Überraschende Abwehr-Alternative Beim BVB klappt's auch ohne Hummels
04.08.2019, 11:56 Uhr
Mats Hummels musste verletzt passen - und freute sich nach dem Schlusspfiff mit seinen Kollegen über den ersten Titel nach seiner Rückkehr zum BVB.
(Foto: imago images / MIS)
Natürlich wäre es die Geschichte des Supercups geworden: Mats Hummels trifft bei seiner Rückkehr nach Dortmund im ersten Pflichtspiel auf seine Ex-Kollegen aus München. Aber Hummels muss passen. Dem BVB-Trainer liefert das eine überraschende Erkenntnis.
Und plötzlich kam Mats Hummels lässig-zivil aus der Kabine des FC Bayern. Ein paar Sprüche durfte er sich dafür von einigen Journalisten schon anhören, die aber konterte der 30-Jährige locker weg. Nichts wolle er an diesem Samstagabend sagen, sagte er. Und sprach dann doch ein paar, indes belanglose Worte. Nichts habe er sich in München zu Schulden kommen lassen, weswegen ein Besuch bei den ehemaligen Kollegen wohl völlig normal sei. Dann plauderte er auch noch ein, zwei Sätze über seine Versuche den letzten Glitzer aus seinen Haaren zu bekommen. Ohne sich an diesem Samstagabend bewegen zu müssen, hatte der angeschlagene Rückkehrer wenige Minuten zuvor seinen ersten Titel mit Borussia Dortmund gefeiert - im Konfetti-Glitzer. Supercup-Sieger 2019 ist er. Seine Kollegen Paco Alcacer (48.) und Jadon Sancho (69.) hatten beim 2:0-Erfolg dafür gesorgt.
Perfekt ausgekontert hatte der BVB die Münchener Mannschaft von Trainer Niko Kovac im mit 81.365 Zuschauern ausverkauften Signal-Iduna-Park. Die teilweise aberwitzige Fehlpässe des Rekordmeisters hatten sie konzentriert abgefangen, ausgespielt und effizient bestraft. Was Coach Lucien Favre aber noch mehr viel mehr Freude bereitet hat: mindestens so konzentriert wie die Konter abgeschlossen wurden, wurde das bayrische Angriffsspiel verteidigt.
Innenverteidigung räumt auf
Zwar war Rechtsverteidiger Lukasz Piszczek regelmäßig im Laufduell gegen den wirklich sehr schnellen Kingsley Coman unterlegen. Zwar ließ sich Neuzugang Nico Schulz, den sie in Dortmund aufgrund des Kult-Nachnamens (dank dem legendären Michael) bereits zum Fanliebling gemacht haben, auf der linken Seite immer mal wieder überspielen. Dafür aber räumte die Innenverteidigung alles weg, was an gefährlichen oder potenziell gefährlichen Hereingaben im Strafraum landete.
Statt mit Hummels, der nach drei Jahren in München als absoluter Königstransfer in einem wuchtigen Einkaufsrausch ins Revier zurückkehrt war, der der Mannschaft nicht nur zuletzt vermisste fußballerische Stabilität sondern auch emotionale Führung geben soll, besetzte Favre das Zentrum mit Manuel Akanji (mutmaßlich gesetzt) und Ömer Toprak (das war sehr überraschend). Hummels, so teilte er vor dem Spiel über Twitter mit, habe im Training kurzfristig Beschwerden bekommen und aus Vernunftgründen auf einen Einsatz verzichtet.
Akanji mit der Heldengrätsche

Manuel Akanji (links) und Ömer Toprak klären gegen Bayern-Stürmer Robert Lewandowski. BVB-Keeper Marwin Hitz stößt (vielleicht) einen Freudenschrei über die gute Leistung seiner Vorderleute aus.
(Foto: imago images / Kirchner-Media)
So konnte er durch seine Goldrandbrille und mit einer Currywurst im VIP-Bereich beobachten, welche Qualitäten seine neue Nebenleute haben. Beide überzeugten mit ihren starken Duellwerten von 67 (Akanji) und 71 (Toprak) Prozent. Beide überzeugten aber auch mit ihrem guten Stellungsspiel. So nahmen sie Bayerns Tor-Garantie Robert Lewandowski und Coman ein ums andere Mal die Schüsse vom Fuß oder blockten sie teilweise spektakulär weg. Und in bester Heldengrätschermanier klärte Akanji Mitte der zweiten Halbzeit auch noch gegen Thomas Müller in höchster Gefahr. "Wir haben das mit viel Geduld und sehr intelligent verteidigt", lobte der zufriedene Favre, der sich in seinem Perfektionismus lediglich an der hohen Ballbesitzzeit des Gegners ein wenig verstimmte .Über die zwei kleine Patzerchen seiner Innenverteidigung, einmal rutschte Akanji unnötig weg, einmal vertändelte Toprak einen Ball sehr leicht zur Ecke, ging der Coach dagegen großzügig hinweg.
Dass Toprak überhaupt spielte, war die vielleicht größte Überraschung an diesem Abend und sie bot dem Trainer den vielleicht größten Erkenntnisgewinn. Niemand, selbst der "Kicker" nicht, hatte den 30-Jährigen mehr auf Liste, wenn es darum ging, die erste oder die gar zweite Elf des BVB zu besetzen. Hummels klar gesetzt, Akanji wohl auch. Dahinter: der junge Dan-Axel Zagadou und der ebenfalls noch junge Julian Weigl. Allerdings wird der sehr talentierte Zagadou nach vielen kleinen Aussetzern in der Rückrunde der vergangenen Saison mittlerweile etwas kritischer beäugt. Und Weigl ist eigentlich ein Mann fürs Zentrum im Mittelfeld - überzeugte aber stets bei seinen Aushilfsarbeiten eine Reihe tiefer.
Die Abwehr, sie war es, die das so enge Titelrennen 2019 maßgeblich entschied. Während der BVB zunehmend irrlichtete und das über ihre offensive Power nicht mehr korrigieren konnte, stabilisierte sich der defensive Verbund des FC Bayern mehr und mehr. Bester Mann in der Reihe der Münchener war übrigens: Mats Hummels.
Quelle: ntv.de