"Schatten auf der Meisterschaft" Erdoğan schimpft im Flugzeug nach Türkei-Aus über UEFA
07.07.2024, 17:18 Uhr Artikel anhören
Erdoğan auf der Tribüne des Berliner Olympiastadions.
(Foto: IMAGO/HMB-Media)
Für das EM-Viertelfinale der türkischen Fußballer reist Präsident Recep Tayyip Erdoğan kurzfristig nach Berlin. Im Olympiastadion sieht er eine knappe Niederlage gegen die Niederlande. Auf dem Rückflug beklagt er eine unfaire Behandlung seiner Mannschaft durch die UEFA.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat nach dem EM-Aus die Strafe für Merih Demiral wegen der sogenannten Wolfsgruß-Geste scharf kritisiert. "Um es ganz klar auszudrücken: Die Zwei-Spiele-Sperre der UEFA für Merih hat einen ernsthaften Schatten auf die Meisterschaft geworfen", sagte der Staatschef zu Journalisten auf dem Rückflug vom Viertelfinale in Berlin gegen die Niederlande (1:2) laut der Nachrichtenagentur Anadolu. "Dies ist nicht zu erklären, es ist eine rein politische Entscheidung", führte Erdoğan weiter aus: "Tatsächlich handelt es sich um eine Strafe für die Türkei als Nation."
Demiral hatte im Achtelfinale gegen Österreich (2:1), in dem er die türkischen Tore erzielt hatte, das Handzeichen der rechtsextremen und ultranationalistischen Organisation "Graue Wölfe" gezeigt. Daraufhin war der 26-Jährige von der Europäischen Fußball-Union (UEFA) für zwei Spiele gesperrt worden. Davon habe sich das Team aber nicht beirren lassen. "Unsere Nationalmannschaft hat auf das ihr angetane Unrecht mit spektakulärem Fußball auf dem Feld reagiert", meinte Erdoğan.
Erdoğan schüttelt Hände in der Mannschaftskabine
Weder die Organisation noch der Gruß sind in Deutschland verboten. Die "Grauen Wölfe" stehen allerdings unter der Beobachtung des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Der Wolfsgruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit oder das Sympathisieren mit der türkischen rechtsextremen Ülkücü-Bewegung und ihrer Ideologie aus. In der Türkei wird er etwa von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung unter Präsident Erdoğan ist.
Vor seinem Rückflug hatte das türkische Staatsoberhaupt die Spieler in der Kabine besucht, ihnen die Hände geschüttelt und Trost wegen des Viertelfinal-Aus gespendet. "Ich gratuliere euch allen. Auch wenn wir heute hier dieses Ergebnis erzielt haben, seid ihr unsere Champions", hatte Erdoğan seinen Landsleuten gesagt. Auch die Hand des gesperrten Demiral schüttelte der Präsident, wie TV-Bilder zeigten.
Demiral hatte zuvor jegliche "versteckte Botschaft" hinter seiner Geste verneint. "Wie ich gefeiert habe, hat etwas mit meiner türkischen Identität zu tun", sagte er nach dem Spiel gegen Österreich. Der Vorfall schlug hohe Wellen und führte zu politischen Spannungen, unter anderem bestellten Deutschland und die Türkei die jeweiligen Botschafter ein.
Quelle: ntv.de, tsi/sid/dpa