Fußball

Interview mit Rouven Schröder Bashing gegen Mainz 05 ist "erschreckend"

Kritiker bei Mainz 05 richten ihren Unmut oft auf Trainer Sandro Schwarz (l.) und Sportvorstand Rouven Schröder.

Kritiker bei Mainz 05 richten ihren Unmut oft auf Trainer Sandro Schwarz (l.) und Sportvorstand Rouven Schröder.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Nach sechs sieglosen Pflichtspielen werden die kritischen Töne bei Fußball-Bundesligist Mainz 05 lauter - vor allem in den sozialen Netzwerken. Sportvorstand Rouven Schröder hat seine eigene Methode damit umzugehen. Vor dem Spiel an diesem Sonntag gegen den SV Werder Bremen (ab 18 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) erklärt er im Interview mit n-tv.de zudem, warum sich Diskretion auf dem Transfermarkt auszahlt.

n-tv.de: Das Aus im DFB-Pokal gegen den FC Augsburg kann man durchaus als bitter bezeichnen. Gibt es dennoch positive Dinge, die Sie aus der Niederlage mitnehmen?

Rouven Schröder: Ja, auch wenn das für den Außenstehenden und Fan vielleicht schwerer nachzuvollziehen ist. Wer sich in der Analyse das Spiel noch einmal anschaut, der bekommt ein anderes Gefühl. Das Spiel dürfen wir nicht mehr abgeben und verlieren. Wir hatten genügend Möglichkeiten, gute Umschaltaktionen und eigene Aktionen im Ballbesitz speziell in der ersten Halbzeit, waren da aber nicht konsequent, klar und effizient genug. Das fällt einem dann auf die Füße, weil Augsburg oftmals mit dem Stilmittel Flankenspiel arbeitet und stark bei Standards ist. Wir müssen den Sack früher zumachen. Und im Endeffekt tut das dann weh, weil wir viel Aufwand betrieben und uns für eine gute Leistung nicht belohnt haben.

Ist das dann ein schmerzlicher Lerneffekt für eine noch junge Mainzer Mannschaft?

Es ist wichtig, dass man eine Entwicklung nicht nur an positiven Dingen festmacht. Negative Erfahrungen gehören auch dazu. Davon dürfen wir uns nicht aus der Bahn werfen lassen. Wir haben uns entwickelt, in der Spielart und in der gesamten Gruppe. Aber wir müssen uns auch für gute Dinge belohnen. Es gibt nichts Schlimmeres als zu sagen, man hat ein gutes Spiel gemacht, aber im Endeffekt doch verloren.

Mainz ist seit sechs Pflichtspielen ohne Sieg. Eine Krise will sich der Verein nicht einreden lassen. Ist es dann von außen zu sehr aufgebauscht?

Das Ergebnis ist das, was jeder sichtbar messen kann. Aber ein Ergebnis allein gibt eine Entwicklung sowohl im Spiel als auch innerhalb einer Mannschaft nicht immer wieder. Wir müssen die einzelnen Spiele für uns bewerten und feststellen, woran es gelegen hat. Über eine Krise zu spekulieren, das führt zu nichts. Wir wollen da einfach fokussiert bleiben.

Die Kritik, die nach den nichtgewonnenen Spielen aufkommt, richtet sich häufig gegen Sie und Trainer Sandro Schwarz.

Facebook-Kommentare nach der Pokalniederlage in Augsburg.

Facebook-Kommentare nach der Pokalniederlage in Augsburg.

(Foto: Facebook/Mainz05)

Das ist nicht nur hier so und ein Stück weit ein normaler Mechanismus. Wir halten das aus und versuchen es von der Mannschaft wegzuhalten. Man darf es auch nicht zu nah an sich ranlassen. Dann denkt man nicht mehr rational und wird emotional. Gerade in den sozialen Netzwerken hat die Kritik anscheinend deutlich zugenommen. Da hilft nur eins: Nicht lesen.

