Pressestimmen zu Blatter "Er hat uns bis zum Ende lachen lassen"
03.06.2015, 08:31 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Völlig überraschend schmeißt Fifa-Boss Joseph Blatter wenige Tage nach seiner Wiederwahl hin. Doch es braucht nur ein paar Stunden, bis andeutungsweise klar wird, weshalb der Schweizer sich nun doch noch zurückzieht. Ein Blick in die Zeitungen Europas.
The Times:
"Sepp Blatters Rücktritt als Fifa-Präsident war längst überfällig. Es ist gut, dass er geht. Die Beweise der US-Ermittlern scheinen zu bestätigen, dass die Fifa durch und durch verdorben war, und von einem Klüngel in einer Fünf-Sterne-Welt unter der nachsichtigen Aufsicht Blatters geführt wurde. Die Fifa muss nun einen unwahrscheinlich anmutenden Prozess einleiten, um einen ehrlichen Führer zu suchen."
Libération:
"Fifa Nostra. Heiliger Blatter, er hat uns bis zum Ende lachen lassen. (...) Was werden die 133 Verbandschefs denken, die für ihn gestimmt haben?"
Le Figaro:
"Blatter hat also die Waffen gestreckt. Gerade mal vier Tage nach seiner Wiederwahl an die Spitze der Fifa. Eine unglaublich dramatische Wendung, verursacht durch eine weitere Enthüllung."
Ouest-France:
"Die überraschende Bekanntmachung hat die Wirkung einer Bombe für die Fußballwelt. Ein unfassbares Erdbeben nach den Maßstäben des Geschäfts Fußball. Er (Blatter) hielt sich für unzerstörbar, unbesiegbar, unverzichtbar."
Neue Zürcher Zeitung:
"Dem Weltfußball dürften turbulente Wochen bevorstehen, wobei die zentralen Aspekte nicht nur Blatters Nachfolge, sondern auch die Beweggründe für seinen Abgang betreffen werden. Es gibt Spekulationen, Blatter gehe nicht einfach dem Fifa-Frieden zuliebe, sondern kapituliere vor juristischen Untersuchungen. Der Walliser steht zwar seit Jahren einer von Korruption geprägten Organisation vor, doch kriminelle Machenschaften sind ihm noch nicht nachgewiesen worden."
Tages-Anzeiger:
"Blatter wäre der falsche Mann gewesen, um die Fifa in die Zukunft zu führen, dafür war sein Name schon lange viel zu sehr belastet. Nun geht der 79-Jährige, das System aber bleibt. Es bleiben auch einige Funktionäre von fragwürdigem Ruf. Issa Hayatou, Senior-Vizepräsident und damit zweitoberster Fifa-Mann, gehört beispielsweise zu ihnen. Der Weltverband braucht deshalb weit mehr als Blatters Rücktritt."
Blick:
"Und jetzt geht er doch? Dann hat er etwas falsch gemacht? Liegt gegen ihn etwas Belastendes vor? Oder reicht ihm die Wiederwahl von letzter Woche für sein Vermächtnis? Oder sind es private Gründe? Noch am Kongress im Hallenstadion in Zürich-Oerlikon beteuerte Blatter, den Fußball vom Ruch der Korruption befreien zu wollen - als Präsident. (...) Bei seinem Abgang gestern tönt er anders, verbittert, geknickt."
Die Presse:
"Eines aber dürfen alle Kritiker nicht vergessen: Blatter hat die Fifa zu dem gemacht, was sie ist; ein Unternehmen mit zwei Milliarden Dollar Jahresumsatz, ein Weltkonzern. Die Vermarktung des WM-Pokals ist ein Selbstläufer, jeder Amateur könnte es. (...) Blatter war ein Top-Manager mit Kontakten, Geschäftssinn und Verhandlungsgeschick. Die Fifa hat unter seiner Leitung den Fußball an den Bestbieter verkauft, ja; aber extrem hochpreisig. Und ausschließlich an dieser Summe wird nun sein Nachfolger gemessen."
YNET:
"Fifa wird in der nächsten Zeit mit der Wahl eines neuen Präsidenten beschäftigt sein und die Beschäftigung mit den palästinensischen Beschwerden wird sich verzögern. Sollte Uefa-Chef Michel Platini gewählt werden, wären das gute Nachrichten für Israel. Platini war zuletzt die wichtigste Kraft bei der Unterstützung Israels gegen die Forderung der Palästinenser nach einem Ausschluss (aus der Fifa). Aber auch wenn der Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien gewählt wird ist das nicht unbedingt schlecht für Israel."
Quelle: ntv.de, jwu/dpa