Fußball

Spieler und Trainer wüten Der BVB vernichtet sich nach "unfassbar schlechtem" Auftritt

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Bei Borussia Dortmund gibt es mächtig Ärger: Das Remis gegen die TSG Hoffenheim erzürnt Spieler und Trainer, von oben gibt es eine klare Siegforderung fürs Jahresfinale. Der wie wundergenesene Nico Schlotterbeck rechnet schonungslos mit seinem Team ab.

Lange, lange sieht es so aus, als ob Borussia Dortmund sich mit einer schwachen Leistung gegen die TSG Hoffenheim durchmogeln kann. Gio Reyna hatte den BVB Sekunden nach dem Wiederanpfiff in Führung gebracht, die bis in die Nachspielzeit reicht. Doch dann kollabiert das wackelige Gebilde doch noch, der ehemalige BVB-Profi Jacob Bruun Larsen trifft zum 1:1, kurz danach ist Schluss. Die TSG Hoffenheim klettert mit großem Einsatz aber minimalen spielerischen Mitteln am FC St. Pauli vorbei auf Platz 14 der Bundesligatabelle. Borussia Dortmund rutscht auf Platz acht ab. Hinter Mainz 05. Der Anschluss nach oben ist damit wieder verpasst. Das Spiel, das dritte Ligaremis in Serie, hinterlässt Spuren. Und Wut. Auf sich selbst.

"Das war mit unser schlechtestes Spiel, unfassbar schlecht", wütete der nach seiner vermeintlichen Horror-Verletzung aus dem dramatischen Champions-League-Spiel gegen den FC Barcelona (2:3) blitzgenesene Nico Schlotterbeck. "Wie wir hier in einem Heimspiel ohne Energie aufgetreten sind, ist unerklärlich", sagte der Abwehrchef bei DAZN: "Das war zu wenig, da nehme ich mich selbst nicht raus. Wir sind Borussia Dortmund, wenn wir mit einem Heimspiel gegen Hoffenheim oben dran bleiben können, dann müssen wir gewinnen."

"Sehr, sehr sauer"

"Oben dran bleiben", das bedeutet für den BVB, der noch 2023 am letzten Spieltag zu Hause die Hand an der Meisterschale hatte und doch noch alles verspielte, längst nicht mehr, auf Tuchfühlung mit der Tabellenspitze zu sein. "Dran bleiben" beschreibt aus Dortmunder Sicht inzwischen "nur" noch den Kampf um die Champions-League-Plätze. Jetzt geht es erst mal darum, wieder in die Spur zu kommen - und sich nicht völlig enttäuscht in die kurze Winterpause zu verabschieden.

Zur Tagesordnung wird man vor dem finalen Spiel des Jahres beim VfL Wolfsburg nicht übergehen können: "Ich bin natürlich nicht zufrieden, sehr, sehr schwache Leistung, vielleicht die schwächste Leistung in dieser Saison", sagte Trainer Nuri Sahin. "Ich bin sehr, sehr sauer und enttäuscht, dass wir es nicht zu Ende verteidigen und wertvolle zwei Punkte einfach liegenlassen."

Viele der 80.000 Zuschauer hatten ihr Team nach einer völlig enttäuschenden ersten Hälfte mit Pfiffen in die Kabine geschickt. Nur kurz nach dem Wiederanpfiff durften die Fans jubeln - und auf bessere Zeiten hoffen. Reyna traf erstmals in dieser Saison, doch "das Tor hat uns nur für ein paar Minuten gutgetan, am Ende war es das Gleiche wie in der ersten Halbzeit", klagte Sahin: "Wir müssen das in der 90. Minute wegverteidigen, wenn wir unsere Ziele erreichen wollen."

Dabei hatte es ja emotional gut angefangen: Die sensationelle Rückkehr von Schlotterbeck in die Startelf sorgte für großen Jubeln im ehemaligen Westfalen-Stadion und gewaltige Verwunderung bei allen, die noch vor vier Tagen vor einer monatelangen Pause für den Verteidiger bangten. Schlotterbeck war in den Schlussminuten des Champions-League-Dramas des BVB gegen den FC Barcelona böse umgeknickt und wurde mit der Trage vom Platz gebracht. Es war eine große Wiederauferstehung: "Jemand mit weniger Mentalität würde heute nicht auf dem Platz stehen", sagte Sahin. "Da ist was, aber Schlotti wollte unbedingt. Die medizinische Abteilung hat einen sehr guten Job gemacht."

Das Happy End blieb aus. "Die Bänder sind schon extrem angeschlagen. Wir müssen schauen für nächste Woche. Ich werde jetzt den Fuß hochlegen und probiere dann, am Sonntag in Wolfsburg zu spielen", gab Schlotterbeck ein nebulöses medizinisches Bulletin ab. "Und hoffe, dass sich das über die nächsten Wochen beruhigt." Deutlich klarer war der Nationalspieler eben in seiner Spielanalyse: "Wir hatten unfassbar viele Ballverluste. Wir hatten keine Klarheit in unserem Spiel. Es war teilweise Wahnsinn. Wir sind in der zweiten Halbzeit kaum in die gegnerische Hälfte gekommen."

"Ich weiß nicht ..."

Aber selbst ein möglicher Sieg hätte Schlotterbeck nicht mit seinem Team versöhnt: "Auch, wenn wir heute 1:0 gewonnen hätten, es geht nicht, wie wir heute ohne Energie gespielt haben. Für mich war da keine Energie heute von der Mannschaft. Wir sind Fußballprofis. Ich erwarte von der Mannschaft, dass sie vier Tage nach dem Spiel (in der Champions League) über 90 Minuten an den Anschlag geht. Wer nicht an den Anschlag gehen kann … ich weiß nicht."

Auch Emre Can sah erschreckende Mängel bei seinen Kollegen: "Viele", klagte der Kapitän, "sind mit sich selbst beschäftigt" und hätten nicht das Kollektiv im Blick. Einige seiner Mitspieler "können sich ein Beispiel an Schlotterbeck nehmen", betonte Can mit Blick auf den Abwehrspieler, der sich trotz seiner am Mittwoch in der Champions League erlittenen Verletzung schonungslos in jeden Zweikampf warf: "Der Junge hat einen Bänderriss oder keine Ahnung, was die Diagnose genau ist, aber der hat gefühlt mit einem Bein gespielt. Aber wie er gespielt und sich reingehauen hat für den Verein. Das ist das, was ihn auszeichnet." Und was Can bei seinen Teamkollegen vermisst. Mentalität bekomme man nur als Einheit, "wenn alle elf Spieler auf dem Platz das Gleiche denken und sich nicht zu wichtig nehmen".

Der BVB liegt nach 14 Spielen elf Punkte hinter dem Tabellenführer Bayern München - und verliert auch die Königsklasse aus den Augen: Fünf Punkte beträgt der Rückstand auf RB Leipzig auf Rang vier. Von oben kam nach einem bitteren Abend dann auch eine klare Ansage: "Wir laufen punktetechnisch dem Anspruch hinterher", sagte Sportdirektor Sebastian Kehl. "Wir haben jetzt noch ein Spiel und das müssen wir, egal mit welchen Mitteln, gewinnen."

Quelle: ntv.de, ter

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