Nach Marokkos Halbfinaleinzug Fan bei WM-Feier in Mailand niedergestochen
11.12.2022, 10:10 Uhr
Von Essen bis nach Casablanca: Die marokkanischen Fans feierten ihren historischen WM-Erfolg.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Freude nach Marokkos historischem Einzug in das WM-Halbfinale ist gewaltig. Auch außerhalb der arabischen Welt werden die "Löwen vom Atlas" gefeiert. Teilweise eskalieren die spontanen Zusammenkünfte: In den Niederlanden und Belgien gibt es Festnahmen, in Mailand wird ein Fan niedergestochen.
Außer Rand und Band waren die marokkanischen Fußball-Fans nach dem WM-Halbfinaleinzug ihrer Mannschaft durch das 1:0 gegen Portugal in Doha. Tausende feierten auf den Straßen von Casablanca und anderen Städten des Landes, stolz wurde die Flagge geschwenkt. Immer wieder riefen die Anhänger überschwänglich: "Wir sind qualifiziert!" Erstmals gelang es einer afrikanischen Mannschaft, sich für das WM-Halbfinale zu qualifizieren.
Auch in Europa war die Freude groß. In Paris feierten ebenfalls viele Marokkaner auf den Champs Élysées den WM-Triumph, auch in Italien gab es Jubelfeiern der Nordafrikaner. Sie zündeten Böller und Feuerwerkskörper, trommelten lautstark und schwenkten die marokkanische Fahne auf den Straßen und Plätzen. Bei einer WM-Feier in Mailand wurde ein 30-Jähriger im Gedränge durch Messerstiche verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert. Berichten zufolge versuchte der Fan, einen Streit zu schlichten. Sein Zustand sei kritisch, hieß es in italienische Medien. In Bologna kam es zu Autokorsos und Hupkonzerten. In mehreren Städten der norditalienischen Region Ligurien, in der eine große marokkanische Gemeinschaft lebt, strömten Marokkaner auf die Straßen.
Festnahmen in den Niederlanden
Derweil eskalierten einige Siegesfeiern in niederländischen Großstädten. In Amsterdam, Rotterdam und Utrecht rückte die Bereitschaftspolizei am Samstagabend an, um auf den Straßen für Ordnung zu sorgen. In Amsterdam berichtete die Polizei von mehrere Festnahmen, nachdem Fans schwere Böller gezündet hatten. Die Menge wurde zum Räumen eines Bereichs aufgefordert. In Rotterdam gab es nach Polizeiangaben ebenfalls Festnahmen, ein zentraler Platz wurde von der Bereitschaftspolizei geräumt. Von Sachbeschädigungen berichtete die Polizei in Utrecht.
Bei Ausschreitungen in Brüssel hat die Polizei 60 Menschen festgenommen. Wie die belgische Nachrichtenagentur Belga in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf eine Polizeisprecherin berichtete, hätten Feiernde nach dem 1:0 über Portugal massiv Pyrotechnik eingesetzt. Kleine Gruppen hätten die Polizisten mit Gegenständen beworfen. Zunächst hätten die Feierlichkeiten friedlich begonnen, dann sei die Stimmung jedoch teils gekippt, berichtete Belga. Bereits bei vorherigen Siegen der Nordafrikaner war es in Brüssel zu Ausschreitungen durch Marokko-Anhänger gekommen.
Auch in Deutschland feierten viele Fans, dass eine afrikanische Mannschaft erstmals das Halbfinale einer Fußball-WM erreicht hatte. In der Düsseldorfer Innenstadt war eine riesige Menschenmenge zusammengekommen, ein dpa-Fotograf schätzte mehr als 2000 Fans. Es wurden Böller und Bengalos gezündet, Rauch lag über dem von vielen Nordafrikanern bewohnten Gebiet. Zahlreiche Polizisten waren im Einsatz.
In Dortmund und Essen ging es ruhiger zu. In der Innenstadt von Essen feierten nach Angaben eines Polizeisprechers etwa 300 Fußballfans. "Es wurde auch Pyrotechnik gezündet, aber insgesamt blieb alles friedlich", sagte der Sprecher am Abend. In Dortmund zog ein Autokorso mit einem Hupkonzert durch Stadt. Es wurden Bengalos und Böller gezündet und marokkanische Fahnen geschwenkt. In Hamm feierten nach Angaben der Polizei bis zu 500 Menschen in bester Laune. "Es herrschte durchgehend eine ausgelassene Feierstimmung - es wurde musiziert, getanzt und friedlich gefeiert. Es kam zu keinen Straftaten", lautete die Bilanz der Polizei.
In Frankfurt "blieb alles friedlich"
Tausende Fans haben in Frankfurt den Überraschungssieg der marokkanischen Mannschaft ausgiebig gefeiert. "In der Spitze waren bis zu 4000 Menschen dort", sagte ein Polizeisprecher am Samstagabend. Vereinzelt seien zwar Feuerwerkskörper gezündet worden. "Es blieb aber alles friedlich." Auch in Darmstadt und Rüsselsheim kam es zu spontanen Zusammenkünften von Fans der marokkanischen Mannschaft, wie das Polizeipräsidium Südhessen mitteilte. In Darmstadt feierten etwa 500 Menschen auf der Straße und mit Autokorsos. In Rüsselsheim trafen sich etwa 700 Personen. Dabei wurden auch Böller geworfen und Pyrotechnik gezündet. Verletzt worden sei aber niemand, teilte die Polizei mit.
Marokko selbst lag im Freudentaumel, mit Abpfiff setzten im Königreich die Jubelfeiern ein. In Casablanca waren die roten Flaggen mit dem grünen Stern überall in den Fenstern der Häuser zu sehen, auf den Märkten und den Ständen. An vielen Orten in der arabischen Welt wurde der Erfolg der Marokkaner zelebriert, so auch in Palästina, in Ost-Jerusalem, dem Gaza-Streifen und Ramallah. Dort wurde mit Feuerwerk, Jubelschreien und dem Getöse von laufstarken Hörnern der Sieg der Marokkaner gefeiert. In Marokko war auch immer wieder die Flagge Palästinas bei den Feierlichkeiten zu sehen.
Quelle: ntv.de, ses/dpa/sid