DFB-Star muss Sohn adoptieren Den nervigsten Kampf blendet Svenja Huth bei der WM aus

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Svenja Huth hat vor der WM allen Grund zur Freude: Ihre Frau erwartet das erste gemeinsame Kind. Doch Deutschland macht es den beiden schwer. Ähnlich anstrengend sind für die Allrounderin der DFB-Elf die Fragen nach ihrer Position. Verraten will Huth dazu aus taktischen Gründen allerdings möglichst wenig.

Beim DFB-Team läuft nicht immer alles nach Plan, aber auch aus erfreulichen Gründen. Die Aufmerksamkeit für die Fußballerinnen ist selbst auf ihrer abgeschiedenen und abgeschotteten Hotelanlage, noch abseits des kleinen Örtchens Wyong, vorhanden. Eigentlich wollte sie sich mit Felicitas Rauch auf die Terrasse setzen und etwas für ihr Studium lernen, doch daraus wurde nichts, erzählt Vize-Kapitänin Svenja Huth: Sie wurden zum Mittelpunkt einer Rentnergruppe, die auf dem benachbarten Golfplatz unterwegs war. "Wir sind sofort ins Gespräch gekommen, haben noch ein Bild für ihre Facebook-Seite gemacht. Sie haben uns alle die Daumen gedrückt und gesagt, dass es toll wäre, wenn Deutschland und Australien irgendwann gegeneinander spielen."

Die Stimmung passt also im Land des Co-Gastgebers dieser Fußball-Weltmeisterschaft, sie passt auch bei der deutschen Delegation, die gleich mehrere Highlights am gestrigen Abend hatte. Erst konnten die Spielerinnen Kängurus aus nächster Nähe beobachten und sogar füttern, dann gab es bei Nachos die ersehnten Auftaktspiele im TV zu sehen. "Es war wunder-, wunderschön. Die Zeremonie von beiden war ein Gefühl, wo man merkt, jetzt geht's los", sagt Torhüterin Ann-Katrin Berger. "Jetzt ist die Vorfreude nochmal viel, viel größer. Das war vorher doch zu lang für mich."

Vor neun Tagen ist das DFB-Team in Australien angekommen, seitdem bereiten sich die Spielerinnen meist im Verborgenen auf ihr erstes WM-Spiel gegen Marokko (24. Juli, 10.30/ZDF und ntv.de-Liveticker) vor. Nur 15 Minuten jedes Trainings sind öffentlich, danach werden alle Medienvertreter hinauskomplimentiert. Zu wenig zu sehen also, um wirklich zu wissen, was trainiert wird, welche Taktiken vorbereitet werden. Ob die Deutschen etwa in der Abwehr mit Vierer- oder Dreierkette auflaufen werden. Und ob Huth nun auf ihrer angestammten Position auf dem rechten Flügel oder doch, wie zuletzt beim verpatzten Testspiel gegen Sambia (2:3), als rechte Verteidigerin spielen wird. Viel Gesprächsbedarf für die Journalisten, doch Huth will möglichst wenig verraten bei der Pressekonferenz. Bei der dritten Nachfrage rutscht ihr ein leicht genervtes "Mann" heraus, was für Lacher sorgt.

Im Angriff oder als Rechtsverteidigerin?

Huths Einsatz gegen Sambia in der Defensive kam überraschend für die Öffentlichkeit. "Für mich kam es nicht ganz so überraschend, weil wir im Austausch waren. Da auch die Frage gefallen ist, ob ich mir das vorstellen könnte", erklärt sie rückblickend. "Die Position ist mir nicht gänzlich unbekannt, weil ich sie zu Frankfurter Zeiten gespielt habe." Allerdings wechselte sie bereits 2015 vom 1. FFC Frankfurt zu Turbine Potsdam, seit 2019 spielt die inzwischen 32-Jährige jetzt schon beim VfL Wolfsburg. "Ich haue alles rein, gebe alles, um der Mannschaft zu helfen. Mir war klar, dass ich da spiele, wo die Trainerin mich aufstellt", bemüht sie eine Floskel.

