"Immer alles einfach unterschrieben" Beckenbauer gibt sich ahnungslos
20.11.2015, 20:28 Uhr
Die Vorwürfe gegen Franz Beckenbauer rund um die WM 2006 wiegen schwer. Nun bestreitet er erneut einen Stimmenkauf. Einen Vertrag habe er wohl blind unterschrieben. Auch an andere Details erinnert er sich nicht: "Ich habe ein reines Gewissen", sagt er.
Franz Beckenbauer hat einen Stimmenkauf für die Ausrichtung der WM 2006 vehement bestritten. "Der Vorwurf ist falsch, wir haben doch gar kein Geld gehabt", sagte der 70-Jährige der "Süddeutschen Zeitung". Er äußerte sich erstmals ausführlich zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen.
Den dubiosen Vertragsentwurf mit dem früheren Fifa-Vize Jack Warner vom 2. Juli 2000 habe der OK-Chef blind unterzeichnet: Er habe damals Tausende Briefe, Erklärungen und Vereinbarungen unterschrieben. "Ich habe immer alles einfach unterschrieben, ich habe sogar blanko unterschrieben", so Beckenbauer.
Der Vertrag wurde vier Tage vor der Vergabe der Weltmeisterschaft 2006 an Deutschland unterzeichnet. Das Abstimmungsergebnis im Fifa-Exekutivkomitee fiel mit 12:11-Stimmen denkbar knapp aus. Warner, langjähriger Chef des Verbandes für die Karibik, Nord- und Mittelamerika, war damals einer der Wahlmänner. Inzwischen ist er von der Ethik-Kommission der Fifa wegen diverser Vergehen lebenslang für alle Fußball-Ämter gesperrt worden.
"Macht was für meine Konföderation"
"Aus heutiger Sicht sieht manches komisch aus, und einiges würde man heute auch nicht mehr so machen", sagte Beckenbauer dazu im Interview mit der SZ. Damals hätte man es einfach gut gemeint. Er verwies auf Warner, der dem deutschen Bewerbungskomitee gesagt habe: "Wenn ihr Freunde seid, macht was für meine Konföderation." Ähnlich hätten sich andere Mitglieder der Fifa-Exekutive geäußert. "Ich habe ein reines Gewissen. Wir haben weder bestochen, noch haben wir schwarze Kassen gehabt."
Die Zahlung der ominösen zehn Millionen Schweizer Franken (6,7 Millionen Euro) an die Fifa bestätigte Beckenbauer, gab sich aber bezüglich der genauen Hintergründe unwissend. Sein Berater und Organisationskomitee-Vize Fedor Radmann habe den Vertrag mit dem mittlerweile lebenslang gesperrten Katarer Mohamed bin Hammam, damals Mitglied der Fifa-Finanzkommission, eingefädelt.
"Ich weiß es wirklich nicht"
Radmann habe bestätigt, dass das die WM-Organisatoren 250 Millionen Schweizer Franken von der Fifa bekommen würden. Bedingung sei aber die Zahlung der zehn Millionen Franken gewesen, so Beckenbauer. "Ich hab' nur die 250 Millionen gesehen. Mir als minderem Kaufmann stellte sich damals nicht einmal die Frage." Es sei ein Fehler gewesen, nicht nachgefragt zu haben, wohin das Geld fließe, sagte Beckenbauer weiter. "Wir wollten die WM organisieren, alles andere war mir wurscht."
Bei der Beschaffung des Geldes sei Beckenbauer beim DFB auf taube Ohren gestoßen: "Ich habe wegen der zehn Millionen mit MV geredet, Gerhard Mayer-Vorfelder." Der damalige DFB-Chef habe jedoch gleich abgewinkt. Über Beckenbauers Manager Robert Schwan sei dann der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus zum Geldgeber geworden, was Beckenbauer aber erst viel später erfahren haben will: "Das hat sich dann später so herausgestellt, etwa Ende 2004. Da wollte der Dreyfus sein Geld zurück."
Auch im Hinblick auf den von ihm unterzeichneten Schuldschein gab er sich ahnungslos: "Ich weiß bis heute nicht, dass ich einen Schuldschein unterschrieben habe. Aber wenn die behaupten, dass ein Schuldschein da war, dann wird es schon so gewesen sein. Ich weiß es wirklich nicht."
Quelle: ntv.de, mli/sid