Fußball

Das sollte nicht mehr passieren Beim FC Bayern tritt Hoeneß' Ausnahmeregel in Kraft

Bryon Zaragoza kam nun doch schon im Winter. Eigentlich sollte es erst im Sommer so weit sein.

Bryon Zaragoza kam nun doch schon im Winter. Eigentlich sollte es erst im Sommer so weit sein.

(Foto: dpa)

Eigentlich ist die klare Ansage beim FC Bayern, sich am letzten Tag des Transferfensters nicht mehr ins wilde Getümmel zu stürzen. Weil die Not aber spontan groß geworden war, gilt die Hoeneß'sche Ausnahme. Mit der Ausbeute des Winters sind die Bosse "happy".

Der vergangene Sommer, er war nicht der ruhmreichste in der ruhmreichen Geschichte des FC Bayern. Die portugiesische Holding Six Joao Palhinha hatte sich bei den Barmherzigen Brüdern (ein Krankenhaus) bereits einer intensiven Tauglichkeitsprüfung unterzogen, als aus England der Funkspruch kam: Stopp! Dieser Transfer findet nicht statt. Dabei hatte Trainer Thomas Tuchel ihn sich unbedingt herbei gewünscht. Doch sein rechter, rechter Platz blieb frei. Es mangelte nicht an Spott für die Macher des Rekordmeisters, dass dieser ersehnte Wechsel noch auf den letzten Metern gescheitert war. Ein Plan B war nicht mehr umzusetzen. Die Zeit war abgelaufen. Das Transferfenster von den Statuten vernagelt.

Klub-Patron Uli Hoeneß formulierte als Lehre aus dem Transferfiasko eine klare Empfehlung: Am Deadline Day sollte sein FC Bayern bitte nicht mehr aktiv werden. Bedeutete: Wenn es Dinge am Markt zu erledigen gibt, dann bitte vorher. Am Deadline Day wollte Hoeneß wieder lachen, über das hektische Treiben der anderen. Und nicht belächelt werden, wegen der eigenen Notfall-Agenda. Absolute Ausnahmefälle wollte Hoeneß indes tolerieren.

Ein solcher war nun in Transferperiode I nach dem Sommer-GAU eingetreten. Dass in diesem Winter etwas passieren musste, das war den Bossen lange klar gewesen. Tuchel hatte sie nicht erst nach dem Ende der sommerlichen Transferperiode lange genug damit gepiesackt, dass der Kader zu dünn sein. Und wie wenig Fleisch das Rekordmeister-Skelett tatsächlich hatte, wurde im ersten Teil dieser Saison beinahe Woche für Woche deutlich. Die Versäumnisse am Markt lagen vor allem in der Abwehr, in der Mitte und der rechten Seite. Doch je rasanter die Klubs auf den winterlichen Deadline Day zusteuerten, desto größer wurde die Not der Münchner auch in der Offensive. Nationalspieler Serge Gnabry ist schon länger verletzt und bleibt es noch eine Weile. Am vergangenen Wochenende kam noch der Franzose Kingsley Coman hinzu. Für die Titelambitionen in Bundesliga und Champions League war dieser Zustand kaum noch aushaltbar.

Bayern-Boss lobt Bayerns Sportdirektor

Mit dem polyvalenten Engländer Eric Dier (für die Innenverteidigung eingeplant) und Sacha Boey, er soll rechts eine Soforthilfe sein, hatte der FC Bayern rechtzeitig gehandelt. Doch dann kam der Coman-Schock und es hagelte zudem weitere schlechte Nachrichten von Gnabry. Also wurde der ungeliebte Deadline Day doch zum arbeitsreichen Tag für Sportdirektor Christoph Freund. Er verhandelte mit dem FC Girona erfolgreich darüber, dass Bryon Zaragoza sofort kommt und nicht erst im Sommer. Dieser Deal war ja bereits eingetütet. Ganz nebenbei nahmen die Münchner noch das schwedische Sturmtalent Jonah Kusi-Asare mit. Dass der 16-Jährige, der zunächst am hauseigenen Campus reifen soll, in Summe über sechs Millionen Euro kosten kann, ging ein wenig unter.

