Fußball

Blamagen, Triumphe, Klopp Europas Seriensieger droht das Fußball-Fiasko des Jahres

Jürgen Klopp kämpft überraschenderweise noch um die Teilnahme an der Champions League.

Jürgen Klopp kämpft überraschenderweise noch um die Teilnahme an der Champions League.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Titel, Dramen, Sensationen: Es ist Mai. Das bedeutet: In den europäischen Fußball-Ligen fallen Meister- und Absteiger-Entscheidungen. Ein Blitz-Ritt durch die spannendsten Fragen im europäischen Fußball-Showdown. Welcher Traditionsverein muss runter und was macht eigentlich Roger Schmidt?

Verspielen die Bayern nach über zehn (!) Jahren mal wieder den Titel?

Zum Aufwärmen die Bundesliga: Der 31. Spieltag ist Geschichte und die Meisterschaft offen wie … seit 2008/09 nicht mehr. In jener Saison kabbelten sich sogar am letzten Spieltag noch gleich drei Teams um die Schale - Wolfsburg, Bayern und Stuttgart. Andere Zeiten.

2023 stolpert der FC Bayern nach Trainer-Chaos, Maulwurf-Affäre und gefühlt zwölf anderen Eklats an der Spitze. Lediglich ein Punkt trennt die Bayern von Borussia Dortmund, das elf Jahre nach dem letzten Meistertitel wieder nach der Schale lechzt. Vorteil Bayern: Die Münchener haben es in der eigenen Hand. Vorteil Dortmund: Der BVB wirkt nicht zuletzt nach dem 6:0-Spektakel gegen Wolfsburg dermaßen titelgierig, dass sich am Borsigplatz schon mal die Kehrwagen warmbrummen sollten. Falls die Bayern auch den letzten Titel der Saison verspielen, wird die Luft für Sportvorstand Hasan Salihamidzic und CEO Oliver Kahn noch dünner als sie jetzt schon ist. Es droht die absolute Horror-Saison ohne einzigen Titel.

Das Restprogramm:

Bayern: Schalke (H), Leipzig (H), Köln (A)

Dortmund: Mönchengladbach (H), Augsburg (A), Mainz (H)

Endet Misere von spanischem Ex-Top-Klub mit Abstiegs-GAU?

Aus der Ferne drückt Ex-Bayern und Ex-Dortmund-Knipser Robert Lewandowski die Daumen. Wie der 34-Jährige explizit betont, aber nur den Bayern. Mit seinem neuen Arbeitgeber, dem FC Barcelona, ist der Pole schon deutlich näher an der Meisterschaft als der andere FCB. Bei fünf ausbleibenden Spielen und 13 Punkten Vorsprung auf Atlético und 14 auf Real Madrid, ist der Meistertitel Nummer 27 nur noch Formsache. Für Barça steht damit die erste Meisterschaft seit vier Jahren unmittelbar bevor. Lewandowski hatte mit bisher 19 Treffern einen großen Anteil an der Wiederauferstehung des weiterhin kriselnden Riesen. Lewandowski liegt in der Torjägerliste zwei Treffer vor Reals Torjäger Karim Benzema. An seine Bayern-Marken aus den vergangenen Jahren reicht Lewa aber nicht heran. In den vergangenen drei Jahren traf er quasi nach Belieben und erzielte in der Bundesliga 34, 41 und 35 Tore.

Lewandowski steht kurz vor dem Gewinn seiner ersten Meisterschaft in Spanien.

Lewandowski steht kurz vor dem Gewinn seiner ersten Meisterschaft in Spanien.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Von solch einem Goalgetter kann der FC Valencia nur träumen. Der Champions-League-Finalist von 2000 und 2001 ist akut vom Abstieg aus der Primera Division bedroht. Ein ganz Großer des spanische Klub-Fußballs taumelt dem Abgrund entgegen. Fünf Spieltage vor Saisonende rangiert der Klub punktgleich mit Getafe auf Rang 16. Nur der direkte Vergleich trennt Valencia vom Abstiegsrang. Für Valencia wäre es der erste Abstieg nach 104 Jahren Vereinsgeschichte. Die Fans richten ihren Zorn auf die singapurischen Investor Peter Lim, der es nicht schaffte, Ruhe und Konstanz in den Verein zu bringen. Seit Jahren trudelt der einstige Top-Klub in den Niederungen des Mittelfelds. Top-Spieler wie Ferran Torres mussten verkauft werden - adäquat ersetzt wurden sie nicht. Noch schlechter sieht die Lage für einen anderen Traditionsklub in der Nähe aus: Espanyol Barcelona steht mit 31 Zählern auf dem 19. Platz.

