Entscheidung über Vertrag naht FC Bayern nennt schwere Vorwürfe gegen Boateng "Privatsache"
02.10.2023, 14:05 Uhr
Sportdirektor Christoph Freund (links) bemüht sich darum, den Kader von Trainer Thomas Tuchel (rechts) zu verstärken.
(Foto: picture alliance / kolbert-press)
Die mögliche Verpflichtung von Jérôme Boateng beschäftigt den FC Bayern und die Öffentlichkeit. Sportdirektor Christoph Freund teilt mit: Die zwei aufgehobenen Verurteilungen wegen Körperverletzung und der nahende dritte Prozess spielen für den Rekordmeister keine Rolle bei der Entscheidung.
Bayern München will im Fall einer möglichen Verpflichtung von Jérôme Boateng noch in dieser Woche eine Entscheidung treffen. Der neu aufzurollende Gerichtsprozess wegen Körperverletzung und vermeintlicher gewalttätiger Attacken gegen seine Ex-Freundin soll diese nicht maßgeblich beeinflussen. Das Verfahren gegen Boateng sei "aktuell ausgesetzt, und darum ist das seine private Geschichte und kein großes Thema für uns", sagte Sportdirektor Christoph Freund vor dem Abflug zum Champions-League-Spiel beim FC Kopenhagen (Dienstag, 21 Uhr/Prime Video und im Liveticker bei ntv.de). Es gelte "die Unschuldsvermutung", meinte der Österreicher, und: "Ich kann nur Positives über ihn sagen."
"In erster Linie spielen sportliche Überlegungen eine Rolle", betonte Freund stattdessen. Das Ziel sei, bis Ende der Woche über eine Rückkehr des 35-Jährigen zum FC Bayern zu entscheiden: "Wir müssten ihn gleich dazu nehmen und nicht zu lange warten." Wegen der personellen Probleme in der Abwehr suche man "nach Lösungen", erklärte Freund.
Die beiden etatmäßigen Innenverteidiger Dayot Upamecano (Schambein) und Min-Jae Kim (muskuläre Probleme) sind angeschlagen, Matthijs de Ligt (Knie) werde "noch einige Tage sicher" fehlen, "die Schmerzen sind noch ziemlich groß". Der vereinslose Boateng könnte den Kader-Engpass lindern. Dem zweimaligen Triple-Gewinner mit dem FC Bayern käme dabei laut Freund eine "Rolle als Back-up" zu. "Wir haben gesehen, dass wir dort eher dünn aufgestellt sind", räumte Freund ein. "Es wäre seine Rolle [...], die Mannschaft zu unterstützen und - wenn es sein müsste -, dass er dann auch einspringen könnte", erläuterte der Sportdirektor.
Gerichte sahen Attacken von Boateng als erwiesen an
Boateng hatte am Sonntag erstmals wieder beim FC Bayern mittrainiert. Auch an den kommenden Tagen soll der Abwehrspieler an der Säbener Straße trainieren. "Und dann werden wir noch mal ein Gespräch mit ihm führen. Und dann schauen wir, was die beste Entscheidung sein kann für alle Beteiligten", sagte Freund. Im Gespräch ist ein Vertrag bis zum Saisonende.
In dritter Instanz hatte das Bayerische Oberste Landesgericht am Donnerstag die Verurteilung Boatengs durch das Landgericht München I aufgehoben. Das Gericht gab sowohl der Revision des derzeit vereinslosen Fußballers als auch jenen der Staatsanwaltschaft und der früheren Partnerin Boatengs statt. Eine andere Kammer muss die Beweisaufnahme vollkommen neu starten. Als Folge der Revisionen von Staatsanwaltschaft und Ex-Partnerin könnte Boateng auch eine härtere Verurteilung als die angefochtene zu 120 Tagessätzen drohen.
Der 35-Jährige war im November vergangenen Jahres zu einer Geldstrafe von 1,2 Millionen Euro wegen Körperverletzung und Beleidigung seiner früheren Lebensgefährtin verurteilt worden. Da sich die Strafe aus 120 Tagessätzen zusammensetzt, wäre Boateng damit vorbestraft. In der ersten Instanz verurteilte das Amtsgericht München Boateng 2021 ebenfalls, allerdings nur zu 60 Tagessätzen. Damit wäre er nicht vorbestraft. Die Geldstrafe lag damals mit 1,8 Millionen Euro höher - dies lag allerdings daran, dass Boateng damals noch deutlich besser verdient hatte und ein Tagessatz von 30.000 Euro angesetzt worden war.
In den beiden ersten Verfahren sahen es die Gerichte als erwiesen an, dass der damalige Spieler von Bayern München während eines Karibikurlaubs vor mehr als drei Jahren seine damalige Partnerin verletzt und beleidigt hatte.
Quelle: ntv.de, tsi/sid/dpa