Fußball

Nach Anschlag auf den BVB-Bus Bayern-Fans bieten Terror gelassen die Stirn

(Foto: AP)

Der FC Bayern empfängt Real Madrid in der Champions-League. Ein Fest soll es werden, die besten Teams in Europa treffen aufeinander. Das Spiel steht im Schatten des BVB-Anschlags. Aber trübt das die Stimmung auch in München?

Ein antifaschistischer Anschlag auf den BVB-Bus? Nein, das hält der Bayern-Fan für totalen Quatsch. Auch wenn er ihm lieber wäre. Der ältere Mann mit dem Roy-Makaay-Trikot steht in der U6, der U-Bahn-Linie zum Bayern-Stadion im Münchner Stadtteil Fröttmanning. Es ist kurz nach 17 Uhr. Also noch fast vier Stunden bis zum Anpfiff der Champions-League-Partie zwischen dem FC Bayern München und Real Madrid, dem Highlight der Viertelfinal-Runde.

Doch statt um Fußball geht es erstmal um den Anschlag in Dortmund und die richtige Wortwahl. Denn "lieber", das sei jetzt irgendwie auch ein blödes Wort, findet der Mann plötzlich. Ein besseres fällt ihm aber auch nicht ein. Also versucht er zu erklären, was er meint: "Also, ich finde beides ja scheiße. Aber islamistisch? Das macht mir doch mehr Angst. Da geht's irgendwie gegen alle." Gegen alle, ja.

Aber gestern, am Dienstagabend, da ging's vor allem gegen den BVB. Da explodierten drei Sprengsätze in unmittelbarer Nähe des vorbeifahrenden Teambusses. Sie verletzten Abwehrspieler Marc Barta und einen begleitenden Polizisten. So etwas lässt auch die Menschen in München nicht kalt.

Statt Frotzeleien gab es Verbrüderungsszenen zwischen Fans von FC Bayern und Real Madrid.

Statt Frotzeleien gab es Verbrüderungsszenen zwischen Fans von FC Bayern und Real Madrid.

(Foto: dpa)

Nächster Stop: Giselastraße. Ein paar Madrilenen steigen ein. Junge Männer, durchaus kräftig, weiße Trikots, kurze Hosen. Sie haben Bier in der Hand. Sagen tun sie kaum etwas. Singen schon gar nicht. Lachen auch nicht. Sie sind da, aber nicht präsent. Von den Bayern-Fans in der Bahn werden sie ignoriert. Das übliche Ihr-gegen-wir, es findet hier nicht statt.

"Ohne Lewy wird's brutal"

Die Münchener reden nun mehr über das Spiel. Sie reden vor allem über Robert Lewandowski. Ihren Stürmer. Der hat sich gegen den BVB an der Schulter verletzt, hat während der Woche das Training abgebrochen. "Ohne Lewy wird's brutal", sagt eine junger Typ in einer Runde ziemlich junger Typen. Ein anderer sagt unvermittelt. "Ich weiß nicht, ob ich als Dortmunder heute ins Stadion gehen würde." "Warum nicht?", fragt ein anderer. "Was soll passieren, die haben den Typen doch festgenommen! Außerdem gehste ja heute auch ins Stadion." "Aber in München". "Ja und?". "Stimmt auch wieder."

Ein Tatverdächtiger des BVB-Anschlags wurde am Nachmittag tatsächlich festgenommen. Es soll sich um einen Iraker handeln, 25 Jahre alt, aus Wuppertal, liest einer von seinem Smartphone ab. Achselzucken beim Rest der Gruppe. Hauptsache der Typ ist einkassiert. Und sonst so? "Wie war's heut', stressig?". Das Gespräch wird abgebrochen. Das Handy brummt. "Ey, Lewy fällt echt aus." Was nun? Wer spielt vorne? Müller? Wahrscheinlich. Egal, sie haben in München ja Robben und Ribéry. War schon witzig mit dem Ancelotti am Samstag. Die Nummer mit dem Küsschen. Sie lachen.

So richtig voll wird die Bahn nicht mehr. Ankunft in Fröttmanning. Von hier aus ist es noch ein ordentlicher Fußweg zur Arena. Und auch wenn die Stadiontore erst in knapp anderthalb Stunden öffnen, ist schon gut was los. Die ganz normale Mischung aus Fans, Schwarzmarktverkäufern, Ticketsuchern, Ordnern und dem angekündigten Mehr an Polizisten der Einsatzhundertschaften. Das obligatorische Geschirr am Körper, Stock, Waffe, die Mütze auf dem Kopf, den Helm locker am Rücken baumelnd. Hektik, Unruhe und angespannte Stimmung? Fehlanzeige. Ein ganz normales Fußballspiel halt.

Atmosphäre irgendwie anders vorgestellt

Die Sonne scheint, der Wind kühlt die Temperatur aber ordentlich ab. Es füllt sich zunehmend. An den Toren warten die Fans mittlerweile in Reihe auf ihren Einlass. Einer beklagt sich laut, weil er dringend wohin muss - und die nächsten Toiletten hinter den Kontrollen liegen. Pech gehabt, sagt einer. Viele lachen. Einer nicht.

Noch 30 Minuten. Kamerateams und Fotografen bauen sich vor dem Stadion auf, sie fragen die Stimmung bei den Ankommenden ab. Immer noch Ruhe. Ob das zu viel Ruhe ist, fragt ein junger Mann mit Hemd und Jeansjacke gekleidet seinen Kumpel. Er habe sich so ein Fußballspiel und die Atmosphäre vorher immer anders vorgestellt. Lauter, aufdringlicher, wuchtiger. Der Kumpel sagt: "Keine Ahnung, so früh bin ich ja nie hier."

Fangesänge gibt's so weit vor Anpfiff tatsächlich keine. Eher Gespräche in der Gruppe. Leise, aber augenscheinlich entspannt. Alles ziemlich unaufgeregt. Und wenn die Polizei mal eingreifen muss, dann vornehmlich, weil sich auf der Zufahrtsstraße zum Stadion irgendwelche Autofahrer ein wenig unklug anstellen. Die Hundertschaften - bis zu 450 Beamte sollen im Einsatz sein - bleiben entspannt, aber wachsam. Ihr Blick geht in alle Richtungen, so haben sie sich in ihren kleinen Gruppen ausgerichtet. Dann öffnen die Tore. Die Ordner tasten die ersten Besucher ab. Die Tickets leuchten grün. Noch zwei Stunden bis Anpfiff. Alles gut.

Quelle: ntv.de

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