Fußball

Bundesliga-Check: Gladbach "Endlich wieder die Mutter aller Derbys"

"Für mich als Traditionalisten ist das neue Trikot zweifellos das Nonplusultra!" Granit Xhaka und Raphael beim Sieg im DFB-Pokal in Homburg.

"Für mich als Traditionalisten ist das neue Trikot zweifellos das Nonplusultra!" Granit Xhaka und Raphael beim Sieg im DFB-Pokal in Homburg.

(Foto: imago/Moritz Müller)

Die Fußball-Bundesliga geht in ihre 52. Saison. Vorher lassen wir die Experten zu Wort kommen - wie sehen Blogger die Chancen ihrer Klubs? Thorsten Cöhring betreibt das "Fohlenblog", freut sich wie ein kleines Kind auf seine Mönchengladbacher Borussia, hat aber keinen blassen Schimmer, wie es am Ende ausgeht. Macht aber nichts, schließlich stehen wieder zwei Spiele gegen den Effzeh K**n an.

Vierter, Achter, Sechster, das waren die Bundesliga-Platzierungen in den vergangenen Jahren. Wie lautet das Ziel in dieser Saison?

"Borussia Mönchengladbach ist eine Wundertüte": Thorsten Cöhring.

"Borussia Mönchengladbach ist eine Wundertüte": Thorsten Cöhring.

Strukturell ist Borussia Mönchengladbach nicht in der Lage, im Wettrüsten der finanzstarken Klubs wie München, Dortmund, Schalke, Leverkusen oder Wolfsburg mitzuhalten. Sportdirektor Max Eberl hat deshalb für den Verein in den vergangenen Jahren eine eigene Philosophie entwickelt: Hochkarätige Talente entdecken, fördern, weiterentwickeln und später an finanzkräftige Klubs wieder abgeben. Für die Umsetzung ist Trainer Lucien Favre genau der richtige Mann. Das bedeutet aber auch im Umkehrschluss: Borussia wird nie um die Meisterschaft mitspielen und selten an der Tür zur Champions League kratzen können. Angesichts der Nischen-Philosophie ist ein Platz in der oberen Tabellenhälfte immer ein Erfolg. Speziell in der kommenden Saison, da die gesamte Bundesliga im Querschnitt personell extrem aufgerüstet hat. Deshalb gibt Max Eberl einen "einstelligen Tabellenplatz" völlig zu Recht als realistisches Saisonziel aus. Für uns Fans heißt das vor jeder Saison: Borussia Mönchengladbach ist eine Wundertüte. Du freust dich darauf wie ein kleines Kind, aber du hast keinen Schimmer, was wirklich drin ist. Denn angesichts der Ausgeglichenheit in der Liga kann der Schuss auch mal derb nach hinten losgehen, wenn in einem Jahr die Mischung nicht stimmt oder wenn du vom Verletzungspech verfolgt wirst.

"Ich liebe meine Borussia"

Fohlenblog.de besteht in seiner gegenwärtigen Form seit 2012. Betreiber und Autor ist Thorsten Cöhring,55 Jahre alt. Der gelernte Sport- und Nachrichtenredakteur (Westfalen-Blatt, Nachrichtenagentur ddp, RTL Television, RTL Interactive), arbeitet in der Unternehmenskommunikation der Detecon International GmbH in Köln. Sein Herz schlägt seit rund einem halben Jahrhundert für Borussia Mönchengladbach. Cöhring, der die große Gladbacher Zeit in den 70er Jahren noch hautnah miterlebt hat, schreibt regelmäßig über seinen Klub, grundsätzlich immer nach Spielen. "Ich habe nicht den Anspruch, objektiv zu sein. Ich liebe meine Borussia, sie ist Teil meines Lebens und ich habe viele Höhen und Tiefen mit ihr erlebt. Von daher erlaube ich mir immer den Luxus einer eigenen Meinung", sagt Cöhring. Er ist Dauerkarteninhaber im Borussia-Park sowie Mitglied im Verein und im Fanprojekt.

Kein Juan Arango mehr, mit Max Kruse nur ein echter Stürmer. Wie will Trainer Lucien Favre das lösen?

