Effenberg, Max Kruse, Riemann Der SC Paderborn liebt das schillernde Spiel mit dem Risiko
22.01.2025, 20:26 Uhr
Stefan und Claudia Effenberg haben Spuren beim SC Paderborn hinterlassen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der SC Paderborn lässt im Aufstiegskampf zur Fußball-Bundesliga zuletzt reichlich Federn. Nun will der Verein den Trend stoppen und das mit der Verpflichtung von Manuel Riemann. Es ist der nächste schillernde Deal für den Klub aus Ostwestfalen.
Manchmal mag man sich schon wundern, an welchen Orten die Sehnsucht nach schillernden Persönlichkeiten besonders groß ist. Paderborn wäre dabei wohl nur selten erste Wahl. Eher würde man Berlin erwarten, Köln, Düsseldorf oder München. Aber die Metropole an der Pader hält dagegen, dank ihres Fußballvereins, dem Sportclub 07. Mit Manuel Riemann hat der ambitionierte Zweitligist nun wieder einen Transfer gelandet, der die Szene überrascht. Der seit Jahren polarisierende Torwart kommt vom VfL Bochum und soll direkt die Nummer eins werden. Der 36-Jährige soll helfen, den Traum von einer Rückkehr in der 1. Bundesliga zu realisieren.
Der Transfer ist durchaus ungewöhnlich. Eine neue Stammkraft zwischen den Pfosten im Winter zu holen, das kommt nicht allzu oft vor. Meistens ist ein solcher Deal eine Reaktion auf Verletzungen. Doch in Paderborn ist das anders. Der ebenfalls polarisierende Trainer Lukas Kwasniok, gerade erst vom DFB wegen seiner Schiri-Schelte am Wochenende gerügt, ist mit seinen Keepern nicht zufrieden, hat bereits die Rollen von Pelle Boevink oder Markus Schubert getauscht und ihnen schwere Vorwürfe gemacht. "Allein die Torhüter haben uns dieses Jahr sechs bis acht Punkte gekostet. Und zwar nicht mit Kann-Aktionen, sondern mit brutalen Aussetzern."
Der große Knall in Bochum
Nun also soll es Riemann richten. "Manuel ist ein weiteres wichtiges Puzzleteil für unsere Ambitionen in der Rückrunde. Er ist ein sehr erfahrener Torhüter und bringt alle Attribute mit, die uns auf dieser Position wichtig sind. Dazu gehören fußballerische Qualität, Strafraum-Beherrschung und die direkte Torverteidigung", sagte Paderborns Geschäftsführer Sport Benjamin Weber. "Mit seinen Qualitäten wird er unsere Qualität auf dieser zentralen Position sofort erhöhen."
Beim VfL Bochum hat er das jahrelang nachgewiesen. Er hat gezeigt, was für ein herausragender Keeper er sein kann, allerdings war auch er nicht frei von groben Fehlern. Mit dem 36-Jährigen bekommt der SCP aber nicht nur einen Torwart, sondern vor allem einen Typen. Riemann ist an Emotionalität kaum zu überbieten. An guten Tagen spielt er sich in einen Rausch und reißt die Mannschaft mit. An weniger guten Tagen kann seine lautstarke und motzende Art aber auch demotivieren.
Kurz vor der Relegation des VfL im vergangenen Jahr kam es etwa zum großen Knall. Weil Riemann sich gegen das eigene Team stellte, wurde er degradiert. Gegen Fortuna Düsseldorf stand Oldie Andreas Luthe im Tor. Die Lage zwischen dem Klub und Riemann beruhigte sich fortan nicht mehr, dem Keeper war es untersagt, am Training der Profimannschaft teilzunehmen. Dagegen ging er juristisch vor und unmittelbar vor dem Showdown im November einigten sich der VfL und seine langjährige Nummer eins außergerichtlich. Riemann trainierte wieder mit, hoffte auf seine Chance, auch weil Patrick Drewes nicht über alle Zweifel erhaben ist. Diese Chance aber bekam er unter Dieter Hecking nicht. Deswegen suchte er nach Alternativen und fand sie Paderborn.
Wieder einmal überrascht der Klub mit einem polarisierenden Transfer und setzt sich damit durchaus einem Risiko aus. Riemann ist ein Alphatier, ebenso wie sein neuer Trainer Kwasniok, der 2021 für den kaum weniger emotionalen Typen Steffen Baumgart übernahm. Für die Mannschaft kann die Kombination ein Funke sein, um im Aufstiegskampf zu zünden. Aber die Kombination kann auch für Stress sorgen, sollten sich derart schwache Leistungen wie zuletzt gegen Hertha BSC (1:2) oder überhaupt die sieglosen Vorstellungen aus dem ganzen Dezember wiederholen. Auf Platz acht der Tabelle fehlen indes nur drei Punkte auf die Ränge 1 bis 3.
Die prominenten Vorgänger
Riemann ist nicht der erste Transfer, mit dem der SC Paderborn das Schlaglicht nach Ostwestfalen lenkt. Am 13. Oktober 2015 kam Stefan Effenberg - als Trainer! Was für ein Coup. Die ersten beiden Spiele wurden gewonnen, danach gab's im DFB-Pokal eine 1:7-Klatsche bei Borussia Dortmund, trotz 1:0-Führung! Nach 15 Spielen und zwei Siegen, denen zum Auftakt, war das Spektakel vorbei.
Eine kleine Auswahl: Weil er keine Seminare besucht hatte, arbeitete er ohne gültigen Trainerschein. Auch der Führerschein war nach einer Promillefahrt während des Oktoberfestes weg. Aber, Obacht, einen gültigen Bootsschein würde er besitzen, konterte er die Kritik. Auch seine Frau Claudia war omnipräsent und nahm den Klubchef auf der Tribüne auch schonmal in den Arm. Ein bisschen FC Hollywood in Ostwestfalen. Und reichlich Rambazamba im Trainingslager. Präsident Wilfried Finke gefiel das nicht. Er sagte später: "Es ist nicht die Aufgabe von Stefan Effenberg, dem Spieler zu sagen: 'Wenn du in die Hotelbar gehst, lass bitte die Hose oben!'" Nach der Trennung warf der Präsident dem Weltstar eilig hinterher, den Verein ins "Lächerliche" gezogen zu haben.
Und taktisch durfte sich "Effe" von Ralf Rangnick nach einem Spiel gegen RB Leipzig anhören, dass er "zum letzten Mal vor 30 Jahren erlebt, dass eine Mannschaft so spielt wie Paderborn gegen uns".
Weniger geräuschvoll verlief dagegen die Zeit von Max Kruse beim SCP. Auch dieser Deal kam überraschend und ließ durchaus Großes erwarten. Sportlich und atmosphärisch. Aber beide Erwartungen/Befürchtungen erfüllten sich nicht. Kruse war oft verletzt und kam nie richtig in Form. Er kam lediglich fünfmal zum Einsatz und blieb dabei unter 200 Minuten auf dem Rasen. Ende November 2023 endete die Zusammenarbeit nach nicht mal einem halben Jahr, aber mit großem Respekt für den Spieler. "Astreiner Mensch, leider ist es für beide Seiten nicht ganz so aufgegangen, wie wir uns das vorgestellt haben", sagte Trainer Kwasniok zum Abschied. Kruse sei auf menschlicher Ebene "1A mit Sternchen. Er hätte hier den großen Star raushängen lassen können - auch im Alltag. Das hat er nicht ein einziges Mal getan." Nun also das nächste Experiment: Paderborn und Riemann.
Quelle: ntv.de, tno