einfach, so schön kann Fußball sein. Noch einfacher und schöner wäre er ohne Verbände wie die Uefa. Die hat mit einer unseligen Entscheidung dafür gesorgt, dass im Achtelfinale satte 71 Spieler von einer Gelb-Sperre bedroht sind - in einem Turnier, das mit 3,58 gelben Karten pro Spiel fairer verläuft als die EM 2012 (4,04). Allerdings reichen dieses Jahr schon zwei gelbe Karten für eine Sperre. Das führt zum Beispiel dazu, dass acht Kroaten mit Vorsicht in das Achtelfinale gegen Portugal gehen müssen. Die "Spitzenreiter": Italien mit zehn Vorbelasteten. Man stelle sich vor, Italien setzt sich in einem hart umkämpften Match gegen Spanien durch und trifft dann auf Deutschland – ohne Gianluigi Buffon, Leonardo Bonucci, Giorgio Chiellini, Andrea Barzagli und Daniele de Rossi. Das wäre vielleicht gut für die DFB-Elf, aber sicher schlecht für den Fußball.

Das EM-Histörchen des Tages: 25. Juni 1988

Michael Jordan, der beste Basketballer aller Zeiten, hat viele Momente für die Ewigkeit geschaffen. Einer der bekanntesten ist sein Wurf in letzter Sekunde über Craig Ehlo im Mai 1989, der unter Basketball-Fans ehrfürchtig "The Shot" genannt wird. Wenn ein Treffer im Fußball den Ehrentitel "der Schuss" verdient, dann wahrscheinlich Marco van Bastens Volley im EM-Finale 1988. Die Niederlande hatten den Auftakt ins Turnier vermasselt, gegen die UdSSR setzte es ein 0:1. Doch Siege gegen England, Irland und im Halbfinale gegen Gastgeber Deutschland führten die Elftal ins Finale, wo wieder die Sowjetunion wartete. Ruud Gullit brachte die überlegenen Niederländer in der 33. Minute in Führung. Zehn Minuten nach der Halbzeit dann der große Auftritt von van Basten: Eine hohe Flanke von linksaußen bretterte der Stürmer volley aus spitzem Winkel ins linke Eck. Van Basten stand dabei nur zwei Meter vor dem Aus, die Schusskurve verlief fast parallel zur Linie. Ein Geniestreich, den van Basten später so erklärte: "Ich war schon müde, ich wollte den Ball nicht stoppen und dribbeln, also habe ich es einfach versucht." Das 2:0 bedeutete die Vorentscheidung, die Niederlande holten sich ihren ersten und bislang einzigen großen Titel.

Das Bonmot zum Spieltag

"Brexit? Das ist ein Tanz, oder?" Erst morgen mit Spanien dran, aber immer auf der Höhe der Zeit: Nolito. Es sei zu seiner Ehrenrettung gesagt, dass er diese Antwort mit einem Lächeln gab – vielleicht war es also nur ein Spaß.

Quelle: ntv.de

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