Huth betont lieber das Positive, als mit ihrer potenziellen neuen Rolle zu hadern. Sie wisse im Spielaufbau, was sich die Vorderleute wünschen und außerdem gehe es darum, variabel zu bleiben. "Diese Variabilität von Spielerinnen, aber auch von der Positionierung, bringt viele Gegner in die Verzweiflung und da müssen wir hinkommen. Wenn wir statisch in den Positionen sind, wird es einfach, uns zu verteidigen. Das müssen wir uns immer vor Augen halten."

Gegen Sambia verrichtete Huth ihre Aufgabe solide und sorgt damit dafür, dass Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg das Ungleichgewicht im Kader zwischen Defensive und Offensive etwas ausgleichen kann. Denn die Alternativen auf den Verteidigerpositionen sind deutlich geringer als im Angriff. Auf der Außenbahn, ihrer angestammten Position, könnten "eine Nici Anyomi, eine Jule Brand, eine Sydney Lohmann" spielen, so Huth selbst. In der Defensive dagegen klafft auf rechts nach dem Ausfall von Giulia Gwinn, die nach ihrem zweiten Kreuzbandriss noch mit Blick auf die Zukunft geschont wird, eine Lücke. Die EM-Formation mit der Spielerin, die es auf rechts hinten ins Allstar-Team des Turniers schaffte, ist auseinandergebrochen. Als Alternative steht mit der Frankfurterin Sophia Kleinherne eine Rechtsverteidigerin im Aufgebot, die die Spielpraxis auf dieser Position hat. Doch unter Voss-Tecklenburg gehört die 23-Jährige bislang nicht zum Stammpersonal.

Mit WM-Titel Mutter werden?

Und so könnte auf Huth in Australien tatsächlich diese ungewohnte Rolle zukommen. Sie versucht tunlichst, es weder zu bestätigen noch zu negieren. Worüber sie dagegen offener spricht, ist ihr Privatleben. Im vergangenen Jahr fuhr sie als frisch gebackene Ehefrau nach England zur EM, nun steht im September die Geburt ihres ersten Kindes an. Ihre Frau Laura ist schwanger. In der Doku "Born for this" (ZDF-Mediathek) sprechen die beiden über den Weg dorthin, der kein leichter war. Weil es in Deutschland nicht möglich ist, dass beide Partnerinnen an der Entstehung des Kindes beteiligt sind, reisten die Huths dafür ins Ausland. "Es ist ein großes Projekt, was wir da angehen. Wir haben uns für eine Methode entschieden, die wir nur in Spanien, in Valencia, durchführen lassen konnten", so Laura Huth. Dafür wurden Svenja Huth nach der sogenannten ROPA-Methode Eizellen entnommen, befruchtet und schließlich Laura eingesetzt.

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Nach der Geburt ihres Sohnes ist sie Mutter - nur nicht nach dem deutschen Gesetz. Für ihre Gefühle gilt das selbstverständlich, dank ihrer Eizellen auch genetisch. In Spanien würden die beiden Ehefrauen sofort als Mütter anerkannt werden. Aber Deutschland macht es den beiden schwer. Die bürokratischen Hürden verlangen, dass die Nationalspielerin ihr Kind adoptiert. "Wir sind verheiratet, mehr Wunschkind geht eigentlich nicht. Da wünscht man sich schon mehr Gleichberechtigung", so Laura Huth. Svenja Huth ergänzt, dass es demütigend sei, dass sie als Mutter einen Drogentest machen und ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müsse, um ihr eigenes Kind zu adoptieren. Doch all der Ärger lohnt sich: "Wir merken schon Tritte und Bewegungen von unserem kleinen Sohn. Er erfüllt uns beide mit sehr viel Glück", so Svenja Huth.

Ihre Frau verrät dann auch noch freimütig einen Deal der beiden, der Svenja Huth zum Lachen bringt: "Der Plan ist schon, dass Svenja nach ihrer Karriere auch schwanger wird. Das kann sie sich noch nicht so richtig vorstellen." Ohnehin steht für die erfahrene DFB-Spielerin nun erst einmal die WM im Mittelpunkt. Ihre Frau hatte sie mit dem Satz "Bis in sechs Wochen" verabschiedet, sie hofft also auf den Weg bis ins Finale, bis zum WM-Titel. Das wäre doch mal was: als frisch gekürte Weltmeisterin zum ersten Mal Mutter zu werden.

Quelle: ntv.de

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