Wer ist der Meister-Novize, der vor vier Jahren noch in der 3. Liga kickte?

In der Heimat von Robert Lewandowski steht mit Rakow Czestochowa bereits ein neuer Meister fest. 2016/17 spielte der Klub aus der südpolnischen Stadt Czestochowa noch in der 3. Liga. Der neue Champion ist der erste Proficlub des ehemaligen Dortmunder Publikumslieblings Jakub "Kuba" Blaszczykowski gewesen, der den Verein zeitweise sogar finanziell unterstützte. Den steilen Aufstieg befeuerte vor allem der Einstieg von Investor und Computerunternehmer Michal Swierczewski, einem der reichsten Polen. Mit einem klaren Erfolgsplan, der nicht einfach das plumpe Werfen mit Geld beinhaltet, verhalf er dem Verein zunächst zum Aufstieg in die 2. Liga. 2019 gelang der Wiedereinzug in die 1. Liga. Nach zwei Vizetiteln in Serie folgte in diesem Jahr die Krönung in der Ekstraklasa vor Legia Warschau.

Dort feierte Trainer Kosta Runjaic, in Deutschland bekannt aus seinen Zeiten beim MSV Duisburg oder dem 1. FC Kaiserslautern, eine hervorragende Debütsaison. Er führte den Traditionsklub von Rang 10 auf 2 - dazu holte er mit den Hauptstädtern den polnischen Pokal.

Rettet sich Klopp doch noch in die Champions League?

In Liverpool werden europäische Töne angestimmt. Während der Eurovision Song Contest in der Stadt der Beatles aufschlägt, legt der Fußballklub der Stadt eine Siegesserie im Endspurt der Premier League hin. Durch den sechsten Sieg in Serie schraubt sich das Team von Jürgen Klopp auf Tabellenplatz fünf - hat allerdings ein Spiel mehr absolviert als die unmittelbare Konkurrenz von Manchester United, das Rang vier belegt. Auf diesen Platz, der das Tor zur Champions League bedeutet, fehlt aktuell ein Punkt.

Das Erreichen der Königsklasse wäre nach dem verheerenden Saisonstart ein großer Erfolg. Die Reds waren am 14. Spieltag noch 9., flogen in der Champions League und den Pokal-Wettbewerben ebenfalls früh raus. Teilweise wurde auch Trainer Klopp angezählt. Diese Tage sind nun wieder vergessen. Es klingt wieder mehr Dur als Moll in Liverpool.

Ein direkter Konkurrent um die Champions-League-Plätze ist Newcastle United, das in den Vorjahren noch gegen den Abstieg spielte. Inzwischen ist ein saudi-arabisches Konsortium (Staatsfonds PIF) bei dem Traditionsklub eingestiegen. Trainer Eddie Howe und zahlreiche Transfers (2022/23 investierte der Klub 185 Millionen Euro) hauchten Newcastle neues Leben ein, jetzt gieren sie nach der Königsklasse. An der Spitze führt weiter Manchester City die Tabelle an - mit einem Zähler mehr und einem Spiel weniger als Überraschungsteam Arsenal.

Andere Probleme haben Leicester City und der FC Everton. Der Überraschungsmeister von 2016 (Leicester) steht auf Rang 18 und damit einem Abstiegsplatz (30 Punkte bei 35 Spielen), der andere Klub aus Liverpool (Everton) kämpft ebenfalls gegen den Abgang in die EFL Championship (32 Punkte).

Blamiert sich PSG weiter?

Die gute Nachricht für PSG vorweg: Mit sechs Punkten Vorsprung auf Verfolger Lens bei noch vier Partien sieht alles nach dem zweiten Titel in Serie aus. Ob in Paris wirklich alles "bien" ist, ist aber noch nicht final geklärt.

Lange dürfte dieses Trio nicht mehr gemeinsam auflaufen.

Lange dürfte dieses Trio nicht mehr gemeinsam auflaufen.

(Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP)

Zuvor hatte es noch eine peinliche Heimniederlage gegen FC Lorient gegeben. Es war die dritte Pleite für PSG in den vergangenen vier Heimspielen. Dazu zündete Weltmeister Lionel Messi mit seinem Spontan-Trip nach Saudi-Arabien (wo er Tourismus-Werbefigur ist) den Klub an. Der Argentinier wurde suspendiert, inzwischen darf er aber wieder mit dem Team trainieren. Sein Abgang nach Saisonende gilt als besiegelt. Es lockt, Überraschung, Saudi-Arabien.

Nach der Pleite gegen Lorient hatten aufgebrachte PSG-Fans das Trainingsgelände und die Villa von Neymar belagert und nicht nur den Brasilianer beschimpft. "Hau ab, Neymar", sangen sie.