Nun, die Dinge haben sich gefügt. Drei Männer für den Profikader hat Tuchel bekommen und damit wieder ein paar mehr Handlungsoptionen für seinen schwer gebeutelten Kader. Die Frage, die über den Dingen schwebt: Hat der FC Bayern ausreichend Qualität angeheuert? Auf dem Transferwinter lastet seit Jahren das Label, der überhasteten Noteinkäufe. Auch die Münchner können ein paar Strophen davon singen, dass die Aktivitäten des Winters nicht immer nachhaltig sind. Wer erinnert sich noch an Serdar Tasci, an Álvaro Odriozola, oder an jene drei Männer, die den Rekordmeister im vergangenen Januar verstärkten? Kleiner Spoiler: Die 23er-Winterriege hat sich bereits geschlossen wieder verabschiedet. Es waren Prügelknabe Yann Sommer, João Cancelo und Daley Blind.

Aber klar, es gab auch andere Deals: Sandro Wagner, Luiz Gustavo und Alphonso Davies dürfen unter gute/sehr gute Deals abgespeichert werden. Die Bewertung über den aktuellen Großeinkauf wird erst in ein paar Wochen zu erledigen sein. Einkäufer Freund bekam indes bereits vorab ein großes Lob von Klub-CEO Jan-Christian Dreesen. Der "Christoph", so sagte er, "habe einen super Job gemacht." Von Tuchel gab es noch keine Rückmeldung. Von einem Infekt geplagt, hatte er sich bis zum Freitagnachmittag allerdings auch ein paar Tage nicht an der Säbener Straße sehen lassen. Deswegen blieben die Fragen, ob der Trainer mit dem frischen Kader-Speck zufrieden ist und ob die Zugänge womöglich direkt in der Startelf stehen, auch unbeantwortet. Sportdirektor Freund, der die obligatorische Medienrunde abhielt und Zaragoza als Gesprächspartner im Gepäck hatte, attestierte sowohl dem Spanier als auch Boey, dass die "spielfähig" seien.

Boey direkt im Fokus

Boey dürfte tatsächlich direkt beginnen, denn die Not am Rand ist gigantisch, auch wenn Noussair Mazraoui am Vormittag vom Afrika-Cup zurückgekehrt war. Mit Joshua Kimmich und Konrad Laimer fallen zwei Fußballer aus, die die Rolle am Rand hätten übernehmen können. Der längst vergessene Bouna Sarr ist schwer verletzt und damit auch keine Option. Der junge Franzose ist vermutlich der Transfer, über den am diskutiert worden war. Angeblich fast 30 Millionen Euro soll er gekostet haben. Galatasaray reizte dabei die Not der Münchner bis zum Maximum aus. Der 23-Jährige, so heißt es, seit beim Rekordmeister schon länger auf der Liste gewesen. Wie die absolute Wunschlösung kommt er aber nicht daher, zu groß waren die Gerüchte um Kieran Trippier (Newcastle United) und Nordi Mukiele (PSG).

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Ob auch Zaragoza direkt ran muss? Schon fraglicher. Mit Thomas Müller, den der Trainer allerdings regelmäßig nicht in der Startelf sieht, und Mathys Tel gibt es zwei etablierte Möglichkeiten für Tuchel. Allerdings kommt der junge Spanier nun auch nicht, um ein halbes Jahr im Schatten zu reifen. Sonst wäre die Hektik der vergangenen Tage nicht nötig gewesen. Über eine Ambition lässt er sich allerdings kaum aus. Ein Mann der großen Worte ist er nicht. Als Entertainer in der Mixed Zone hat er sich mit seinem ersten Auftritt auf dem Podium nicht beworben. Aber gut, dafür ist er nicht geholt worden. Sondern als Mann, der den Flügel aufmischen soll. Und als Referenz nimmt er sich Franck Ribéry. Er greift direkt ins Regal der Klub-Ikonen. In München mögen sie solche Mentalität.

Eine erneute Spielgarantie dürfte dagegen Dier haben. In der Abwehr ist nämlich nicht viel los. Min-jae Kim weilt mit Jürgen Klinsmann beim Asien-Cup. Dayot Upamecano ist verletzt und Leon Goretzka, der Notverteidiger, wird auf seiner Stammposition im zentralen Mittelfeld gebraucht. Aber Dier, den die Münchner spielzeitbefreit von den Tottenham Hotspur holten, hat bereits geliefert und den Trainer mit seiner Souveränität beeindruckt. Die große Frage aber bleibt: Ist der Kader des Rekordmeisters jetzt groß und ausgewogen genug, um die hohen Ziele in der Bundesliga und Champions League zu erreichen? "Wir sind froh, dass wir mehrere Optionen haben", sagte Freund, der nach dem "nicht so einfachen" Transferfenster "happy"über die herbeigeschafften Optionen ist. Er sehe die Mannschaft nun als "gut aufgestellt" an. Der FC Bayern lacht am belächelten Deadline Day.

Quelle: ntv.de, tno

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