Fußball

Ungarn schimpfen: "Unseriös!" Bayer Leverkusen kämpft um die Klub-WM

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Stanislaw Tschertschessow will den Titel verteidigen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das Europa-League-Spiel zwischen Bayer Leverkusen und Ferencvaors birgt eine besondere Brisanz. Bayer kann Ferencvaros den Titel des "inoffiziellen Klubweltmeisters" entreißen und ihn in die Bundesliga holen. "Eine unseriöse Statistik", sagen die Ungarn - eine schöne Spielerei, sagt ntv.de.

Der 9. Dezember 2021 war ein schwarzer Tag für den deutschen Fußball. Erst ein paar Tage zuvor hatte Bayer Leverkusen den Abstiegskandidaten Greuther Fürth mit 7:1 vom Platz gejagt, da schenkten sie an einem Donnerstag in Budapest den Weltmeistertitel her. Ausgerechnet Alissa Laidouni, der heutige Profi von Union Berlin, entriss der Bundesliga mit seinem Treffer zum 1:0 für die Ungarn den Titel des inoffiziellen Klub-Weltmeisters. Seither war er nicht mehr gesehen, verweilt ihn Ungarn. Am Freitag drückte eine ganze Nation, ohne dass sie es wusste, Ferencvaros die Daumen. Der Tabellenführer der ungarischen Liga durfte nicht gegen das siebtplatzierte Team Mezökövesd-Zsory SE verlieren. Sie lieferten. Knapp. Mit einem 1:1, aber sie lieferten eben. Heute (18:45 Uhr/RTL+ und im Liveticker auf ntv.de) in der Bay Arena in Leverkusen kommt es zur großen Titel-Revanche.

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Denn das 0:1 beim damals noch von Peter Stöger trainierten Traditionsverein Ferencvaros war vor über einem Jahr nichts weniger als ein Schock für die Bundesliga, die seit Bayerns 1:0 gegen Paris Saint-Germain im Finale der Champions League nahezu durchgehend den Titelträger der inoffiziellen Klub-Weltmeisterschaft gestellt hatte. Die meiste Zeit schmückte sich der deutsche Rekordmeister mit dem Titel, den er dann am 8. Januar 2021 bei der traditionellen Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach erst einmal für längere Zeit herschenken musste. Nachdem sich die Münchener mit einem 3:1 bei Werder Bremen im März 2021 erneut krönten, wanderte dieser kurz zurück nach Frankreich. Eben dort, in Frankreich, schied Bayern im April im Viertelfinale mit einem 1:0 in Paris zwar aus der Champions League aus, doch trugen sie den unter Statistikfans begehrten Titel zurück in die Liga. Und da verblieb er bis zu jenem schwarzen Tag am 9. Dezember 2021.

"Wollen uns nicht damit befassen"

Die inoffizielle Klub-Weltmeisterschaft? Was ist nur mit ntv.de los, fragen Sie sich jetzt. Jetzt übertreiben die endgültig! Nun. Es ist einfach eine schöne Spielerei und nicht alles, muss immer mit großen Pokalen und tollen Prämien belohnt werden. Hier haben nur ein paar Statistik-Liebhaber das alte Boxsport-Prinzip auf den Fußball übertragen. Es gibt nur einen Titel und der wird in jedem Spiel verteidigt. Die inoffizielle Klub-Weltmeisterschaft wird seit 2004 von einer handvoll Nerds aus England und Deutschland nachgehalten. Ausgehend vom ersten erzielten Tor in einem FA-Cup-Spiel zwischen Upton Park und den Clapham Rovers am 11. November 1871 geht es seitdem Woche für Woche um die Weltmeisterschaft. Auf die Clapham Rovers, dem ersten Titelträger, folgten die Wanderers. Mittlerweile sind über 5200 Titelmatches "ausgetragen" worden. Das Spiel Bayer Leverkusen gegen Ferencavros wird das Match Nummer 5244 sein.

In Ungarn aber geben sie nicht viel auf diesen Titel. "Der inoffizielle Titel ist uns bekannt", heißt es vom Klub auf ntv.de-Anfrage. Doch dann teilen sie aus gegen die Nerds, die sich mit ihren Daten die Zeit vertreiben und sicher das eine oder andere Lächeln auf die Gesichter der Fans zaubern: "Wir halten ihn aber für eine unseriöse Statistik und wollen uns damit nicht befassen." Verständlich, denn natürlich geht es für Ferencvaros auch darum, in der Europa League Eindruck zu hinterlassen und damit die finanzielle Grundlage für einen eventuellen Angriff auf die Qualifikation für die Gruppenphase der Champions League zu legen.

Denn der 33-fache ungarische Meister, der 24-malige nationale Pokalsieger ist ein seltener Gast in dem Wettbewerb. Trotz der seit 2019 anhaltenden Titelserie in der nationalen Meisterschaft qualifizierten sie sich nur in der Saison 2020/2021 mit zwei Unentschieden gegen die Norweger aus Molde für die Königsklasse. In dieser Saison schieden sie in der Qualifikation gegen Qarabag aus und konnten sich später gegen die Shamrock Rovers erfolgreich für die Europa League bewerben.

Ferencvaros wütet gegen exklusive Champions League

"Der Trend, dass immer weniger Mannschaften aus den kleinen Ligen einen Platz in der Elite-Champions-League erhalten, setzt sich fort, was wir als Verstoß gegen die europäischen Grundsätze betrachten", heißt es dazu aus Budapest: "Im Sinne der Chancengleichheit müssten mehr Mannschaften aus den kleinen Ligen einen Platz erhalten. Aber bis dahin möchten wir solche Leistung machen, wie zum Beispiel in diesem Jahr, als wir unsere Europa-League-Gruppe gewannen." Dort setzte sich Ferencvaros immerhin gegen die AS Monaco, gegen Trabzonspor und Roter Stern Belgrad durch. Gegen Leverkusen dürfen sie daher eben nicht nur davon träumen, den inoffiziellen Weltmeistertitel in Ungarn zu behalten, sondern auch in das Viertelfinale der Europa League einzuziehen.

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Passieren muss das jedoch ohne den Neu-Unioner Laidouni, der Ferencvaros im Winter verließ. Einer, der sich nun in einer der Top-Ligen durchsetzen will und der in Ungarn noch vermisst wird: "Wir hätten ihn gerne noch in der Mannschaft", sagte Stanislaw Tschertschessow, der Trainer der Ungarn, im Gespräch mit der dpa: "Aber er ist nicht mehr da, und ich glaube an die Spieler, die ich habe."

Ohnehin ist der frühere Bundesliga-Profi sicher, dass der deutsche Klub in einer erheblich besseren Position ist. "Wenn der ungarische Meister gegen Leverkusen spielt, kann man ausschließen, dass der ungarische Meister der Favorit ist", sagte Tschertschessow. Und wenn der Favorit sich durchsetzt und Leverkusen gewinnt, dann kommt der inoffizielle Titel zurück in die Bundesliga. Bayer müsste ihn dann am Sonntag bei Werder Bremen verteidigen. Erst danach hätte Ferencvaros im Rückspiel die Chance, sich wieder mit den unwichtigen Dingen zu beschäftigen und die "unseriöse Statistik" wieder in den Besitz der Ungarn zu bringen.

Quelle: ntv.de

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