
Schalke 04 stürmt in die 2. Liga.
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Die Saison 2020/21 ist geprägt vom unaufhaltsamen Abstieg des FC Schalke 04. Am Ende kann immerhin die Übernahme des ewigen Minusrekords der Tasmania vermieden werden. Der FC Bayern wird souverän Meister und verpflichtet einen "Wettbewerbsvorteil auf zwei Beinen".
Es war fast Herbst, als die Bundesliga am 18. September endlich aus der Sommerpause kam. Doch schon nach vier Spielminuten war klar, dass auch in dieser Saison vermutlich alles beim Alten bleiben sollte. Dem Treffer von Serge Gnabry folgten noch sieben weitere an diesem lauen Spätsommerabend. Am Ende wies das erbarmungslose 8:0 des FC Bayern München - es war der höchste Sieg, der je in einem Bundesligaeröffnungsspiel erzielt wurde - den Weg des FC Schalke 04 in dieser Spielzeit. Die deprimierende Niederlage der Königsblauen beim Rekordmeister war der Beginn der traurigen, 34 Partien langen Abschiedstour der Mannschaft aus dem Ruhrgebiet hinunter in die Zweitklassigkeit.
Und das, obwohl die Schalker vom Start weg verzweifelt alles versuchten, um aus ihrem tiefen Jammertal wieder emporzusteigen. Bereits nach dem zweiten Spieltag wurde der erfolglose Trainer David Wagner (0 Punkte, 1:11 Tore) beim Tabellenletzten entlassen. Wagners Nachfolger Manuel Baum versuchte mit Poesie die Lage zu entspannen: "Wir sind wie eine neue Ketchupflasche, auf die man nach dem Öffnen noch einmal klopfen muss, damit etwas herauskommt. Wir klopfen noch." Doch es half alles nichts.
"Wir wollen unseren Rekord nicht verlieren"
Saisonübergreifend konnten die Männer vom Rudi-Assauer-Platz 1 in Gelsenkirchen 30 Spiele in Folge nicht gewinnen. Auf der "Jagd" nach dem Uraltpunkteminusrekord von Tasmania Berlin aus der Saison 1965/66 gelang den Königsblauen ausgerechnet in der 31. Begegnung am 15. Spieltag zu Hause gegen die TSG Hoffenheim der erste Sieg der Saison. Tasmanias aktueller Vorsitzender Almir Numic konnte aufatmen - hatte er doch vor der entscheidenden Partie gegen Hoffenheim noch gesagt: "Wir wollen unseren Rekord nicht verlieren. Das ist seit Jahrzehnten unser Rekord. Der gehört zur Tasmania-Identität."
Dennoch ging die Spielzeit als trauriger Höhepunkt eines kontinuierlichen Abwärtstrends der letzten Jahre in die Geschichte des FC Schalke 04 ein. Alle fünf Trainer dieser Saison - neben Wagner und Baum auch noch Christian Gross, Huub Stevens und Dimitrios Grammozis - holten zusammen nur 16 Punkte. 25 erzielte Tore und 86 kassierte Treffer waren zudem in beiden Kategorien der mit Abstand schlechteste Wert der Liga. Nach 33 Jahren stiegen die Königsblauen zum vierten Mal ab, und das völlig verdient. Überraschend kamen gerade aus der Stadt des ewigen Revierrivalen traurige Worte des Abschieds. Der neue Oberbürgermeister der Stadt Dortmund, Thomas Westphal, meinte: "Bundesliga ohne Derby - das ist wie Asterix und Obelix ohne Römer."
"Ich könnte Konfetti kotzen, so happy bin ich"
Im Tabellenkeller war die Spannung in diesem Jahr wieder einmal am Größten. Am 34. Spieltag kam es zu einem Dreikampf zwischen Arminia Bielefeld (32 Punkte), Werder Bremen (31) und dem 1. FC Köln (30). Da Bielefeld und Köln gewannen, musste auch Werder zu Hause Borussia Mönchengladbach schlagen. Doch das gelang nicht. Die 2:4-Niederlage und der daraus resultierende vorletzte Tabellenplatz bedeuteten nach 40-jähriger Ligazugehörigkeit den Abstieg des Vereins von der Weser. Köln rettete sich nach einer Heimpleite in der Relegation gegen Holstein Kiel schließlich durch einen souveränen 5:1-Auswärtserfolg bei den Störchen vor dem Gang in die zweite Liga.