Nominell könnte man das Gladbacher System auf den ersten Blick für ein 4-2-3-1 halten, wie es bei vielen Klubs weit verbreitet ist. Dazu brauchst du allerdings einen Stoßstürmer. Den hat Gladbach nicht und den will Favre auch nicht haben (siehe Luuk de Jong). Insofern spielte Borussia eigentlich ein klassisches 4-4-2 italienischer Prägung. Zwei Viererketten und vorne zwei bewegliche und ständig rochierende Spitzen, Kruse und leicht hängend Raffael. Favre mag eine Mischung aus Hochgeschwindigkeits- und Ballbesitzfußball. Es gelingt der Mannschaft nicht immer, die richtige Balance zu finden. In der vergangenen Saison spielte die Mannschaft vor allem zu Hause oft Klassefußball, auswärts wirkte sie dagegen häufig gehemmt und leistete sich zu viele einfache Ballverluste. Das manchmal etwas lahme Flügelspiel sollte durch die Neuverpflichtungen Fabian Johnson, Ibrahima Traore und André Hahn deutlich mehr Dynamik bekommen. Eine zentrale Frage ist, ob ein anderer Spieler in Arangos Führungsrolle hineinwachsen kann. Ich setzte große Hoffnungen in Granit Xhaka. Oder vielleicht macht Håvard Nordtveit noch einmal einen Leistungssprung. Christoph Kramer darf sich zwar inzwischen Weltmeister nennen, geht aber erst in seine zweite Bundesligasaison.

Wie sieht die erste Elf vermutlich aus?

Mittlerweile sind fast alle Kader-Positionen in Abwehr und Mittelfeld gleichwertig doppelt besetzt. Im Tor ist Neuzugang Yann Sommer ganz sicher die Nummer eins. Im Angriff führt an Raffael und Kruse kein Weg vorbei. Ein Ausfall einer dieser beiden könnte zu einem Problem werden. Das 4-4-2-System könnte so aussehen: Sommer - Johnson, Jantschke, Stranzl, Wendt (Dominguez) - Hahn (Herrmann), Kramer, Xhaka (Nordtveit), Traore - Raffael, Kruse. Alternativ dazu das 4-2-3-1: Sommer - Johnson, Jantschke, Stranzl, Wendt (Dominguez) - Kramer, Xhaka (Nordtveit) - Hahn (Herrmann), Raffael, Traore - Kruse.

Hahn, Sommer, Hazard, Traore - wer ist der Königstransfer?

Schwer zu sagen. Bis auf Torhüter Yann Sommer, der den nach Barcelona abgewanderten Marc-André ter Stegen ersetzt, hat keiner der Neuen einen Stammplatz sicher. Mit anderen Worten: Eberl und Favre haben den Kader vor allem in der Breite verstärkt. Gemessen an seinem Potential könnte vor allem Ibrahima Traore für Furore sorgen. Er hat das Zeug zum neuen Publikumsliebling. Bei André Hahn bleibt abzuwarten, ob er sich im Gladbacher Spielsystem genauso gut zurechtfindet wie im Augsburger. Fabian Johnson ist vielseitig einsetzbar und kommt damit Favres Ideal vom "polyvalenten Spieler" sehr nahe. Thorgan Hazard sehe ich eher als Ergänzungsspieler. Aber er ist vielleicht für eine Überraschung gut.

Was wird das Saisonhighlight?

Das Highlight ist für alle Borussia-Fans ganz sicher wieder die Europa-League-Teilnahme. Vor zwei Jahren haben um die 10.000 Fans nacheinander Marseille, Istanbul und Rom gerockt. Ähnliches ist in dieser Saison wieder zu erwarten. Aber zunächst einmal muss die Mannschaft natürlich die Qualifikationsrunde am 21. und 28. August überstehen.

Was wird die schönste Auswärtsfahrt für die Gladbach-Fans?

Die schönsten Auswärtsfahrten führen immer in die europäischen Metropolen ... Paderborn könnte ganz nett werden, das Stadion kennen wir noch nicht. Ansonsten ist natürlich vor allem München immer eine Reise wert. Und Berlin - wobei ich dort am liebsten am 30. Mai 2015 spielen würde.

Welches Duell wird besonders heiß?

Nach zwei Jahren gibt es endlich wieder die "Mutter aller Derbys" gegen den 1. FC Köln (in Gladbacher Schreibweise: Effzeh K**n). Wobei das Aufeinandertreffen der beiden rheinischen Traditionsklubs mit "heiß" nur unzureichend beschrieben ist. Originellerweise haben die Spielplanmacher das Rückspiel im Borussia-Park auf das Karnevals-Wochenende terminiert. Ein ziemlich närrischer Einfall - findet vor allem die Polizei.

Und, wie finden wir das Trikot?

Für mich als Traditionalisten ist das neue Trikot zweifellos das Nonplusultra! Eine Zeitreise, 40 Jahre in die Vergangenheit. Genau dieses weiße Trikot, mit den beiden schwarz-grünen Längsstreifen auf der Vorderseite, trug Borussia Mönchengladbach in der erfolgreichsten Saison der Vereinsgeschichte. 1974/75 wurden wir damit Deutscher Meister und Uefa-Pokalsieger. Insofern hat unser Ausrüster Kappa damit einen großen Wurf gelandet.

Quelle: ntv.de

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