Nach Prügel-Skandal in Türkei Collina warnt: Attacken auf Schiris werden "Fußball töten"
13.12.2023, 13:54 Uhr
Anfang der Woche kommt es in der türkischen SüperLig zu schockierenden Szenen. Nach einem Ligaspiel streckt ein Klub-Präsident den Schiedsrichter Halil Umut Meler nieder. Die Liga wird gestoppt. Der ehemalige Weltklasse-Referee Pierluigi Collina zeichnet ein ganz dunkles Bild.
Der frühere Weltklasse-Schiedsrichter Pierluigi Collina hat die Gewalt-Attacke auf den türkischen Fußball-Referee Halil Umut Meler scharf kritisiert und vor den Folgen des tätlichen Angriffs gewarnt. Die Bilder seien "entsetzlich" gewesen, aber "noch entsetzlicher ist es, zu wissen, dass es weltweit Tausende von Schiedsrichtern gibt, die auf den unteren Ebenen des Fußballs verbal und körperlich misshandelt werden", sagte der 63-jährige Collina in einer Stellungnahme.
Diese seien "unbekannt. Und die große Mehrheit von ihnen sind junge Schiedsrichter, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen", sagte Collina, der beim Weltverband FIFA Chef der Schiedsrichter-Kommission ist: "Ein Schiedsrichter kann nicht wegen einer Entscheidung, die er getroffen hat, geschlagen werden, auch wenn sie falsch ist. Sein oder ihr Auto kann nicht wegen eines Elfmeters in Brand gesteckt oder bombardiert werden. Leider ist das keine Übertreibung, denn Autobomben und in Brand gesetzte Autos sind in einigen Ländern gar nicht so selten."
Collina hatte die Gewalt gegen Schiedsrichter zuletzt als "Krebsgeschwür", das das Spiel befallen hat und "den Fußball töten wird", bezeichnet. Nun erneuerte der Italiener seine Warnung: "Es liegt in der Verantwortung all derer, die das schöne Spiel lieben, etwas zu unternehmen und etwas zu tun. Bevor es zu spät ist, bevor dieses Krebsgeschwür den Fußball tötet."
Erdoğan, Infantino und UEFA verurteilen den Angriff
Meler war am Montag nach dem Spiel zwischen Ankaragücü und Rizespor in der ersten türkischen Liga massiv attackiert worden. Faruk Koca, mittlerweile als Präsident von Ankaragücü zurückgetreten, hatte Meler derart mit der Faust ins Gesicht geschlagen, dass dieser ein blaues Auge davontrug. Weitere Personen traten zudem auf den zu Boden gegangenen Unparteiischen ein. Der türkische Fußballverband TFF setzte den Spielbetrieb der Süper Lig auf unbestimmte Zeit aus.
Über die Türkei hinaus verurteilten zahlreiche Sportler und Politiker die Szenen. "Die Ereignisse nach dem Spiel der türkischen Süper Lig zwischen MKE Ankaragücü und Çaykur Rizespor sind völlig inakzeptabel und haben in unserem Sport und in unserer Gesellschaft keinen Platz", schrieb FIFA-Präsident Gianni Infantino am Dienstag auf Instagram. Auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan verurteilte den Übergriff scharf. Er wünsche sich keine weitere Gewalt, sagte er.
Die UEFA verurteilte das gewalttätige Verhalten "auf das Schärfste". Weiter hieß es in einer Mitteilung: "Gewalt und Beschimpfungen gegenüber Schiedsrichtern haben im Fußball nichts zu suchen und müssen sofort aufhören. Wir fordern die Behörden und die zuständigen Disziplinarorgane auf, entschlossene und notwendige Maßnahmen gegen alle zu ergreifen, die an Übergriffen und Gewalt gegen Schiedsrichter beteiligt sind."
Der Spielbetrieb in den türkischen Fußball-Ligen soll unterdessen in der kommenden Woche wieder aufgenommen werden. Der türkische Fußballverband (TFF) verkündeten den 19. Dezember als Termin für die Fortsetzung aller Wettbewerbe einschließlich der SüperLig.
Quelle: ntv.de, sue/dpa/sid