Fußball

Anhörungen vor Spruchkammer Blatter klagt, Platini boykottiert

Was wird aus Michel Platini und Joseph Blatter?

Was wird aus Michel Platini und Joseph Blatter?

(Foto: dpa)

Ab Donnerstag sind vor der Spruchkammer der Fifa-Ethikkommission die Anhörungen der suspendierten Verbandsbosse Joseph S. Blatter und Michel Platini angesetzt. Alle bisherigen Anzeichen deuten auf lange Sperren für die beiden Topfunktionäre hin.

Für Fifa-Boss Joseph S. Blatter und Uefa-Präsident Michel Platini brechen die Tage der Wahrheit an. Bei den ab Donnerstag angesetzten Anhörungen vor der Spruchkammer der Ethikkommission des Fußball-Weltverbandes Fifa steht für die wegen Korruptionsverdachts suspendierten Verbandschefs nicht weniger als ihre Zukunft auf der Fußball-Bühne auf dem Spiel. Beiden drohen wegen einer dubiosen Millionenzahlung der Fifa an Platini aus dem Jahr 2011 mehrjährige oder gar lebenslange Sperren. Freisprüche kämen nach Lage der Dinge einer Sensation gleich.

Beinahe bis zur letzten Minute nutzten die beiden Beschuldigten die verbliebene Zeit bis zum historischen Showdown in Zürich zu taktischen Mätzchen. Während Blatter in einem abermaligen Zeitungsinterview einen Tag vor seiner für Donnerstag geplanten Aussage gewohnt selbstgefällig und weinerlich die Ungerechtigkeit der Welt beklagte, ging Ex-Europameister Platini ganz im Stile seiner früher gefeierten Spielweise in die Offensive: Über seine Anwälte ließ der 60-Jährige mitteilen, am Freitag nicht zur Anhörung vor dem Gremium unter Vorsitz des Münchner Richters Hans-Joachim Eckert zu erscheinen.

Gegen die Unschuldsvermutung verstoßen

Platini habe sich dazu entschieden, weil "das Urteil schon durch einen Sprecher der Kommission der Presse gegenüber mitgeteilt und damit gegen die Unschuldsvermutung verstoßen worden ist", teilten die Rechtsberater von "Platoche" mit. Am Freitag hatte die französische Sportzeitung "L´Equipe" Sprecher Andreas Bantel von der ermittelnden Kammer der Ethikkommission mit der Aussage zitiert, dass gegen Platini "mindestens eine mehrjährige Sperre" verhängt werden würde. Bantel, der nicht für Eckerts Kammer spricht, hatte allerdings zuletzt schon dementiert, sich in der wiedergegebenen Form zu Sanktionen gegen Platini geäußert zu haben.

Eckerts Sprecher Marc Tenbücken reagierte gelassen auf Platinis Attacken: Man habe, teilte Tenbücken mit, "die Ankündigung von Herrn Platini, der Verhandlung am Freitag möglicherweise fernbleiben zu wollen, zur Kenntnis genommen. Obwohl sich Herr Platini damit um die Möglichkeit brächte, der Spruchkammer seine Sicht der Dinge persönlich darzulegen, könnten dies nach wie vor seine Anwälte tun. Wir betonen ausdrücklich, dass die rechtsprechende Kammer den vorliegenden Fall, wie jedes andere Verfahren auch, unabhängig und unvoreingenommen behandeln wird".

Blatter und Platini verfolgen ähnliche Pläne

Durch seine Boykott-Ankündigung verfolgt Platini, der ohne einen Freispruch seine Hoffnungen auf die Zulassung als Kandidat für die Wahl eines neuen Fifa-Präsidenten am 26. Februar 2016 begraben müsste, offenkundig eine durchsichtige Strategie: Die öffentliche Diskreditierung der Spruchkammer soll Eckert und seine Beisitzer schlichtweg unter Druck setzen - nicht mehr und nicht weniger. Einen ähnlichen Plan verfolgt Blatter: Die neuerlichen Vorwürfe des 79 Jahre alten Schweizers, dass "dieser Prozess mich an die Inquisition erinnert", haben lediglich die Desavouierung der Spruchkammer zum Ziel, nachdem die Ermittler seit Blatters und Platinis Suspendierung Anfang Oktober offenkundig reichlich Belastungsmaterial gegen die einstigen Freunde und heutigen Erzfeinde gesammelt. In den Anklageschriften wurden entsprechende Strafen gefordert. "Ich bin nicht der Teufel. Ich bin geschockt. Ich bin 90 Tage lang suspendiert worden, ohne dass man mich überhaupt hat zu Worte kommen lassen", sagte der Walliser der "Gazzetta dello Sport".

Wegen einer von Fifa-Chef Blatter 2011 veranlassten Zahlung der Fifa von 1,8 Millionen Euro an Platini sind beide Funktionäre momentan suspendiert. Beide behaupten, dass die Zahlung eines mündlich vereinbarten Honorars für Platinis Berater-Tätigkeit in Fifa-Diensten zwischen 1998 und 2002 gewesen sei. Die Ermittler hingegen gehen von Schmiergeld zugunsten Blatters Wiederwahl vor vier Jahren aus. Nach Abschluss der Anhörung wird die Spruchkammer sämtliche Beweise, Informationen und Aussagen würdigen und bewerten. Die Urteile gegen Blatter, gegen den wegen des Vorgangs auch die Schweizer Bundesanwaltschaft ermittelt, und Platini sollen noch vor Weihnachten gefällt und verkündet werden. Die Zeichen stehen auf eine böse Bescherung für "Blattini".

Quelle: ntv.de, Dietmar Kramer, sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen