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Was de Ligt nun schaffen muss Der nächste absurd teure Versuch des FC Bayern

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Matthijs de Ligt soll die Abwehr des FC Bayern anführen.

Matthijs de Ligt soll die Abwehr des FC Bayern anführen.

(Foto: dpa)

Es ist der nächste Transfercoup des enthemmten Sportvorstands Hasan Salihamidžić: Bayerns neuer Abwehrchef Matthijs de Ligt ist in München. Für rund 70 Millionen Euro Ablöse holen die Bayern nach Sadio Mané den nächsten Starspieler. Aber kann er die immensen Erwartungen schultern?

Jürgen Klopp hat ihn, Josep Guardiola hat ihn nicht und Julian Nagelsmann hofft nun, ihn endlich zu haben: den Souverän in der Abwehr. Für etwa 80 Millionen Euro wird der FC Bayern München mit Matthijs de Ligt einen neuen Abwehrchef verpflichten. Und dieses Mal soll es tatsächlich einer sein. Die Versuche mit Rekordmann Lucas Hernández und dem wuchtigen Dayot Upamecano sind, Stand jetzt, gescheitert. Hernández ist ein beinharter Typ, ein starker Zweikämpfer. Aber er ist kein Anführer. Upamecano ebenfalls nicht. Er war in seiner ersten Saison in München zu flapsig, zu anfällig. Bei all den starken Duellen, die er auch für sich entschieden hat.

Nun soll es de Ligt richten. Der dritte megateure Versuch, die Abwehr nach den Abgängen von Jérôme Boateng - vom Klub gewollt - und David Alaba - vom Klub nicht gewollt - nachhaltig zu stabilisieren. De Ligt soll werden, was sein niederländischer Nationalmannschaftskollege Virgil van Dijk beim FC Liverpool auf bemerkenswerte Art ist: eine Instanz, ein Fundament, auf dem sich eine titelreife Mannschaft bauen lässt. Die, so sind sich die Bosse des FC Bayern ja sicher, eigentlich bereits an der Säbener Straße spielt.

Dafür braucht es eben nur noch die stabile Säule vor Manuel Neuer. Wie schwer so eine fehlende Säule wiegt, haben die Münchner in der vergangenen Saison überraschend häufig und überraschend schmerzhaft erfahren müssen. Vom Krisen-Klub Borussia Mönchengladbach etwa (0:5 in der zweiten Pokalrunde), oder auch vom aufmüpfigen Liga-Zwerg VfL Bochum (2:4 in der Bundesliga).

Ein besonders guter Ansprechpartner, wenn man sich über die verzweifelte Suche nach einer anführenden Fachkraft für die Abwehrzentrale austauschen möchte, ist auch Starcoach Josep Guardiola. Eine halbe Milliarde Euro (!) hat der Katalane von seinem abudhabischen Scheich-Boss investieren lassen, um einen geeigneten Souverän zu finden. Das ernüchternde Ergebnis: der ersehnte Henkelpott macht noch immer einen weiten Bogen um das Trophäenkabinett von Manchester City.

Neues Luxusobjekt: Abwehrchef

Es ist eine durchaus bemerkenswerte Entwicklung, dass die Abwehrbosse mittlerweile ein ebenso begehrtes Transferobjekt sind, wie die großen Ballzauberer. Einziger Unterschied: die Abwehrbosse sind eine Rarität. Einen Offensivkünstler findet man ja doch irgendwo immer. Auch in München können sie diese Geschichte erzählen. Während Robert Lewandowski den Verein mit seinen Wut-Tiraden piesackte, kam Sadio Mané zum FC Bayern und soll nun die Last des Angriffs schultern. Man traut ihm das zu. Aber der Schlüssel wird die Defensive, wird de Ligt sein. Man kennt das aus dem Amerikanischen: "Offense wins games, but defense wins championships." In Bayerns Fall zu übersetzen mit: "Die Offensive gewinnt Spiele, aber die Defensive die Champions League."

In München hat der Ansatz vergangene Saison nicht funktioniert. Ein teures Vergnügen. Krachend gescheitert. 80 Millionen für Hernández (2019), 42,5 Millionen für Upamecano (2021), 35 Millionen für Benjamin Pavard (2019), der nun von der Rechtsverteidiger-Position ins Abwehrzentrum rücken soll, und jetzt eben noch einmal rund 80 Millionen für den 22 Jahre alten de Ligt. Macht eine knappe Viertelmilliarde an Ausgaben. Dem Gegenüber steht die einsame Null an Einnahmen: Alaba ging ablösefrei (er forderte zu viel Gehalt, sein Berater ein geldgieriger Piranha, so war die Münchner Sicht), Boateng ebenso. Auch für den alternden Javi Martinez gab es nix. Die Innenverteidigung des Rekordmeisters ist schon eine bemerkenswerte Geldverbrennungsmaschine.

Nun soll auf (sehr) absehbare Zeit die letzte große Abwehr-Ausgabe getätigt worden sein. Denn von de Ligt erhoffen sich die Bosse an der Säbener Straße die Zukunft. Er soll führen und seine Nebenleute mitziehen. Einer von denen wird den Verein aber wohl noch verlassen. Hernández soll es Medienberichten zufolge wohl nicht sein. Seine aggressive Spielweise wird von den Verantwortlichen sehr geschätzt. Pavard hilft dem Verein mit seiner Flexibilität, bleibt also noch Upamecano, der die Münchner wegen seiner herausragenden Anlagen fasziniert, der allerdings auch der anfälligste Mann in der Hintermannschaft war. Einen guten Erlös würde der FC Bayern für ihn sicher erzielen. In der Premier League soll es Interessenten geben. Gut für das arg geschröpfte Festgeldkonto und endlich mal eine Einnahme aus der Abwehr.

Bayern investiert teuer in Verteidger

Durchaus bemerkenswert für einen Verein wie den FC Bayern, der den dominanten Offensivfußball lebt: Fünf der zehn teuersten Zugänge der Vereinsgeschichte waren Verteidiger. Neben den vier hier aufgeführten gehört auch Mats Hummels noch dazu. Und zieht man den Kreis noch weiter, dann gehören mit Martinez, ein ehemaliger Rekordeinkauf, und Arturo Vidal noch zwei weitere Defensivspieler zum elitären Club der teuersten Münchner.

Bleibt nun noch die Frage: Kann de Ligt die Abwehr der Münchner anführen? Experten wie Lothar Matthäus oder Huub Stevens schwärmen und schreiben dem FC Bayern einen sensationellen Transfer zu. Mit 19 Jahren war der Niederländer bereits der Chef der Abwehr von Ajax Amsterdam, wechselte dann zu den Defensivkünstlern von Juventus Turin. Dort lernte er an der Seite der gladiatorenhaften Zweikampf- und Stellungsspielgenies Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini. Doch der erwartete nächste (große) Schritt blieb aus. Auch deswegen gab Juve ihn nun frei, obwohl mit Chiellini parallel einer der großen Helden in die MLS abwanderte. Aber bei der Alten Dame wurde de Ligt nie wirklich glücklich, das System von Nagelsmann sollte ihm deutlich mehr entgegenkommen. De Ligt kann Dreier- oder Viererkette, ist zweikampfstark, gilt als guter Kommunikator und ist vertraut mit hohem Verteidigen und Pressing.

De Ligt soll der Wunschspieler des Trainers gewesen sein. Ein teures Geschenk. Ein teurer Vertrauensbeweis des Klubs in Nagelsmann, dem für diese Saison eine deutliche Steigerung ins Pflichtenheft geschrieben worden war. Ein Souverän in der Abwehr, ist der Schlüssel. Klopp hat ihn, Pep nicht, Nagelsmann hofft.

Quelle: ntv.de, tno

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