Auch die angespannte Situation rund um Beziehung zwischen Fans und Klub-Bosse geht weiter. Vor dem PSG-Auswärtsspiel bei ES Troyes AC wurden Hunderte PSG-Anhänger, vor allem Ultras, von der Polizei gestoppt. Die Karten seien storniert worden, hieß es in französischen Medienberichten. Als Gründe wurden die harte Kritik der Fans am Klub-Boss Nasser Al-Khelaifi genannt. Dazu steht Coach Christophe Galtier vor dem Aus - all das als kommender Meister. PSG bleibt ein Pulverfass.

Genua tauscht Erstligisten

Die SSC Neapel ist erstmals seit dem Maradona-Höhenflug vor 33 Jahren wieder Meister geworden. Unter dem Vesuv eskalierten die Feiern der Tifosi komplett. Mit dem Napoli-Coup endet eine Ära. Die Erben Maradonas sorgten für ein Ende der Drei-Städte-Serie in Land des Calcios. Seit 1991 (Sampdoria Genua) hatten jedes Jahr entweder ein Klub aus Turin (Juventus), Rom (AS, Lazio) oder Mailand (Inter, AC) den Scudetto gewonnen.

Apropos Sampdoria: Der Traditonsklub steigt nach elf Jahren in der Serie A wieder aus der ersten Liga ab. 17 Punkte nach 34 Spielen sprechen eine klare Sprache. Die Hafenstadt Genua wird dennoch im Oberhaus vertreten sein. CFC Genua (neunmaliger Meister) steht bereits als Aufsteiger der Serie B fest.

Gibt es den Belgien-Hammer?

Van Bommel ist auf Meisterkurs.

Van Bommel ist auf Meisterkurs.

(Foto: IMAGO/MB Media Solutions)

Im deutschen Nachbarland bahnt sich eine Meister-Sensation an. Royal Antwerpen führt nach den ersten beiden Playoff-Spieltagen die Tabelle an. Gegen Europa-League-Viertelfinalist Union Saint Gilloise und KRC Genk siegte Royal bereits und führt die Meisterschaftsrunde knapp an.

Für das Team von Ex-Bayern-Kapitän Mark van Bommel wäre es der erste Meistertitel seit 1957. Feier-Übung haben sie schon: Vergangene Woche holte das Team den belgischen Pokal. Jetzt geht es zwei Mal in Folge gegen den bereits abgeschlagenen und entthronten Meister FC Brügge.

Endet die längste Europa-Serie?

Noch vor dem FC Bayern führt aktuell ein bulgarischer Klub die längste aktive Meisterserie in Europa an. Ludogorez Rasgrad ist seit 2012 ununterbrochen bulgarischer Fußball-Meister. Das Team aus dem Nordwesten des Landes wird vom bulgarischen Oligarchen Kyril Domustschiew finanziell gepampert. Der beliebteste Verein ist Rasgrad indes nicht. In der Zuschauertabelle belegt Rasgrad nur Rang elf, weit hinter den etablierten Teams aus Sofia und Plovdiv.

In dieser Saison erhebt Traditionsklub und Rekordmeister ZSKA Sofia ernsthafte Ansprüche auf die Meisterschaft. Das gelang dem ehemaligen Armeeklub zuletzt 2008. Ein enges Titelrennen bahnt sich an. Zu Beginn der Meisterschaftsrunde mit den sechs bestplatzierten Teams führt Rasgrad nur mit einem Pünktchen vor dem Verfolger aus der Hauptstadt. (74 zu 73)

Und was macht Roger Schmidt?
Roger Schmidt und Benfica: Das passt.

Roger Schmidt und Benfica: Das passt.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Weiter gewinnen. Der deutsche Coach erlebt ein Traumjahr in Portugal. Am Samstagabend siegte der Klub aus der Hauptstadt im Topspiel bei SC Braga mit 1:0. Bei noch drei ausstehenden Partien hat Benfica aktuell vier Punkte Vorsprung vor dem ersten Verfolger und Titelverteidiger FC Porto. Benfica dürfte der erste Meistertitel seit 2019 kaum mehr zu nehmen sein.

Für Schmidt begann sein Engagement mit einer Traumserie und 13 Spielen ohne Niederlage in der Liga. Sein Punkteschnitt von 2,48 ist atemberaubend. Weniger gut verlief die Saison für Julian Draxler. Der Weltmeister ist von PSG bis Ende der Saison ausgeliehen, wegen einer Knöchelverletzung fällt er seit Februar aus. Davor gehörte er nicht zur Stammelf von Benfica. Schmidt wurde hingegen mit einer Vertragsverlängerung bis 2026 belohnt.

Quelle: ntv.de

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