Fußball

Lieblingsnachbar mit Bad-Boy-Image Boateng ist Fußballer des Jahres

Da darf man sich auch einmal selbst beklatschen: Jérôme Boateng ist Fußballer des Jahres.

Da darf man sich auch einmal selbst beklatschen: Jérôme Boateng ist Fußballer des Jahres.

(Foto: imago/Jan Huebner)

Nach seiner starken Leistung bei der Europameisterschaft ist es eigentlich keine Überraschung: Jérôme Boateng ist Deutschlands Fußballer des Jahres. Die Entscheidung für den Abwehrchef mit dem Gangster-Image ist aber auch ein politisches Statement.

Bad Boy, Leistungsträger, Lieblingsnachbar, Stil-Ikone, Weltmeister: Jérôme Boateng kennt sich aus mit Namen, Titeln und Klassifizierungen. Nun kann sich der Weltklasse-Innenverteidiger von Fußball-Rekordmeister Bayern München mit einer neuen Bezeichnung schmücken: Der 27-Jährige ist Deutschlands Fußballer des Jahres 2016, als erster Abwehrspieler seit Fußball-Gott Jürgen Kohler (Borussia Dortmund/1997). Der Weg dahin war allerdings weit.

Eines der berühmtesten Bilder der EM: Boateng springt für Manuel Neuer ins Tor.

Eines der berühmtesten Bilder der EM: Boateng springt für Manuel Neuer ins Tor.

(Foto: dpa)

Jérôme Boateng wurde am 3. September 1988 in Berlin geboren. Entgegen vieler Berichte wuchs er nicht in einem Problembezirk auf, sondern im recht behüteten Stadtbezirk Charlottenburg-Wilmersdorf. Das Fußballspielen lernte er jedoch klassisch großstädtisch im Fußballkäfig, der Panke, zusammen mit seinem Halbbruder Kevin-Prince. Mit zehn Jahren ging Boateng zu Tennis Borussia Berlin, 2002 wechselte er in die Jugend des Bundesligisten Hertha BSC. Dort debütierte er am 31. Januar 2007 in der Bundesliga.

Beim Hamburger SV, bei dem er zwischen 2007 und 2010 spielte, galt er als hochveranlagter Innenverteidiger, der allerdings auch den Ruf des Bruder Leichtfuß inne hatte. Groß, athletisch, kraftvoll, aber auch immer für Aussetzer gut. In seinem Jahr in England bei Manchester City (2010/2011) konnte sich Boateng nicht entscheidend durchsetzen. Dennoch verpflichtete Bayern München 2011 den damals 22 Jahre alten Nationalspieler, der auch in seiner ersten Saison beim Rekordmeister einige Wackler zeigte. Spätestens seit der Triple-Saison 2013 ist Boateng aus der Defensivzentrale des FCB jedoch nicht mehr wegzudenken, auch in der DFB-Elf ist er seit dem Weltmeistertitel 2014 in der Innenverteidigung gesetzt.

Starke Abwehr, lange Bälle

Die gegnerischen Stürmer lässt die Abwehrmaschine nur selten vorbei, legendär sind mittlerweile auch seine langen Bälle in der Spieleröffnung. Bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich avancierte er zur Führungspersönlichkeit - auf und außerhalb des Platzes.

Ein gegen Frankreich im Halbfinale erlittener Muskelbündelriss im rechten Oberschenkel führte jedoch zu einer längerfristigen Pause. Nicht nur aufgrund seiner sportlichen Leistung gilt Boateng als Kandidat für das frei gewordene Amt des Kapitäns der DFB-Elf. "Es ist eine große Ehre", sagt Boateng dazu, "ich wäre bereit." Trotz seiner eigenen, oft langsamen Art, tritt Boateng selbstbewusst auf, äußert sich auch zu Themen außerhalb des Fußballplatzes. Kurz vor der Europameisterschaft stand er unfreiwillig im Fokus, nachdem AfD-Politiker Alexander Gauland gesagt hatte, dass "die Leute" ihn "nicht als Nachbarn haben" wollen.

Die Berufung zum Kapitän der Nationalelf wäre auch ein politisches Statement, und Boateng weiß das. Ob Kapitän oder nicht, er ist möglicherweise der beste Innenverteidiger der Welt. Dass nach filigranen Offensivspielern wie Franck Ribéry, Arjen Robben, Marco Reus oder Kevin De Bruyne nun erstmals seit Kohler ein Abwehrspezialist zum Fußballer des Jahres gewählt wurde, ist nicht verwunderlich. Dass er seinen Kollegen Thomas Müller allerdings mit 163:95 Stimmen auf Platz zwei verwies, ist auch für ihn "überraschend".

Designer und Jay-Z-Schützling

"Ich kann gar nicht beschreiben, was mir da für Gedanken durch den Kopf gehen. Natürlich bin ich unglaublich stolz, dass ich so etwas erreichen konnte", sagte Boateng dem "Kicker". Seine Popularität weiß er durchaus zu vermarkten. In den USA wird Boateng von Musik-Superstar Jay Z gemanagt, hierzulande brachte er vor der Europameisterschaft eine selbst designte Brillenkollektion heraus.

Trotz EM-Urlaub flog er mit den Bayern in die Vereinigten Staaten, absolvierte einige PR-Termine. Bis Boateng seine Extraklasse auch wieder auf dem Platz zeigt, wird es noch etwas dauern. In der vergangenen Woche startete Deutschlands Fußballer des Jahres zwar wieder ins Lauftraining, ein Einsatz beim Bundesligastart am 26. August gegen Werder Bremen ist aber ausgeschlossen. Bis dahin wird sein neuer Mannschaftskollege Mats Hummels die FCB-Defensive zusammenhalten müssen.

Quelle: ntv.de, Christopher Köster, sid

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