Reflektieren Sie sich dann in Ihrem Beruf nicht zwingend über die Öffentlichkeit?

Man muss wissen, was man an sich ranlässt. Konstruktiver Kritik muss man sich stellen. Aber ich weiß nicht, ob man sich an Facebook-Kommentaren orientieren sollte.

Glauben Sie, Menschen verstecken sich dann hinter dem sozialen Netzwerk?

Ich glaube, das Portal ist gemacht, sich im Schutze einer gewissen Anonymität auszulassen - dem Gegenüber dabei ins Gesicht schauen muss man nicht. Wir hatten jüngst einen Fall, in dem sich eine Person mehrfach sehr kritisch geäußert hat - teilweise auch unter der Gürtellinie. Wir haben die Person dann angeschrieben und offiziell zu einem Gespräch eingeladen, um uns auszutauschen, doch darauf gemeldet hat er sich nicht.

Hat die Unruhe im Verein in den letzten beiden Jahren, die durch Personalwechsel auf Führungsebene entstanden ist, den Unmut bei den eigenen Anhängern gefördert?

Es wäre zu einfach, alles auf die letzten zwei Jahre zu schieben und zu sagen: Mainz 05 hat sich zu einem Bashing-Verein entwickelt. Dieser Trend des Bashings ist leider ein grundsätzliches Gesellschaftsthema geworden. Die Art und Weise, wie Leute in den sozialen Netzwerken teilweise aufeinander losgehen, ist oft nicht zielführend konstruktiv, sondern im Tonfall leider manchmal erschreckend.

Ist der Verein Mainz 05 an gewisse Grenzen gestoßen, was die Entwicklung von Mannschaft und Umfeld angeht?

In Mainz sind wir total stolz darauf, wie es in der Vergangenheit gelaufen ist. Aber wir müssen alle etwas dafür tun, dass es auch hier eine nötige Weiterentwicklung gibt. Wir sind in vielen Themenfeldern unterwegs und in den Vereinsstrukturen sind wir deutlich weiter gekommen. Mit Stefan Hofmann, Jan Lehmann und mir haben wir drei Leute im Vorstand, die versuchen Dinge in einer gewissen Ruhe umzusetzen. Mainz 05 hat eine tollte Perspektive. Davon bin ich zu hundert Prozent überzeugt. Ich habe ja betont, dass wir nicht mehr die kleinen Mainzer sind, eben weil wir etwas zu bieten haben. Dabei darf man aber trotzdem nicht vergessen, Dinge richtig einzuordnen. Der sportliche Bereich bleibt natürlich ergebnisgesteuert. Wenn wir gut spielen und punkten, haben wir auch mehr Ruhe im Verein.

Bis 2020 wurde Rouven Schröder bei Mainz 05 zum Sportvorstand gewählt.

Bis 2020 wurde Rouven Schröder bei Mainz 05 zum Sportvorstand gewählt.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Das sportliche Geschehen können Sie in der Saison nicht direkt beeinflussen, in der Kaderplanung sind sie dafür federführend. Von möglichen Transfers sickert nur wenig im Vorfeld durch. Was unterscheidet Mainz 05 in dieser Hinsicht von anderen Vereinen?

Verschwiegenheit ist in diesem Bereich das höchste Gut. Da weiß nur ein kleiner Kreis Bescheid. Wir haben nichts davon, wenn es Tage vorher durchsickert und dann ein anderer Verein dazwischen grätscht. Dadurch kann auch ein Transfer kaputtgehen.

Mit Spielern und Beratern kann der Verein allerdings zwei mögliche Quellen nie vollständig kontrollieren.

Im Vorfeld muss man einigermaßen darauf einwirken. Es kann natürlich immer etwas passieren. Es gibt Gerüchte, die bewusst gestreut werden, um eine Sache anzuheizen. Die Quellen sind oftmals nicht richtig. Es gibt auch Modelle, in denen der Berater interessiert ist, dass ein möglicher Wechsel rauskommt, damit der Spieler für einen anderen Verein interessant wird.

