Fußball

Flicks Wut beim FC Bayern Ein Satz, der alles vernichtet

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Wut-Blick vom Wut-Flick.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der FC Bayern verliert an diesem Mittwochabend gleich mehrere Dinge. Eine wichtige Partie, zwei verletzte Spieler, einen Leistungsträger - und womöglich auch Trainer Hansi Flick. Der sagt nach der Pleite gegen Paris St. Germain bemerkenswerte Dinge.

Hätte Jérôme Boateng den so "freundschaftlichen Rat" von Uli Hoeneß im Sommer 2019 doch mal angenommen und den FC Bayern verlassen, dann würde sich der FC Bayern in diesen Tagen nicht an Jérôme Boateng zerlegen. Aber genau das tut er. Und zwar auf eine absurde Weise, die brutal entlarvt, dass der medial verkündete Frieden zwischen Trainer Hansi Flick und Sportvorstand Hasan Salihamidzic nicht mehr war oder ist als eine öffentliche Befriedung.

Die finale Episode in diesem eigenartigen Schauspiel um Macht und Hoheitsgebiete ereignete sich womöglich an diesem Mittwochabend vor und nach dem wilden Champions-League-Viertelfinal-Hinspiel mit Paris St. Germain, das die Münchner trotz phänomenaler Dominanz auf tragische Weise mit 2:3 (1:2) verloren. Denn vor und nach diesem Spiel ging es um Boateng. Um Flick. Und um Salihamidzic. Der hatte unmittelbar vor Anpfiff ganz lapidar ausgeplaudert, dass der Innenverteidiger tatsächlich keinen neuen Vertrag erhalte. Und damit bestätigt, was der "Kicker" an Ostern als Endgültigskeitsbeschluss in München platziert hatte. Trotz der ewigen und vehementen Lobbyarbeit des Trainers.

Dass dieser laut Sportvorstand in die Entscheidung eingebunden war, kann nur bedeuten, dass der sportlich bisher so erfolgreiche Flick von den Plänen zwar wusste, aber eben nur vor unverrückbare Tatsachen gestellt wurde. Denn dass er etwa ihnen die Zustimmung gegeben hatte, undenkbar! Zu klar hatte sich Flick nach den aufkommenden Medienberichten an die Seite des Spielers gestellt. Ein flammendes Mini-Plädoyer für ihn gehalten.

Machtkampf klar entschieden

Und nach dem Spiel sagte der Trainer dann noch einen Satz, der alles vernichtete, was eine weitere Zusammenarbeit mit Salihamidzic eigentlich unmöglich macht. Die Frage, ob es ablenke und ihn störe, wenn unmittelbar vor einem so wichtigen Duell der Abgang eines vertrauten Leistungsträgers verkündet wird, beantwortete er so: "Ich muss hier professionell auf Fragen antworten, aber alles muss ich nicht beantworten, weil ich es nicht möchte. Ich muss auch ein bisschen schauspielern, auch das gehört zum Trainerjob."

Schauspielern, im Trainerjob. Mehr unterdrückte Wut geht nicht. Mehr Affront nicht. Mehr Statement, wer im Machtkampf um Kader- und Transferfragen die uneingeschränkte Hoheit hat, auch nicht. Die mächtigen Entscheider des FC Bayern machen Flick zu einem Ausführungsgehilfen, nicht zu einem Gleichberechtigten. Das nervt ihn wahnsinnig. Den großen Rahmen geben die Alphaherren auf der höchsten Etage vor. Das war indes schon immer so. Sie planen den Kader, nicht der Trainer. Sie setzen ihre Wünsche durch. Wie beispielsweise Leroy Sané. Statt Timo Werner oder Kai Havertz. Flick bekommt das wieder und wieder zu spüren. Bei Ivan Perisic, bei Thiago, bei David Alaba. Und nun bei Boateng. Akzeptieren will er das nicht. Er fordert Mitsprache, die wird ihm aber weiterhin vehement verweigert. Der Knackpunkt für eine gemeinsame Zukunft.

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Die Transferpolitik des Sportvorstands ist so eben ein ständiger Widerspruch zu Flicks Ambitionen. Die Liste der Spieler, mit denen der Trainer nichts anfangen kann, ist lang. Sie reicht von Álvaro Odriozola, über Bouna Sarr und Marc Roca bis zu Douglas Costa. Dass es immer wieder auch Einmischungen gibt, zum Beispiel beim leidigen Thema Alexander Nübel, das stößt Flick zudem mächtig auf. Dass er für Salihamidzic' teuersten Coup, den französischen Weltmeister Lucas Hernández, bislang keinen festen Platz gefunden hat, auch das ist nicht zuträglich für das Verhältnis der beiden Dissens-Parteien.

Und die scheuen sich ohnehin, ein klares Bekenntnis zu einer gemeinsamen Zukunft abzugeben. Nachfragen am Mittwochabend endeten in einem wieder einmal fast schon peinlichen Eiertanz um "bekannte Vertragslaufzeiten", um Sätze wie "es ist doch alles gesagt" und um eine "sehr gute Zusammenarbeit". Das war schon reichlich unglaubwürdig. Und es wurde zum blanken Hohn, als Flick über seine notwendige Schauspielerei referierte. Es war der womöglich finale Satz, der seine Zukunft in München endgültig vernichtet (mit der guten Optionen im Rücken doch zum DFB als Bundestrainer zu wechseln). Den Machtkampf, den hatte er ja bereits verloren. Nicht nur wegen Boateng. Aber ganz besonders wegen ihm.

Quelle: ntv.de

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