FIFA ermittelt gegen Ungarn England-Spieler klagen über Rassismus
03.09.2021, 10:20 Uhr
Raheem Sterling bejubelt seinen Treffer zum 1:0. Die Ungarn-Fans sind nicht begeistert.
(Foto: picture alliance / empics)
Bereits bei der Europameisterschaft schreiben die Fans der Ungarn negative Schlagzeilen. Gegen England geht es direkt weiter. In der Puskas Arena kommt es erneut zu rassistischen Ausfällen. Englands FA fordert von der FIFA Ermittlungen. Die kündigt "angemessene Maßnahmen" an.
Immer wieder Ungarn. Bei der 0:4 Heimniederlage gegen England, dem ersten Spiel nach der Fußball-Europameisterschaft, sorgen die Fans der ungarischen Nationalmannschaft erneut für negative Schlagzeilen. Teile von ihnen sollen die englischen Nationalspieler Jude Bellingham und Raheem Sterling rassistisch beleidigt haben. Englands Nationaltrainer Gareth Southgate bezeichnete die Übeltäter als "Dinosaurier". Der Verband forderte die FIFA zu Ermittlungen auf. Auch der britische Premierminister Boris Johnson forderte Konsequenzen. Die FIFA reagierte und kündigte "angemessene Maßnahmen" an, "sobald die entsprechenden Berichte zum Spiel vorliegen".
Borussia Dortmunds Jude Bellingham, der bei dem Sieg ohne Einsatz blieb, und Manchester-City-Profi Raheem Sterling, der zum 1:0 für England traf, sollen bei dem Spiel nach übereinstimmenden Medienberichten mit Affenlauten bedacht worden sein. Das zeigten auch Fernsehbilder des übertragenden Senders ITV. Bereits vor dem Spiel wurden Englands Spieler für ihre "Take A Knee"-Geste von den Fans in der Puskas Arena ausgebuht. Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel zeigte sich England-Trainer Gareth Southgate erschüttert und hilflos. Zudem forderte er Konsequenzen für die Vorfälle.
Englischer Verband fordert Ermittlungen
"Unsere Spieler können nicht mehr tun, als sie in den letzten zwei, drei Jahren getan haben. Sie haben versucht, die richtigen Botschaften zu verbreiten, die richtigen Positionen einzunehmen. Es liegt an anderen Menschen, sie zu schützen. Es ist einmal meine Aufgabe und es ist aber auch die Aufgabe der Behörden", sagte Southgate auf die rassistischen Beleidigungen gegen seine Spieler angesprochen. "Sie sollten keiner Form von Rassismus ausgesetzt sein."
Später forderte der englische Fußball-Verband Ermittlungen durch die FIFA. "Wir unterstützen Spieler und Staff weiterhin in ihrem gemeinsamen Bestreben, Diskriminierung in jeglicher Form aufzuzeigen und zu bekämpfen", teilte die FA in einem Statement mit. Auch der britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich auf Twitter empört. Er erwarte nun seitens der FIFA "energische Maßnahmen gegen die Verantwortlichen" und bezeichnete die Beleidigungen als "völlig inakzeptabel". Die FIFA verbreitete später ein Statement, in dem sich der Weltverband klar positionierte. "Die FIFA stellt sich entschieden gegen jedwede Form des Rassismus und verfolgt eine sehr strikte Null-Toleranz-Politik", teilten sie mit.
Trainer Southgate wollte am Donnerstag nicht alle Ungarn-Fans in Sippenhaft nehmen. Er verwies auch auf die Probleme im eigenen Land. "Es ist nicht fair, alle ungarischen Fans zu kritisieren. Viele von ihnen haben sich sehr gut benommen", sagte er nach dem Spiel und erinnerte an die Vorfälle, die nach dem verlorenen EM-Finale gegen Italien für Aufregung gesorgt hatten. Damals waren Marcus Rashford, Jadon Sancho und Bukayo Saka nach ihren vergebenen Elfmetern in England rassistisch beleidigt worden. Bei zwei Testspielen vor der EM hatten Teile der englischen Fans ihre Mannschaft ausgepfiffen, als diese vor dem Spiel auf die Knie ging.
"Sie werden die Dinosaurier sein"
"Es ist ähnlich wie bei uns, glaube ich. Mit den Tätern muss man sich beschäftigen. Dafür wird es Beweise geben. Sie wurden gefilmt und wir können nur hoffen, dass die Behörden richtig damit umgehen." Auf die Frage, ob die Vorfälle ein weiterer Beweis dafür gewesen seien, dass der Anti-Rassismus-Kampf der Spieler weitergehen müsse, antworte Southgate: "Sie sehen, dass die Welt sich verändert. Die, die an alten Denkmustern und Vorurteilen festhalten, werden am Ende die Dinosaurier sein. Die Welt wird moderner. In Ungarn ist die Bevölkerung nicht annähernd so vielfältig wie in unserem Land. Zwangsläufig dauert es so noch sehr, sehr lange, bis wir dort ankommen, wo wir hinmüssen."
Ungarn war während der politisierten Europameisterschaft häufiger in die Schlagzeilen geraten. Sie spielten eine zentrale Rolle im "Regenbogen"-Streit zwischen der Stadt München und der UEFA. Zudem waren sie auch beim Thema Rassismus in den Mittelpunkt gerückt. So soll die berüchtigte "Carpathian Brigade" bei den Spielen im Budapester Stadion aufgetreten und durch rassistische Äußerungen aufgefallen sein. Der schwarz gekleidete Mob wird von Experten als paramilitärische und rechtsradikale Gruppierung eingeschätzt.
Nach den diversen Vorfällen während der Europameisterschaft in diesem Sommer wurde Ungarn zu zwei UEFA-Heimpflichtspielen ohne Zuschauer verurteilt. Die Spiele der laufenden WM-Qualifikation fallen jedoch nicht in die Kategorie der UEFA-Heimpflichtspiele, sondern in die der FIFA-Heimpflichtspiele. Bereits 2019 verdonnerte die UEFA die Mannschaft aufgrund des rassistischen Verhaltens ihrer Anhänger bei einem EM-Qualifikationsspiel gegen die Slowakei zu einem Heimspiel unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Quelle: ntv.de, sue