Wieder einmal war die Saison geprägt von Corona. Die allermeisten Partien fanden ohne Zuschauer statt. Eine bedauerliche Situation für die Fans - besonders dann, wenn der eigene Klub auch noch etwas Herausragendes schaffte, aber man den Sieg nicht richtig auskosten konnte. So wie VfB-Stuttgart-Anhänger Bernd Sautter, der den 5:1-Triumph seines Vereins bei Borussia Dortmund so kommentierte: "10 Jahre lang wirst du als #VfB Fan montagmorgens bei der Arbeit mitleidig angeschaut. Und jetzt … Homeoffice." Aber vielleicht tröstete es ihn ein wenig, dass auch hohe Vereinsoffizielle den Sieg nur ordentlich auf Twitter feierten - wie Thomas Hitzslperger: "Ich könnte Konfetti kotzen, so happy bin ich über das, was ich gerade sehen durfte."
Lewandowski stellt neuen Fabelrekord auf
Ganz andere Probleme hatte der BVB nach dieser deutlichen Klatsche. Einen Tag nach der 1:5-Heimniederlage trennte sich Borussia Dortmund von Trainer Lucien Favre. Es übernahm Edin Terzić. Und der ehemalige Co-Trainer hatte am Anfang so seine Schwierigkeiten: "Als kleiner Junge war mein Traum, alt zu werden mit Fußball. Momentan sieht es eher so aus, als würde ich alt werden wegen Fußball." Doch nach sieben Siegen in Folge erreichte sein Team am Ende noch den dritten Platz.
Und die Bayern? Die feierten völlig zu Recht ihren Torjäger Robert Lewandowski und dessen einzigartigen Triumph. Mit seinen 41 Toren stellte der Pole einen neuen Fabelrekord auf - den bis dato Gerd Müller mit seinen unglaublichen 40 Treffern aus der Saison 1971/72 gehalten hatte. Der scheidende Coach, Hansi Flick, der nach der Spielzeit als Bundestrainer zum DFB wechselte, fand nach der Saison die für den FC Bayern München passenden Worte: "Dieses Jahr war es leider nur die Meisterschaft."
"Wenn Bayern oder Real anruft, hebt er ab"
Daran etwas ändern sollte in Zukunft der erste Transfer der Sommerpause. Für eine Rekordablöse verpflichtete der FC Bayern München Trainer Julian Nagelsmann - wie Leipzigs Vorstandsvorsitzender Oliver Mintzlaff stolz erzählte: "Da ich ein anständiger Geschäftsmann bin, haben wir nach der Anfrage die Gespräche geführt und die Latte für uns so hochgelegt, in der Hoffnung, dass es der FC Bayern nicht macht. Am Ende lagen 25 Millionen auf dem Tisch, und wir haben es gemacht."
Ex-Bundesligaprofi Ansgar Brinkmann hatte in Sachen Nagelsmann schon kurz zuvor gemutmaßt: "Wenn Bayern oder Real anruft, hebt er ab." Für den "weißen Brasilianer" war das alles ohnehin logisch: "Der ist einer von der schnellen Truppe. Hat sein Abi wahrscheinlich mit zwölf gemacht und deswegen seine erste feste Beziehung mit elf beendet. Als Trainer ist er ein Wettbewerbsvorteil auf zwei Beinen. Er ist der Beste, den wir in Deutschland haben. Klamottentechnisch ist er nah bei mir. Kreisklasse West." Dass auch diese Verpflichtung nicht für die Ewigkeit sein sollte, wusste damals natürlich noch niemand.
Quelle: ntv.de