Fußball

Vogts grätscht, Schlümpfe stürmen Als Gladbachs Borussia noch Titel gewann

Der Kapitän geht voran: Berti Vogts führt am 29. März 1978 die Mönchengladbacher auf den Rasen des Düsseldorfer Rheinstadions. Dahinter: Torhüter Wolfgang Kleff und Jupp Heynckes.

Der Kapitän geht voran: Berti Vogts führt am 29. März 1978 die Mönchengladbacher auf den Rasen des Düsseldorfer Rheinstadions. Dahinter: Torhüter Wolfgang Kleff und Jupp Heynckes.

(Foto: imago sportfotodienst)

Exakt 13.699 Tage ist es her, dass Mönchengladbachs Fußballer zuletzt ein Heimspiel in Europas wichtigstem Pokalwettbewerb hatten. Damals gab es die FDP noch und der Kanzler hieß Helmut Schmidt. Nun kommt ManCity.

Erinnert sich noch jemand an den 29. März 1978? Vadder Abraham hatte gerade mit dem "Lied der Schlümpfe" die Wings und Paul McCartney mit "Mull of Kintyre" an der Spitze der deutschen Musikcharts abgelöst. Im deutschen Fernsehen liefen seit Beginn des Jahres die ersten Folgen der Krimiserie "Starsky & Hutch". Eine Party hieß noch Fete, der Bundeskanzler Helmut Schmidt, seine SPD regierte mit einer Partei namens FDP. Die deutschen Fußballer standen vor der Weltmeisterschaft in Argentinien. Und der VfL Borussia Mönchengladbach von 1900 hatte einen Platz im Europapokal der Landesmeister fest gebucht.

Mönchengladbach - Liverpool 2:1 (1:0)

Tore: 1:0 Hannes (28.), 1:1 Johnson (88.), 2:1 Bonhof (89.)
Borussia Mönchengladbach: Kleff - Vogts, Wohlers, Hannes, Bonhof, Nielsen, Wimmer, Kulik, Del´Haye, Lienen (ab 71. Danner), Heynckes. - Trainer: Lattek
FC Liverpool: Clemence - Neal, Thompson, Smith, Hughes, Kennedy, Case, McDermott (ab 62. Johnson), Callaghan, Dalglish, Heighway (ab 71. Souness). - Trainer: Paisley
Schiedsrichter: Carlo de Guruceta y Muro (Spanien)
Zuschauer am 29. März 1978 im Düsseldorfer Rheinstadion: 67.000

Ein Jahr zuvor, 1977, hatte die Elf vom Niederrhein zum dritten Mal hintereinander und zum fünften Mal insgesamt die Deutsche Meisterschaft gewonnen. Und an jenem 29. März 1978 bestritt sie ihr bislang letztes Heimspiel im höchsten Pokalwettbewerb des Kontinents - dem Vorläufer dessen, was heute Champions League heißt. Sie tat das nicht im Borussia Park vor den Toren der Stadt, wie heute (ab 20.45 Uhr im Liveticker auf n-tv.de) gegen Manchester City. Den gibt es ja erst seit 2004. Gespielt haben die Borussen und ihr Trainer Udo Lattek allerdings auch nicht im mittlerweile abgerissenen Stadion auf dem Bökelberg, sondern wie so oft bei Europacupspielen in den 70ern vor 67.000 Fans im Düsseldorfer Rheinstadion. Dort gab es mehr Geld zu verdienen, bot der Bökelberg doch nur halb so viel Platz. Und die Einnahmen aus den verkauften Eintrittskarten machten damals noch einen Großteil des Etats aus. Gegner war an diesem Mittwoch vor siebenunddreißigeinhalb Jahren - oder exakt 13.699 Tagen, wie das "Fohlenblog" ausgerechnet hat - ebenfalls ein englisches Team. Und ebenfalls war der Gegner der Favorit.

Es war das Ende einer Ära

Gegen den FC Liverpool hatte die Elf von Trainer Udo Lattek im Jahr zuvor das Endspiel in diesem Wettbewerb mit 1:3 verloren. Nun ging es darum, erneut das Finale zu erreichen. Nach dem Hinspiel sah es noch einigermaßen gut aus für die Mönchengladbacher. Wilfried Hannes nach 28 Minuten und Rainer Bonhof mit einem brachialen Freistoß kurz vor dem Abpfiff hatten für einen 2:1-Sieg der Mannschaft um Kapitän Berti Vogts gesorgt. Doch wirklich optimistisch ging die Borussia nicht ins Rückspiel zwei Wochen später an der Anfield Road, wo bis dato noch nie eine deutsche Mannschaft ein Tor erzielt hatte. Der Däne Allan Simonsen gab zu Protokoll: "Es ist eine kaum lösbare Aufgabe, aber Liverpool steht unter Erfolgszwang und könnte deshalb Fehler machen, die wir ausnutzen könnten." Und die "Rheinische Post" titelte: "Das Rückspiel in Liverpool wird fürchterlich".

Dem war so. Zumindest war die Borussia ohne echte Chance, die Reds gewannen mit 3:0 - und anschließend auch das Endspiel im Londoner Wembley Stadion gegen den FC Brügge. Der Borussia blieb im Saisonfinale der Bundesliga der vierte Titelgewinn in Folge verwehrt. Am Ende hatte sie nach dem letzten Spieltag am 29. April 1978 zwar ebenso viele Punkte wie der 1. FC Köln, doch der ungeliebte Nachbar eine um drei Treffer bessere Tordifferenz. Für die Gladbacher war's das erst einmal mit dem Europapokal der Landesmeister. Was damals noch keiner ahnte: Es war das Ende einer Ära, der Anfang vom Ende der Fohlenelf, die Hennes Weisweiler von 1964 an geformt und Lattek dann 1975 übernommen hatte. Mit ihm gewannen die Gladbacher 1979 noch einmal, zum zweiten Mal, den Uefa-Pokal.

Berti Vogts hatte damals schon geahnt, wie es weitergehen würde mit seiner Borussia: "Schaut euch den Pokal gut an. Es wird lange dauern, bis Borussia wieder einen Pokal-Titel erreichen wird." Und auch wenn es in dieser Saison - nicht zuletzt nach dem verkorksten Start und dem plötzlichen Abgang des Trainers Lucien Favre - wohl wieder nicht für einen Titel reichen wird: Die Mönchengladbacher sind zumindest wieder im Kreis der Besten in Europa. Wie damals, als die Schlümpfe die Hitparade stürmten.

Quelle: ntv.de

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