Fußball

Trotz 29. Chemo positiv Christoph Daum spricht über Kroos, Bayer und Krebs

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Mittlerweile ist der an Lungenkrebs erkrankte Christoph Daum bei der 29. Chemotherapie angekommen. Dennoch bleibt er positiv. Im Interview mit RTL und ntv erklärt der Ex-Bundesliga-Trainer, warum er Toni Kroos für die Heim-EM nicht nominiert hätte und was Bayer Leverkusen derzeit auszeichnet.

Der langjährige Bundesliga-Trainer Christoph Daum kritisiert die Entscheidung, Toni Kroos für die Heim-EM in die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zurückzuholen. "Die Qualität von Toni Kroos ist unbestritten", sagte Daum im Interview mit RTL und ntv. Dennoch hätte er diese Entscheidung "so nicht getroffen". Kroos sei nicht zurückgekommen, "um sich einen Platz zu erkämpfen, sondern der hat quasi eine Spiel-Stammplatzgarantie. Und das ist immer ein bisschen, ja, fast gefährlich für den Zusammenhalt in der Mannschaft".

Ende Februar erklärte Kroos für die Europameisterschaft im Sommer sein Comeback. Zuvor hatte der 34-Jährige bereits 106 Länderspiele für das DFB-Team absolviert. Er wurde 2014 in Brasilien Weltmeister und trat nach der EM 2021 zurück. Bei den anstehenden Testspielen gegen Frankreich und die Niederlande (23. und 26. März) steht der Mittelfeldstratege von Real Madrid aller Voraussicht nach im Aufgebot von Bundestrainer Julian Nagelsmann.

"Toni Kroos ist der erfolgreichste deutsche Fußballspieler, was der alles gewonnen hat und auch als Mensch, wie er auftritt, das ist hervorragend", erklärte Daum. Jedoch gab der 70-Jährige zugleich zu bedenken: "Wer traut sich denn da zu sagen: 'Kroos will ich nicht bei einer Nationalmannschaft haben'? Ja, ich würde ihn trotzdem nicht einladen."

Lob für Bayer und Alonso

Indes traut Daum, der von 1996 bis 2000 Trainer von Bayer Leverkusen war, seinem Ex-Klub die erste deutsche Meisterschaft zu. "Dort leisten alle hervorragende Arbeit, die Spieler präsentieren sich als ein intaktes Team mit einem wirklich hervorragenden Teamgeist und das Team um das Team herum funktioniert im Augenblick auch sehr, sehr gut", sagte er. "Ich glaube auch nicht, dass irgendwo mal so eine Niederlage, die ja zwangsläufig irgendwann mal in den Jahren der drei Wettbewerben kommen wird, sie in irgendeiner Art und Weise aus der Bahn wirft."

Das bislang noch ungeschlagene Bayer ist aktuell auf dem besten Weg, zum ersten Mal den Titel in der Bundesliga zu holen. Derzeit beträgt der Vorsprung auf den FC Bayern zehn Punkte, noch sind neun Partien zu spielen. Im DFB-Pokal stehen sie im Halbfinale gegen den Zweitligisten Fortuna Düsseldorf. Im Achtelfinale der UEFA Europa League steht am Donnerstag nach dem 2:2-Remis in Aserbaidschan das Rückspiel gegen Qarabag FK an (21 Uhr/RTL, RTL+ und im ntv.de-Liveticker).

Die Werkself, die von Trainer Xabi Alonso trainiert wird, habe ein sehr gutes und intaktes Mannschaftsgefüge, "wo jeder weiß: 'Es kommt auf mich an, ich kann jederzeit gebraucht werden, wenn ein Spieler ausfällt und ich werde dann meine Bestleistung bringen'", sagte Daum. Das sei eine Stärke. "Egal, gegen wen die spielen, Leverkusen behält seine Spielweise immer bei."

Mittlerweile die 29. Chemotherapie

Weiter sprach der an Lungenkrebs erkrankte Daum auch über den Stand seiner Behandlung. "Es ist ein Kampf, das ist kein Zuckerschlecken und da musst du durch und da hast du auch Scheißtage. Aber dann scheint auch wieder die Sonne. Ende!" Er sei mittlerweile bei der 29. Chemotherapie angekommen, damit solle der Krebs in Schach gehalten werden.

"Wegkriegen können wir diese Tumore im Moment nicht, so weit ist die Wissenschaft noch nicht." Doch die Forschung entwickle sich jeden Tag weiter, er wolle allen Mut machen: "Bleibt dran, zieht die Therapien durch und wenn es euch schlecht geht, nehmt psychologischen Beistand, Hilfe und Unterstützung an! Es ist nicht mehr so, dass Krebs heute ein Todesurteil sein muss."

Gesundheit sei keine Selbstverständlichkeit, erklärte er bei der Frage nach seiner Motivation. Es sei "genauso wie früher in meinem Beruf. Da ging es nicht nur darum, gesund zu sein, sondern den höchsten Level im Bereich der Athletik, Technik oder Taktik zu erreichen".

"Wie eine neue Weltreligion"

Seine Familie und Enkelkinder spielten dabei auch eine wichtige Rolle. Diese "strahlenden Gesichter" leisteten ihren Beitrag, "dass du dann durch diese Täler der Tränen durchgehst, um dann diesen Dingen, diesem Krebs zu trotzen", sagte Daum. "Wenn ich mich jetzt zurücklehne und nichts mehr tue, dann gewinnt er. Und das werde ich nicht zulassen."

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Er habe das Glück einer ganz tollen Frau, einer ganz tollen Familie und toller Freunde. "Und da spielt eigentlich der Krebs, würde ich sagen, fast keine Rolle. Da haben wir ganz andere Themen. Und dann werde ich abgelenkt und sehe einfach, wie lebenswert das Leben ist", erklärte er weiter.

Dennoch sei Daum "Realist genug", nicht zu erwarten, wieder krebsfrei zu werden. "Weil sonst würdest du vielleicht wieder bei der nächsten Aufnahme von deiner Lunge, wenn (...) der Krebs wieder etwas gewachsen ist, vielleicht ein bisschen in die Knie gehen, zusammensacken. Von daher bin ich also nicht mit dieser Erwartungshaltung ausgestattet." Er befinde sich in den besten Händen. "Aber Menschenskinder, so eine Aussage zu hören: Du bist krebsfrei. Das ist, wie wenn eine neue Weltreligion gegründet wird, das hältst du nicht für möglich."

Quelle: ntv.de, ses

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