Wie geht's für den DFB weiter? Es gäbe so viele Wege zum EM-Titel
22.06.2021, 20:22 Uhr
Die deutsche Nationalmannschaft hat beste Karten, bei der Fußball-EM die Gruppenphase zu überstehen - und dann geht das Turnier ja erst so richtig los. In der K.-o.-Runde kann jedes Spiel das letzte sein. Auch, wenn noch vieles offen ist, sind schon Plan- und Gedankenspiele erlaubt.
Robin Gosens (so die öffentliche Wahrnehmung) sei Dank: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat den Einzug in die K.-o.-Runde der Europameisterschaft am Mittwoch gegen Ungarn (21 Uhr/ ARD und im Liveticker auf ntv.de) weiter selbst in der Hand. Das 4:2 gegen Portugal, das durchaus dazu angetan war, viel Vertrauen und Sympathien des Fußball-Volkes und der angeschlossenen Experten zurückzugewinnen, sorgt dafür, dass in der "Hammergruppe" F für das DFB-Team am letzten Spieltag der Gruppenphase alles möglich ist - buchstäblich. Gruppensieg, starker Zweiter, zitternder Dritter oder das Vorrunden-Aus. Ein Überblick, wie es nach dem Vorrundenfinale für die Mannschaft von Joachim Löw weitergehen könnte.
Klar ist die Sache, wenn Deutschland gegen Ungarn verliert und Portugal gegen Frankreich mindestens einen Punkt holt: Dann schließt Deutschland die Gruppe F als Letzter ab, die Ära von Joachim Löw als Bundestrainer geht nach 15 Jahren mit der größtmöglichen Katastrophe zu Ende. Löw hatte ja angekündigt, dass nach der EM für ihn beim DFB Schluss ist. Es wäre ein Ende mit Schrecken. Wahrscheinlicher ist allerdings das Weiterkommen, dafür hat schon die UEFA mit der Aufstockung auf 24 Teams gesorgt: 16 davon überstehen die Gruppenphase.
Wie geht es weiter, wenn Deutschland die "Todesgruppe" gewinnt?
Gewinnt Deutschland die Gruppe, geht es am kommenden Montag (21 Uhr) in Bukarest weiter. Gegner in Rumänien wäre einer der vier besten Gruppendritten. Die Zuteilung erfolgt nach einem von der UEFA vorab festgelegten Schlüssel, der sich danach richtet, aus welchen Gruppen die vier fürs Achtelfinale qualifizierten Dritten stammen - dafür gab es mal 15 mögliche Szenarien, inzwischen sind es vor den letzten Gruppenspielen noch zehn. Es steht immerhin schon fest, dass der Weg durchs Turnier für die deutsche Mannschaft dann über ein Team aus den Gruppen A, B oder C führen würde.
Dritter der Gruppe A und bereits sicher für das Achtelfinale qualifiziert, ist die Schweiz. In den Gruppen B und C müssen Finnland und die Ukraine zittern. Eine dieser drei Mannschaften wäre also in Bukarest der kommende Gegner - wenn Deutschland die Gruppe F gewinnt. Finnland ist bei seiner ersten EM-Teilnahme neben Nordmazedonien der größtmögliche Außenseiter, die Ukraine enttäuschte in der Gruppenphase. Und auch die ambitionierte Schweiz, die die EM mit zwölf Bundesligaprofis im Kader bestreitet, tut sich noch schwer.
Im Viertelfinale würde am 3. Juli in St. Petersburg der Sieger aus der Begegnung der Zweiten der Gruppen D und E warten. Die Tschechen schlossen Gruppe D hinter England ab, in der noch völlig offenen Gruppe E dürfen (oder müssen) das arg um Form und Punkte kämpfende Spanien, Robert Lewandowskis Polen und Außenseiter Slowakei auf Platz zwei hoffen. Die Schweden können nur noch Erster oder Dritter werden, scheiden damit als Viertelfinalgegner der deutschen Mannschaft also aus.
Was passiert, wenn Deutschland Zweiter in der Gruppe F wird?
In englischen Hauptstadt würde der Gruppensieger der Gruppe D auf die DFB-Auswahl warten: Den spielten England und Tschechien in London aus - und die so hoch gehandelten aber bislang eher enttäuschenden Engländer gewannen 1:0. Damit sicherte sich England auch das Heim-Achtelfinale in Wembley, die Tschechen müssen auf Reisen gehen. Denn der Sieger der Gruppe D trifft am kommenden Dienstag eben in London auf den Zweiten der Gruppe F. Der Zweite Tschechien und der Dritte Kroatien sind ebenfalls fürs Achtelfinale qualifiziert, für den weiteren Verlauf der Europameisterschaft der deutschen Mannschaft könnten beide aber erst in einem eventuellen gemeinsamen Endspiel eine Rolle spielen - wenn Deutschland die Gruppe F als Zweiter abschließt.
In einem möglichen Viertelfinale wartete dann in Rom im Stadio Olimpico der Sieger der Gruppe E (Schweden, Slowakei oder Spanien) oder ein Gruppendritter aus den Gruppen A (Schweiz), B (Finnland), C (Ukraine) oder D (England, Kroatien, Schottland, Tschechien). Die Route London-Rom würde im Erfolgsfalle wieder zurück nach London führen, wo - nach derzeitigem Stand noch - die Halbfinals und das Endspiel ausgetragen werden.
Im Halbfinale wäre der mögliche Gegner Italien, der einzige der Titelfavoriten, der sich bisher uneingeschränkt als solcher präsentiert. Die Italiener sind seit 30 Partien ungeschlagen, ihre Vorrundengruppe A gewannen sie mit drei Siegen und ohne Gegentor.
London-Rom-London: Es wäre die goldene Route zum erfolgreichen Abschluss der Ära Löw. Die Städte haben - anders als Bukarest und St. Petersburg - einen großen Klang in der DFB-Historie: Im Stadio Olimpico köpfte Horst Hrubesch mit einem Doppelpack Deutschland 1980 zum zweiten Europameistertitel, der heutige DFB-Direktor Oliver Bierhoff sorgte 1996 mit seinem "Golden Goal" in Wembley für die dritte kontinentale Meisterschaft. Und 1966 fiel dort (k)ein Tor, das bis heute Teil der deutschen Fußball-Folklore ist. Das alte Wembley-Stadion freilich wurde 2003 abgerissen. Das letzte Tor überhaupt an dieser historischen Stätte erzielte: Dietmar Hamann, beim 1:0 der deutschen Nationalmannschaft gegen England.
Wo geht es hin, wenn sich Deutschland als Dritter weiterzittert?
Nach der starken Leistung gegen Portugal, mit der eine Idee von Euphorie rund um die Nationalmannschaft zurückgekehrt ist, will sich niemand damit beschäftigen, es scheint undenkbar, aber es ist rechnerisch möglich: Deutschland kann auch noch Dritter werden. Mit einer eigenen Niederlage gegen Ungarn und einer Niederlage Portugals gegen Frankreich. Dann müsste der DFB-Tross entweder nach Sevilla reisen, um dort am Montag (21 Uhr) gegen die Niederlande zu spielen - oder nach Budapest fliegen, um gegen Belgien ums Viertelfinale zu kämpfen. Das wiederum würde immerhin in München stattfinden. Dort hieße der Gegner dann Italien oder Österreich. Es wäre der schwerstmögliche Weg. Aber sie haben es ja gegen Ungarn selbst in der Hand.
Quelle: ntv.de, ter