Wissen Sie dann in der Branche, wie welcher Berater tickt?

Im Transfergespräch entwickelt man ein Gefühl dafür, ob der Spieler wirklich zu uns will oder ob es genutzt wird, ihn woanders unterzubringen. Das ist aber ein ganz normaler Faktor, dass seine Interessengemeinschaft darum bemüht ist, der Welt zu vermitteln, dass mehrere Vereine an ihrem Zögling interessiert sind.

Vor wenigen Jahren hatte Mainz eine ganze Reihe an spanischsprachigen Spielern, aktuell ist französisch bei vielen Spielern die Mutternsprache. Ist das eine Form von Community-Building, das die Integration erleichtern soll?

Nein, wichtig ist, dass der Spieler von seinem Profil her zu uns passt. Ob Franzose, Spanier, Holländer - das spielt erstmal keine Rolle. Wir haben einen Teambetreuer installiert, der auch als Dolmetscher fungiert. Das sind alles Prozesse, die wir weiter anschieben, aber wir sagen nicht: Wir wollen jetzt fünf Franzosen verpflichten, um eine integrative Gruppe zu bilden.

Ein bestimmtes Profil muss der Spieler dann doch erfüllen. Was spielt da abseits der fußballerischen Fähigkeiten eine Rolle?

Wichtig ist der Charakter. Der Spieler muss Mainz 05 als richtigen Schritt und als kompletten Verein sehen, Bock auf die Bundesliga haben. Das herauszubekommen läuft bei Gesprächen mit den Spielern oft unterbewusst ab. Man spricht über Sportliches und Privates - das ergibt dann ein Gefühl, ob es passen könnte oder nicht.

Aber hat eine Spezialisierung auf den französischen Markt nicht auch Vorteile?

Paradebeispiel für Mainzer Transfergeschick auf dem französischen Markt: Abdou Diallo wurde vor der Saison für 28 Millionen Euro an den BVB verkauft.

Paradebeispiel für Mainzer Transfergeschick auf dem französischen Markt: Abdou Diallo wurde vor der Saison für 28 Millionen Euro an den BVB verkauft.

(Foto: imago/Team 2)

In Frankreich wissen mittlerweile viele, wer Mainz 05 ist. Abdou Diallo ist da ein Paradebeispiel dafür, dass Spieler wissen, dass man Mainz 05 als Sprungbrett zu einem ganz großen Verein nutzen kann. Das ist unser Verein nun mal und das ist nichts Verwerfliches. Von diesem möglichen Karriereweg zu erzählen, ohne ihn belegen zu können, wäre schwierig - aber wir können das zum Glück.

Durch die Pressekonferenz des FC Bayern München steht das Verhältnis zwischen Medien Vereinen zur Debatte. Sehen sie da ähnliche Problemfelder auf Seiten von Mainz 05?

Ich will die PK der Bayern so nicht bewerten. Man muss beide Seiten sehen und die Zwänge in Betracht ziehen, denen sowohl Verein als auch Journalisten unterliegen. Ich denke, dass wir in Mainz ein gutes Verhältnis zu den Medienvertretern haben. Selbst wenn es mal emotionaler oder lauter wird, gibt es die Möglichkeit, vernünftig darüber zu sprechen. Man schreibt oder spricht sich dann.

Der FC Bayern hat auch angekündigt, den Informationsfluss stärker regulieren und auch sanktionieren zu wollen. Sehen Sie da eine Form der gegenseitigen Kontrolle?

Es ist doch eigentlich ein Miteinander. Eine gewisse Freiheit sollte auf beiden Seiten da sein. Wenn sich jemand völlig verschrieben hat, kann man immer noch darüber sprechen.

Könnten Sie sich vorstellen, als Journalist tätig zu sein?

Nein. Wenn dann eher als geladener Experte oder Co-Kommentator.

Mit Rouven Schröder sprach Michael Bauer.

Quelle: ntv.de

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